Europäischer Datenschutzausschuss verabschiedet definitive Fassung der Leitlinien zur Videoüberwachung


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Der Europäische Datenschutzausschuss (EDSA) verabschiedete im Januar 2020 die definitive Fassung der Leitlinien zur Verarbeitung personenbezogener Daten mit Videogeräten. Der EDSA verdeutlicht darin die Anforderungen an eine rechtmässige Videoüberwachung nach der EU-Datenschutzgrundverordnung (DSGVO). Von der strengen Auffassung, die der EDSA bereits in seinem im Juli 2019 veröffentlichten Entwurf vertreten hat, ist er in der definitiven Fassung nicht abgewichen. Die Anforderungen an die Verantwortlichen beim Einsatz von Videogeräten sind weiterhin hoch. Für die rechtmässige Videoüberwachung ist das Vorliegen eines Erlaubnistatbestandes erforderlich, wobei primär das überwiegende berechtigte Interesse des Verarbeitenden an einer Videoüberwachung in Frage kommt. Das berechtigte Interesse muss dabei nicht nur spekulativ, sondern real existieren und aktuell sein. Überdies darf Videoüberwachung nur eingesetzt werden, wenn diese auch tatsächlich erforderlich ist. Selbst eine erforderliche Videoüberwachung ist nur rechtmässig, wenn die Interessen des Verantwortlichen diejenigen der Betroffenen überwiegen, was stets eine Interessenabwägung im Einzelfall erfordert. Der EDSA konkretisiert zudem die umfassenden Pflichten der Verantwortlichen beim Einsatz von Videogeräten, so insbesondere die Information der Betroffenen und die Implementierung technischer und organisatorischer Massnahmen. Auch eine Datenschutzfolgen-Abschätzung wird in einer Vielzahl von Fällen erforderlich sein. Unternehmen, welche von der Videoüberwachung Gebrauch machen, sind deshalb gut beraten, sich mit den Leitlinien des EDSA auseinanderzusetzen.

Hintergrund: zunehmender Einsatz von Videoüberwachung

Hintergrund für die Veröffentlichung der Leitlinien ist der zunehmende Einsatz von Videogeräten in den verschiedensten Lebensbereichen. Der verbreitete Einsatz verstärkt nach Ansicht des EDSA für den Einzelnen den Druck, vermeintliche Anomalien zu verbergen. Darüber hinaus stünden immer mehr Tools und intelligente Kameras zur Verfügung, mit welchen die eingefangenen Bilder ausgewertet werden können. Die Menge der mit Videogeräten erhobenen Daten sowie der Einsatz intelligenter Technologien schränke die Möglichkeit, anonym zu bleiben und seine Privatsphäre zu bewahren, erheblich ein. Videogeräte hätten insofern massive Auswirkungen auf den Datenschutz.

Aus diesem Grund sollten die allgemeinen Prinzipien nach Art. 5 der DSGVO auch bei der Videoüberwachung besonders sorgfältig und in jedem Einzelfall geprüft werden. So stellt der EDSA bereits einleitend fest, dass Videoüberwachung nicht stets das mildeste Mittel darstellt, um den zugrundeliegenden Zweck zu erreichen. Andernfalls drohe ein Wandel der kulturellen Normen, der dazu führe, dass der Mangel an Privatsphäre als allgemeiner Grundzustand akzeptiert wird.

Um dem entgegenzuwirken, hat der EDSA Leitlinien zum datenschutzkonformen Einsatz von Videoüberwachung veröffentlicht. Die Leitlinien liefern auch für die Anwendung des geltenden und künftigen Schweizer Datenschutzrechts wichtige Hinweise.

Vergleich zwischen dem Entwurf der EDSA-Leitlinien und der definitiven Fassung: keine substantiellen Änderungen

Vor diesem Hintergrund hatte der EDSA bereits im Juli 2019 einen Leitlinien-Entwurf veröffentlicht, welcher sodann in die öffentliche Vernehmlassung geschickt wurde (vgl. zum Ganzen MLL-News vom 10.82.2019). Im Januar 2020 verabschiedete der EDSA nun die definitive Fassung (Version 2.0) der Leitlinien zur Verarbeitung personenbezogener Daten mit Videogeräten.

Ein Vergleich der beiden Fassungen macht deutlich, dass der EDSA keine substantiellen Änderungen vorgenommen hat. Die Anpassungen betreffen praktisch nur kleinere sprachliche Präzisierungen und klarstellende Ergänzungen.

