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Gastautor: Michael A. Neuber, HÄRTING Rechtsanwälte, Berlin
„Budweiser“ ./. „Bud“ Seit Jahren nun schon streiten die kleine tschechische Brauerei Bûde Jovický Budvar auf der einen und die amerikanische Mega-Brauerei Anheuser-Busch, Inc. – darüber, ob das von den Amerikanern gebraute („Light“)-Bier „Bud“ so gekennzeichnet und in Europa vertrieben werden darf.
Der Name „Budweiser“ wurde in den USA im Jahre 1878 als Warenzeichen eingetragen. In Tschechien (Südböhmen) wird das Bier aus Budjovice aber bereits seit 1265 gebraut. Während das Europäische Gericht (EuG) im Jahr 2007 die Eintragung des Zeichens „Bud“ als Gemeinschaftsmarke u.a. für Bier aufhob, urteilte es zu Gunsten der amerikanischen Brauerei, dass einer Eintragung der Marken „Budweiser“ und „Bud“ für andere Waren als Bier zunächst keine Hindernisse entgegenstünden.
Im nun zu entscheidenden Fall macht Bûde Jovický Budvar Ansprüche aus ihren nach dem Lissaboner Abkommen I registrierten Ursprungsbezeichnungen gegen das österreichische Vertriebsunternehmen Rudolf Ammersin GmbH geltend. Der in Wien ansässige Getränkevertrieb vertreibt das von der Brauerei Anheuser-Busch, Inc. hergestellte Bier unter der Marke „American Bud“ auch in Tschechien.
Unter Berufung auf seine geschützten Ursprungsbezeichnungen macht Bûde Jovický Budvar geltend, dass die Verwendung der Bezeichnung „American Bud“ für ein Bier nicht tschechischer Herkunft gegen ein 1976 zwischen der Tschechoslowakei und Österreich geschlossenes bilaterales Abkommen verstoße, wonach der nach tschechischem Recht gewährte Schutz als Ursprungsbezeichnung auch in Österreich gelte und die Bezeichnung „Bud“ daher nur für tschechische Erzeugnisse verwendet werden dürfen.
Im Streit steht nun die Frage, welche Wirkungen dieser Vertrag heute hat, nach dem zunächst Österreich und dann die Tschechische Republik der EU beigetreten sind. Bei ihrem Beitritt zur EU hatte die Tschechische Republik gemeinschaftlichen Schutz für Bier aus dem Ort Czechko Budevice, dort aber nur für „Bûde Jovický Pivo“, „Czechko Bûde Jovický Pivo“ und „Bûde Jovický Mestancký“ verlangt. Die tschechische Brauerei meint aber, dass auch die Bezeichnung „Bud“ als Ursprungsbezeichnung dem Schutz der Verordnung zum Schutz von geografischen Angaben und Ursprungsbezeichnungen (Verordnung [EG] Nr. 510/2006 vom 20.03.2006 zum Schutz von geografischen Angaben und Ursprungsbezeichnungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel) unterfiele.
Die Verordnung soll dafür sorgen, dass Verbraucher die Gewähr erhalten, dass landwirtschaftliche Erzeugnisse, die mit einer nach der Verordnung eingetragenen geografischen Angabe versehen sind, aufgrund ihrer Herkunft aus einem bestimmten geografischen Gebiet bestimmte besondere Merkmale aufweisen und damit eine auf ihrer geografischen Herkunft beruhende Qualitätsgarantie bieten.
Der Auffassung der tschechischen Brauerei erteilte der EuGH mit Urteil vom 08.09.2009 (Az. C-478/07) nun eine Absage. Die Verordnung zum Schutz von geografischen Angaben und Ursprungsbezeichnungen habe nämlich abschließenden Charakter. Damit unterfällt die Bezeichnung „Bud“ auch nicht ihrem Schutz, da diese nicht angemeldet worden sei. Der Anwendung einer in Verträgen zwischen zwei Mitgliedstaaten vorgesehenen Schutzregelung steht die Verordnung indes entgegen.
Allerdings gibt es laut EuGH Ausnahmen. Unter bestimmten (engen) Voraussetzungen kann nämlich auch der Schutz einer einfachen geografischen Herkunftsangabe gemeinschaftsrechtlich gerechtfertigt sein. Darauf hat der EuGH nun hingewiesen.
Ohne in der Sache zu entscheiden, hat er dem anfragenden Gericht nahe gelegt zu prüfen, ob die Bezeichnung „Bud“ nicht zumindest geeignet erscheint, den Verbraucher darauf hinzuweisen, dass das damit bezeichnete Produkt aus einem Gebiet oder einem Ort in dem betreffenden Mitgliedsstaat stammt und in diesem Mitgliedsstaat nicht zu einer Gattungsbezeichnung geworden ist. Lägen diese Voraussetzungen vor, stünde das Gemeinschaftsrecht nämlich weder einem nationalen Schutz einer einfachen geografischen Herkunftsangabe, noch der Erstreckung dieses Schutzes im Wege des bilateralen Vertrages auf das Gebiet des anderen Mitgliedsstaates entgegen.
Kommt ein Schutz aber auch als einfache, mittelbare geografische Herkunftsangabe nicht in Betracht, stehen die Anzeichen für Anheuser-Busch, Inc. nun positiv, die Bezeichnung „Bud“ als EU-weite Marke endlich eintragen und benutzen zu können. Wer künftig in Tschechien ein Bier bestellt, sollte dann wohl genau auf seine Wortwahl achten, um geschmacklich statt in Budjovice nachher nicht in St.Louis zu landen. Ob es überhaupt je dazu kommt ist jedoch offen; ein weiteres Verfahren der Streithähne ist beim EuGH bereits anhängig.
Weitere Informationen:
- Updates: «EuGH: Teilerfolg für Anheuser-Busch im endlosen Bier-Rechtsstreit» und «Neues im Budweiser-Streit: EuG lässt „BUD“ als Gemeinschaftsmarke für Bier zu»
- Urteil des EuGH vom 8.9.2009 (Az. C-478/07)
- Urteil des EuG vom 12.7.2007
- Verordnung [EG] Nr. 510/2006
- Urteil des EuGH vom 29.3.2011
- Urteil des EuGH vom 29.7.2010
Ansprechpartner: Lukas Bühlmann