audiovisuelle Mediendienste

EuGH: YouTube-Werbekanäle sind keine audiovisuellen Mediendienste  


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Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat entschieden, dass weder YouTube-Werbekanäle noch einzelne Werbevideos auf YouTube als audiovisuelle Mediendienste eingestuft werden. Dies hat zum einen zur Folge, dass die Vorgaben der massgebenden EU-Richtlinie, wie z.B. die besonderen Impressumspflichten oder Regelungen über das Sponsoring und die Produktplatzierung, grundsätzlich nicht einzuhalten sind. Zum anderen führt dies im konkreten Fall der Werbevideos von Peugeot aber dazu, dass die im deutschen Recht vorgesehene Pflicht zur Kennzeichnung des Kraftstoffverbrauchs zur Anwendung kommt und die Ausnahme für audiovisuelle Mediendienste nicht greift.

Werbevideo von Peugeot auf YouTube ein „audiovisueller Mediendienst“?

Das vorlegende Gericht wollte vom EuGH wissen, ob der von Peugeot Deutschland betriebene Videokanal, auf dem die Nutzer kurze Werbevideos für Modelle neuer Personenkraftwagen abrufen können, oder eines dieser Videos für sich als „audiovisueller Mediendienst“ (Art. 1 Abs. 1 Buchst. a, Richtlinie 2010/13) gelten. Dies vor dem Hintergrund, dass die im deutschen Recht vorgesehene Regelung zur Information über den Kraftstoffverbrauch eine Ausnahme für audiovisuelle Mediendienste enthält (vgl. § 5 Pkw-ENVKV).

Werbung als Hauptzweck des Videokanals

Der EuGH sieht den Hauptzweck eines Werbevideokanals nicht in der Bereitstellung von Sendungen zur Information, Unterhaltung oder Bildung der Öffentlichkeit. Diese Merkmale werden jedoch vorausgesetzt, um als Dienstleistung im Sinne eines „audiovisuellen Mediendienstes“ zu gelten. Hingegen sollte mit einem Werbevideokanal, wie der in Frage stehende von Peugeot Deutschland, zu einem rein kommerziellen Zweck für die dargestellte Ware geworben werden.

Werbevideo auch keine audiovisuelle kommerzielle Kommunikation

Das Werbevideo von Peugeot Deutschland wird aber auch nicht als audiovisuelle kommerzielle Kommunikation betrachtet. Audiovisuelle kommerzielle Kommunikation gilt ebenfalls als audiovisueller Mediendienst (Art. 1 Abs.1 Buchst. a Ziff. ii, Richtlinie 2013/3) und darunter fallen Bilder, die der Förderung des Absatzes von Waren und Dienstleistungen dienen und einer Sendung gegen Gegenleistung beigefügt oder darin enthalten sind. Der Ansicht von Peugeot Deutschland, die Bilder mit denen Werbezwecke verfolgt würden, seinen am Anfang und am Ende des fraglichen Videos zu finden und somit diesem Video, das eine Sendung darstelle, beigefügt oder darin enthalten, wird nicht gefolgt, da das Video als Ganzes Werbecharakter habe.

YouTube-Werbekanäle nicht im Anwendungsbereich der Richtlinie 2010/13

Der EuGH ist also der Argumentation von Peugeot nicht gefolgt und hat weder YouTube-Kanäle noch Werbevideos für sich genommen als audiovisuelle Mediendienste qualifiziert. Deren Einstufung als audiovisuelle Mediendienste hätte zur Folge gehabt, dass die Vorschriften der Richtlinie 2010/13 für Werbevideos auf YouTube zur Anwendung kämen. Aufgrund des Entscheides des EuGH müssen Vertreiber bei Werbevideos auf YouTube-Kanälen nicht den Anforderungen der Richtlinie 2010/13, wie z.B. den besonderen Impressumspflichten oder den Vorgaben für Sponsoring und Produktplatzierung, gerecht werden.

Allerdings führt dies im konkreten Fall auch dazu, dass in den Werbevideos über den Kraftstoffverbrauch zu informieren ist, da die Ausnahmevorschrift des deutschen Rechts für audiovisuelle Mediendienste in § 5 Pkw-ENVKV nicht greift.

Und in der Schweiz?

In der Schweiz regelt das Bundesgesetz über Radio und Fernsehen (RTVG) die Veranstaltung, Aufbereitung, Übertragung und Empfang von Radio- und Fernsehprogrammen. Programme werden definiert als eine Folge von Sendungen, die kontinuierlich angeboten, zeitlich angesetzt und fernmeldetechnisch übertragen werden sowie für die Allgemeinheit bestimmt sind (Art. 2 lit. a RTVG). Videokanäle und Videos auf YouTube und anderen Plattformen werden grundsätzlich nicht zeitlich angesetzt ausgestrahlt. Es fehlt somit der Programmcharakter. Sie unterstehen folglich auch nicht den Sondervorschriften des RTVG.

Was die Kennzeichnung des Energieverbrauchs betrifft, enthält auch das Schweizer Recht spezifische Vorschriften für Personenwagen. Anders als in der deutschen Regelung ist darin allerdings keine ähnliche Ausnahme für „Fernsehprogramme“ oder Werbung in Programmen enthalten. Vielmehr greift eine Kennzeichnungspflicht, wenn neue Personenwagen in „visuell-elektronischen Medien unter Angabe einer Motorisierungsvariante, weiterer technischer Merkmale oder eines Preises“ beworben werden (Anhang 4.1 zur Energieverordnung, Ziff. 4.1). Die Pflicht im Schweizer Recht ist somit nicht davon abhängig, ob die Sondervorschriften des RTVG zur Anwendung gelangen oder nicht.

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