Anwendungsbereich der DSGVO

In sachlicher Hinsicht umfasst die DSGVO ausschliesslich die Verarbeitung von personenbezogenen Daten. Ausgeschlossen vom Anwendungsbereich sind somit Daten aus Videoüberwachungen, aus denen ein Individuum weder direkt noch indirekt identifiziert werden kann. Ferner vom Anwendungsbereich der DSGVO ausgeschlossen sind im Sinne der sog. „Haushaltsausnahme“ der Einsatz von Videogeräten zu rein persönlichen oder familiären Zwecken. Gemäss EuGH ist diese Ausnahme jedoch restriktiv auszulegen. Nach der Rechtsprechung des EuGH greift die Ausnahme bereits dann nicht mehr, wenn sich die Videoüberwachung auch nur teilweise auf den öffentlichen Raum erstreckt und dadurch auf einen Bereich ausserhalb der privaten Sphäre des Datenverarbeiters gerichtet ist. Gleiches gilt selbstredend auch, wenn die Aufnahmen im Internet einer unbegrenzten Anzahl von Personen zugänglich gemacht werden.

In räumlicher Hinsicht kann die DSGVO über den EU-Raum hinaus auch auf Schweizer Unternehmen, welche auf Videoüberwachung zurückgreifen, zur Anwendung gelangen. In vielen Fällen dürfte die DSGVO zwar nicht auf die Videoüberwachung in der Schweiz anwendbar sein. Die Vorgaben der DSGVO müssen aber z.B. dann eingehalten werden, wenn Unternehmen (z.B. Museen) ein Angebot, das in der Schweiz erbracht wird, auch auf Personen aus dem EU-Raum ausrichten und die Videoüberwachung im Zusammenhang mit dieser Angebotserbringung steht.

Festlegung des Zwecks der Videoüberwachung

Nach den Leitlinien sind vor der Verwendung von Videogeräten die Zwecke der Verarbeitung von Daten für jede eingesetzte Kamera einzeln festzuhalten (Art. 5 Abs. 1 lit. b DSGVO). Dabei kommen in erster Linie der Schutz von Eigentum und anderer Vermögenswerte, der Schutz der körperlichen Integrität und des Lebens oder die Beweissicherung für Zivilansprüche in Betracht. Von der Verarbeitung sind Betroffene über den Überwachungszweck zu informieren, wobei der blosse Verweis auf “Sicherheitszwecke” oder der Hinweis “zu Ihrer Sicherheit” nicht ausreicht.

Vorliegen eines Erlaubnistatbestandes erforderlich – berechtigte Interessen des Verantwortlichen?

Die rechtmässige Videoüberwachung verlangt nach einem Erlaubnistatbestand, wobei nach dem EDSA grundsätzlich sämtliche in Art. 6 Abs. 1 DSGVO aufgeführten Tatbestände herangezogen werden können. Für den Gebrauch von Videogeräten durch Privatpersonen eignet sich in der Praxis jedoch vorwiegend der Tatbestand des überwiegenden berechtigten Interesses (Art. 6 Abs. 1 Bst. f DSGVO).

Hierbei muss es sich gemäss EDSA um ein überzeugendes rechtliches, wirtschaftliches oder immaterielles Interesse handeln, welches die Interessen des von der Überwachung Betroffenen überwiegt. Es genüge nicht, wenn das Interesse lediglich fiktiv oder spekulativ ist. Vielmehr müsse dieses real existieren und aktuell sein, was z.B. dann zutreffe, wenn es im zu überwachenden Raum bzw. in dessen unmittelbarer Nähe in der Vergangenheit schon zu Schäden oder schweren Vorfällen gekommen sei. Zu Recht verlangt der EDSA aber nicht, dass bereits ein eigener Schaden eingetreten ist. So könnten auch Vorfälle aus der Nachbarschaft als Beweis für das Bestehen eines berechtigten Interesses dienen. Um das berechtigte Interesse darlegen zu können, sollten Verantwortliche solche Vorfälle deshalb dokumentieren.

Das Vorliegen eines berechtigten Interesses sowie die Erforderlichkeit der Videoüberwachung sollte zudem in regelmässigen Abständen (z.B. einmal pro Jahr, jeweils abhängig von den Umständen) neu beurteilt werden.

