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Facebook muss den US-Strafverfolgungsbehörden Daten von 381 Personen aushändigen. Dies hat ein New Yorker Gericht am 21. Juli 2015 entschieden. Die betroffenen Nutzer dürfen dabei von Facebook nicht vorgängig informiert werden und erfahren erst davon, wenn bereits ein Strafverfahren gegen sie eingeleitet worden ist. Das Urteil betrifft nicht nur Facebook, sondern könnte unter anderem auch für Cloud-Anbieter weitreichende Folgen haben.
Staatsangestellte verdächtigt, Berufsunfähigkeitsrente erschlichen zu haben
Um in den Genuss einer Rente zu gelangen, sollen 130 Staatsangestellte ihre Berufsunfähigkeit bloss vorgetäuscht haben. Diesen Verdacht hegte zumindest die New Yorker Staatsanwaltschaft. So habe sich aus dem Facebook-Profil der verdächtigten Personen ergeben, dass sie ein weitaus aktiveres Leben führten als angegeben. Um der Sache auf den Grund zu gehen, forderte die Staatsanwaltschaft Facebook per Durchsuchungsbefehl zur Herausgabe von Daten von 381 Personen auf. Dagegen hat der Internetgigant Beschwerde eingelegt, um den Schutz der Privatsphäre seiner Nutzer gewährleisten zu können.
Facebook nicht in den eigenen Rechten verletzt
Ein Berufungsgericht des Staates New York hat nun das Urteil der Vorinstanz bestätigt und Facebook eine Abfuhr erteilt. Es begründet dies damit, dass Facebook als blosser „Aufbewahrer“ der Daten nicht in den eigenen Rechten verletzt und damit nicht befugt sei, gegen die Durchsuchung vorzugehen. Wehren könnten sich in einem solchen Fall höchstens die Facebook-Nutzer selbst – nur wussten diese im vorliegenden Fall von der Untersuchung gar nichts, da es Facebook untersagt wurde, die Betroffenen davon in Kenntnis zu setzen. Somit wäre es den Verdächtigten erst im Rahmen eines gegen sie selbst eröffneten Strafverfahrens möglich gewesen, sich zur Wehr zu setzen. Dort hätten sie allenfalls vorbringen können, dass die Beweisstücke als Resultat einer rechtswidrigen Vorgehensweise nicht gegen sie hätten verwendet werden dürfen. Im Klartext bedeutet das: Ein wirksamer Schutz bestand auch für die Nutzer nicht wirklich. Das Durchsuchungsurteil wurde folglich von diesen auch nicht mehr angefochten.
Weitreichende Auswirkungen: Auch Cloud-Provider betroffen
Die Gerichtsentscheidung hat in den USA bereits hohe Wellen geschlagen. Deutlich wird dies beispielsweise durch die Tatsache, dass Facebook vor Gericht von zahlreichen, ansonsten konkurrierenden Branchenriesen wie Google, LinkedIn oder Twitter unterstützt wurde. Auch die New York Civil Liberties Union erklärte ihr Bedauern über den Ausgang des Verfahrens, zumal die Auswirkungen des Urteils auch weit über Facebook hinaus reichen. Sie betreffen u.a. auch Clouds und deren Provider. Diese können nämlich, sofern sie in den USA ansässig sind, in eine vergleichbare Lage wie Facebook geraten und ebenfalls durch einen Ermittlungsrichter dazu verpflichtet werden, Daten von Kunden preiszugeben. Wie Facebook hätten auch die Cloud-Provider dann keine Möglichkeit, die Kunden vorgängig zu informieren oder gegen den Durchsuchungsbeschluss vorzugehen.
Der lange Arm der US-Justiz reicht bis nach Europa
Die US-Justiz macht indes auch vor Europa nicht halt. So hat ein New Yorker Gericht bereits 2014 Microsoft dazu verurteilt, in einem EU-Staat aufbewahrte Daten an die US-Behörden auszuliefern. Dies hat auch den Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten (EDÖB) auf den Plan gerufen. In seinem 22. Tätigkeitsbericht betont er, dass sich auch Schweizer Unternehmen der Konsequenzen bewusst sein müssen, die eine Auslagerung von Daten in eine US-Cloud mit sich bringen kann (vgl. BR-News vom 29. Juli 2015: 22. Tätigkeitsbericht des Eidg. Datenschutzbeauftragten). Plant ein Unternehmen dennoch die Auslagerung von Daten in die Cloud eines US-Anbieters, ist eine umfassende Risikoabwägung also zweifellos ratsam.
Weitere Informationen:
- Urteil „381 Search Warrants Directed to Facebook, Inc. v New York County Dist. Attorney’s Off.“
- BR-News vom 29. Juli 2015: Tätigkeitsbericht des Eidg. Datenschutzbeauftragten
Ansprechpartner: Lukas Bühlmann