Nur „erforderliche“ Videoüberwachung erlaubt

Nach dem Datenminimierungsgrundsatz müssen personenbezogene Daten geeignet, relevant sowie auf das für die Erreichung des Zwecks der Überwachung Notwendige beschränkt sein (Art. 5 Abs. 1 Bst. c DSGVO). Insofern hat der Verantwortliche – im Einklang mit dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit im Schweizer Recht – vor der Verwendung eines Videogerätes sicherzustellen, dass die Datenverarbeitung tatsächlich erforderlich ist. Vorausgesetzt ist somit, dass keine mildere, gleichsam geeignete Massnahme besteht, um den Zweck zu erreichen. Als mildere Massnahmen zu prüfen sind gemäss EDSA zum Beispiel das Anstellen von Sicherheitspersonal, die bessere Beleuchtung, die Installation von Sicherheitsschlössern oder die Errichtung eines Zaunes.

Der Einsatz von Videoüberwachung zum Schutz des Eigentums ist nach Ansicht des EDSA in der Regel noch verhältnismässig, wenn diese nachts und ausserhalb der regulären Arbeitszeiten erfolgt. Grundsätzlich endet die Erforderlichkeit der Videoüberwachung zum Schutz des Eigentums an der Grenze des eigenen Grundstücks. In einigen Fällen könnte zwar eine Überwachung über die Grundstücksgrenze hinaus erforderlich sein, um einen wirksamen Schutz zu gewährleisten. In diesem Fall sollte der Verantwortliche aber die nicht relevanten Bereiche der Aufnahme mittels technischer Hilfsmittel ausblenden oder verpixeln. Zu beachten sind in jedem Fall auch nationale Vorschriften, die einer Überwachung des öffentlichen Raums entgegenstehen können.

Eine Prüfung der Erforderlichkeit ist auch in Bezug auf die Art der Aufbewahrung oder Weiterverarbeitung der Aufnahmen vorzunehmen. In einigen Fällen kann es gemäss EDSA notwendig sein, Blackbox-Lösungen zu verwenden, bei denen die Aufnahmen nach einer bestimmten Speicherdauer automatisch gelöscht und nur im Falle eines Vorfalls abgerufen werden. In anderen Situationen sei es demgegenüber möglicherweise nicht notwendig, das Videomaterial überhaupt aufzuzeichnen, sondern besser geeignet, stattdessen eine Echtzeitüberwachung einzusetzen.

Notwendigkeit einer Interessenabwägung und Einzelfallbeurteilung

Ist der Einsatz von Videoüberwachungsgeräten erforderlich, muss zusätzlich eine einzelfallbezogene Interessenabwägung vorgenommen werden (Art. 6 Abs. 1 Bst. f DSGVO). Es ist zu prüfen, ob die Interessen der Betroffenen gegenüber denjenigen des Verantwortlichen überwiegen. Ein blosses Abstellen auf abstrakte oder vergleichbare Fälle ist hierbei laut EDSA nicht ausreichend. Bei der Abwägung der Interessen müsse auf den konkreten Einzelfall abgestellt werden und es seien auf Seiten der von der Überwachung Betroffenen primär die Intensität des Eingriffs und deren berechtigte Erwartungen zu berücksichtigen.

Bei der Beurteilung der berechtigten Erwartungen des Betroffenen ist gemäss EDSA nicht ausschliesslich auf einen subjektiven Massstab abzustellen. Das entscheidende Kriterium sei vielmehr, ob ein objektiver Dritter in der gleichen Situation vernünftigerweise erwarten könnte, dass er durch ein Videogerät überwacht wird. So dürften Individuen im öffentlichen Raum davon ausgehen, nicht überwacht zu werden, insbesondere an Orten, die der Erholung oder Freizeitaktivitäten dienen sowie Bereichen, in denen sich einzelne Individuen aufhalten bzw. kommunizieren, wie z.B. Sitzplätze, Restaurants, Parks, Kinos etc. In diesen Fällen werden die Interessen des Betroffenen meist überwiegen.

Der EDSA hält sodann fest, dass die Information der Betroffenen über die Videoüberwachung (z.B. mittels Hinweisschild) keine Relevanz für die Frage habe, ob ein Individuum objektiv eine Überwachung zu erwarten hat. Indem der EDSA ferner einen objektiven Massstab für entscheidend erklärt, steht die Haltung im Widerspruch zur Beurteilung der berechtigten Erwartung der deutschen Datenschutzkonferenz (DSK). Die DSK stellt im Zusammenhang mit Direktwerbung massgeblich auch auf die subjektiven Erwartungen der Betroffenen im Einzelfall ab. Insbesondere betont die DSK, dass die Erwartungen der Betroffenen auch durch eine transparente und umfassende Information durch die Werbebetreibenden beeinflusst werden können (vgl. zum Ganzen MLL-News vom 9.12.2018).

Weitergabe von Videomaterial an Dritte

Gemäss den Leitlinien stellt die Weitergabe personenbezogener Daten aus einer Videoüberwachung an Dritte eine separate Form der Datenverarbeitung dar, für welche der Verantwortliche ebenfalls einen Erlaubnistatbestand gemäss Art. 6 DSGVO benötigt. Es ist dabei in jedem Einzelfall zu prüfen, ob eine Berufung auf den gleichen Erlaubnistatbestand wie die Videoüberwachung an sich möglich ist oder ein zusätzlicher Erlaubnistatbestand gegeben sein muss. Der EDSA betont ferner, dass auch der (Dritt-)Empfänger der Daten seine eigene Beurteilung der Rechtslage, insbesondere in Bezug auf die Erlaubnistatbestände, vornehmen müsse.

Strengere Vorgaben für die Verarbeitung besonderer Kategorien von Daten

Durch den systematischen Einsatz von Videogeräten wird vielfach auch eine grosse Menge an Daten höchstpersönlicher Natur erhoben, worunter auch „besondere Kategorien personenbezogener Daten“ im Sinne von Art. 9 DSGVO sein können. Der EDSA betont jedoch, dass die Videoüberwachung nicht in jedem Fall eine Verarbeitung besonderer Kategorien von Daten darstellt. Lassen sich vom verarbeiteten Videomaterial hingegen Informationen ableiten, die z.B. Aufschluss über politische Ansichten oder Gesundheitszustand geben, ist Art. 9 DSGVO einschlägig. In diesen Fällen stellt ein berechtigtes Interesse des Verantwortlichen keinen Erlaubnistatbestand dar, sondern die Überwachung ist oftmals nur mit der ausdrücklichen Einwilligung der Betroffenen zulässig.

Zweistufiges Informationssystem zur Schaffung von Transparenz („Mehrebenen-Ansatz“)

Zur Sicherstellung von Transparenz für die Betroffenen sieht der EDSA ein umfassendes, mehrstufiges Informationssystem vor. Auf der ersten Informationsebene steht die Verwendung eines Hinweisschildes, welches die wichtigsten Angaben enthalten sollte (s. Beispiel des EDSA):

  • der Zweck der Verarbeitung,
  • die Identität des Verantwortlichen
  • das Bestehen von Rechtender Betroffenen
  • die grösste Beeinträchtigung durch die Verarbeitung (z.B. das verfolgte berechtigte Interesse)
  • Hinweis auf „überraschende“ Verarbeitung (z.B. Weitergabe an Drittpersonen oder die Aufbewahrung; ohne Hinweis auf Letzteres dürfe von einer blossen Echtzeitüberwachung ausgegangen werden)
  • Verweis auf Informationen der zweiten Informationsstufe

Das Hinweisschild muss dabei gemäss EDSA so angebracht werden, dass die betroffene Person die Umstände der Videoüberwachung leicht erkennen kann, bevor sie den überwachten Bereich betritt (durch Positionierung ungefähr auf Augenhöhe). Betroffene müssen gemäss EDSA erkennen können, welcher Bereich überwacht wird, um die Videoüberwachung vermeiden zu können. Zudem müsse auf die zweite Informationsebene – idealerweise digital, z.B. mittels QR-Codes – verwiesen werden, welche alle weiteren nach Art. 13 DSGVO erforderlichen Informationen enthalten und an einem einfach zugänglichen Ort verfügbar gemacht werden muss.

Nach den Leitlinien des EDSA sollten die Informationen zweiter Ebene aber auch auf nicht-digitale Weise zugänglich sein (z.B. Informationsblatt an der Rezeption). Sodann sollten die Detail-Informationen der zweiten Ebene für die Betroffenen auch zugänglich sein, ohne den überwachten Raum selbst betreten zu müssen. Letztendlich verlangt der EDSA aber nicht, dass auch die nicht-digitale Information ausserhalb des überwachten Bereichs einsehbar ist, was den Nutzen des Mehrebenen-Ansatzes ohnehin zunichte machen würde. Bei einem videoüberwachten Geschäft reicht es insofern auch nach Ansicht des EDSA aus, wenn die Informationen zweiter Stufe im überwachten Geschäft selber an einem einfach zugänglichen Ort verfügbar sind (z.B. Informationsbroschüre an der Kasse), solange das Hinweisschild bereits am (nicht überwachten) Eingang erkenntlich angebracht ist. Vorausgesetzt ist jedoch, dass die Detail-Informationen z.B. via QR-Code oder eine Domain abgerufen werden können.

Aufbewahrungsdauer und Löschungspflicht

Nach den Grundsätzen der Datenminimierung und der Speicherbegrenzung dürfen personenbezogene Daten nur so lange gespeichert werden, wie es für die Zwecke, für die sie verarbeitet werden, erforderlich ist. Die Erforderlichkeit ist nach der Auffassung des EDSA nur für eine kurze Zeitspanne gegeben. So könnten eingetretene Schäden vom Verantwortlichen regelmässig bereits innert 1-2 Tagen entdeckt werden. In diesen Fällen sei eine weitergehende Speicherung des Videomaterials nicht mehr erforderlich, weshalb die Daten zu löschen sind. Als Grundsatz gilt gemäss den Leitlinien, je länger die Daten aufbewahrt werden, insbesondere falls die Aufbewahrungszeit mehr als 72 Stunden beträgt, desto umfassender und überzeugender muss der Verantwortliche die Rechtmässigkeit des Zwecks und die Erforderlichkeit der Speicherung darlegen.

Implementierung technischer und organisatorischer Massnahmen

Die Datenverarbeitung während der Videoüberwachung muss nicht nur rechtlich zulässig, sondern auch ausreichend gesichert sein (Art. 32 Abs. 1 DSGVO). Dabei müssen die getroffenen Massnahmen stets in einem angemessenen Verhältnis zu den Risiken für die Rechte und Freiheiten von Individuen stehen, die aus zufälliger oder unrechtmässiger Zerstörung, dem Verlust, der Veränderung, der unberechtigten Weitergabe oder dem Zugang zu Videoüberwachungsdaten resultieren.

In diesem Zusammenhang enthalten die Leitlinien Anhaltspunkte dafür, wie ein Videoüberwachungssystem im Einzelnen ausgestaltet sein sollte. Bei der Auswahl technischer Lösungen sollten jedenfalls datenschutzfreundliche Technologien berücksichtigt werden, weil diese auch die Sicherheit erhöhen. Beispiele solcher Technologien seien Systeme, die in der Lage seien, Bereiche, die für die Überwachung nicht relevant sind, abzudecken oder zu verbergen, oder für die Bereitstellung von Aufnahmen an die Betroffenen oder Dritte, andere Personen herauszuschneiden.

Datenschutzfolgen-Abschätzung (DSFA)

Die DSGVO verpflichtet den Verantwortlichen eine Datenschutzfolgen-Abschätzung (DSFA) grundsätzlich immer dann durchzuführen, wenn eine Form der Verarbeitung voraussichtlich ein hohes Risiko für die Rechte und Freiheiten natürlicher Personen zur Folge hat (Art. 35 DSGVO). Dies ist insbesondere der Fall, wenn eine systematische weiträumige Überwachung öffentlich zugänglicher Bereiche stattfindet. Angesichts der typischen Zwecke der Videoüberwachung kann gemäss EDSA angenommen werden, dass viele Fälle von Videoüberwachung eine DSFA erfordern werden. Die Verantwortlichen seien deshalb daran gehalten, die von den Aufsichtsbehörden veröffentlichten Listen zu konsultieren, in welchen festgehalten wird, welche Verarbeitungsvorgänge eine DSFA verlangen (vgl. dazu MLL-News vom 17.6.2018).

Anmerkungen

Die nun definitiv verabschiedeten Leitlinien zur Verarbeitung personenbezogener Daten mit Videogeräten sind für die Praxis von grosser Relevanz. Obwohl es sich bei den Leitlinien um sog. Soft Law handelt und diese keine unmittelbare Bindungswirkung entfalten, liefern sie doch wertvolle Hinweise für Gerichte und die Aufsichtsbehörden in Bezug auf die Auslegung der Bestimmungen der DSGVO im Zusammenhang mit der Videoüberwachung. Sowohl für Schweizer Unternehmen als auch für Schweizer Gerichte können die Leitlinien bei der Anwendung des geltenden und künftigen Schweizer Datenschutzrechts Bedeutung erlangen.

Es wird sich zeigen, wie praxistauglich die vom EDSA aufgestellten Leitlinien sind. Fest steht jedenfalls, dass die Anforderungen an die Verantwortlichen hoch sind, insbesondere was die Informationspflichten anbelangt. Aus diesem Grund bleibt mit Spannung abzuwarten, inwiefern künftige Gerichte die Leitlinien des EDSA in ihre Rechtsprechung implementieren werden.

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