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Am 2. Juni 2023 verabschiedete der Bundesrat die Anpassungen der Aufsichtsverordnung und setzte das revidierte Versicherungsaufsichtsgesetz und die revidierte Aufsichtsverordnung per den 1. Januar 2024 in Kraft. Am 21. August 2023 hat die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht FINMA einen Aktionsplan für Versicherungsvermittlerinnen publiziert: Sie fordert die Versicherungsvermittlerinnen auf, sich zu informieren und sicherzustellen, dass sie die neuen (erhöhten) Anforderungen erfüllen.
Ausgangslage
Am 18. März 2022 habe die eidgenössischen Räte die Teilrevision des Versicherungsaufsichtsgesetzes (nVAG) verabschiedet. Am 2. Juni 2023 hat der Bundesrat den Änderungen der AVO (nAVO) seine Zustimmung erteilt und gleichzeitig das nVAG und die nAVO per dem 1. Januar 2024 in Kraft gesetzt. Das revidierte Versicherungsaufsichtsrecht sieht unter anderem weitreichende Änderungen für die Versicherungsvermittlung vor. Die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht FINMA (FINMA) hat deshalb am 21. August 2023 im Rahmen der Aufsichtsmitteilung 04/2023 einen «Aktionsplan für Versicherungsvermittlerinnen und -vermittler» publiziert. Darin fordert die FINMA die Versicherungsvermittlerinnen auf, sich zu informieren und entsprechende Handlungen vorzunehmen.
Was ist zu tun?
Die FINMA hat folgende Handlungen identifiziert, welche die Versicherungsvermittlerinnen vornehmen sollten:
1. Unterstellung prüfen
Versicherungsvermittlerinnen müssen prüfen, ob ihre geplante oder gegenwärtige Tätigkeit ab dem 1. Januar 2024 als Versicherungsvermittlung qualifizieren wird. Wie unter dem gegenwärtigen Versicherungsaufsichtsrecht gilt das Abschliessen und das Anbieten von Versicherungsverträgen im Interesse von Versicherungsunternehmen oder anderen Personen als Versicherungsvermittlung. Der Begriff des Anbietens ist auslegungsbedürftig. Ab dem 1. Januar 2024 ist klar, dass auch als Versicherungsvermittlungstätigkeit gilt, wenn eine Person, am Anbieten oder Abschliessen eines Versicherungsvertrags über eine Website oder ein anderes elektronisches Medium ein wirtschaftliches Interesse hat und (i) aufgrund von individualisierten Kriterien Informationen über einen oder mehrere Versicherungsverträge bereitstellt, den oder die eine Versicherungsnehmerin über die Website bzw. das elektronische Medium wählen kann, oder (ii) eine Rangliste von Versicherungsprodukten erstellt.
Nicht als Versicherungsvermittlungstätigkeit gilt (i) das Zurverfügungstellen von Daten oder Informationen und (ii) die Vermittlung von Annexversicherungen (jährliche Versicherungsprämie unter CHF 600 (ohne Steuern), Versicherung ist untergeordnete Leistung zur Lieferung eines Produkts bzw. Erbringung einer Dienstleistung, Vermittlung erfolgt als Nebentätigkeit).
Die Prüfung der möglichen Unterstellung unter das Versicherungsaufsichtsrecht können Sie bei Interesse mithilfe von unserem Formular zur Selbsteinschätzung der Ausübung von Versicherungsvermittlungstätigkeiten (FSAVV) vornehmen. Das Formular können Sie hier herunterladen.
2. Vermittlungstypus definieren
Versicherungsvermittlerinnen dürfen ab dem 1. Januar 2024 nur noch entweder gebunden oder ungebunden tätig sein (sog. Typenzwang). Gegenwärtig ist es möglich – und durchaus üblich – dass Versicherungsvermittlerinnen in gewissen Versicherungszweigen ungebunden und in anderen gebunden tätig sind.Versicherungsvermittlerinnen, die bislang in einer Mischform tätig waren, müssen sich für einen Vermittlungstypus entscheiden. Anpassungs- und/oder Auflösungsbedarf dürfte diesbezüglich vor allem betr. der Zusammenarbeitsverträge bestehen. Zudem müssen die Versicherungsvermittlerinnen, die ihre ungebundene Versicherungsvermittlungstätigkeit per dem 31. Dezember 2023 einstellen wollen, dies der FINMA bis am 31. Dezember 2023 melden (bis am 15. Dezember 2023 über das elektronische Vermittlerportal, danach auf dem Schriftweg).
3. Registereintrag
- Aktualisierung des bestehenden Registereintrags: Die ungebundenen Versicherungsvermittlerinnen müssen überprüfen, ob ihr Registereintrag korrekt Änderungen können bis am 15. Dezember 2023 über das Vermittlerportal der FINMA erfasst werden. Vom 16. Dezember 2023 bis am 31. Dezember 2023 müssen Änderungen der FINMA schriftlich mitgeteilt werden.
- Neuregistrierung: Ergibt die Prüfung der Unterstellung, dass ab dem 1. Januar 2024 eine Versicherungsvermittlungstätigkeit als ungebundene Versicherungsvermittlerin besteht, muss ein Gesuch um Eintragung in das Vermittlerregister gestellt werden. Bis am 17. November 2023 kann dies über das bestehende Vermittlerportal erfolgen (WebReg). Ab dem 18. November 2023 bis am 31. Dezember 2023 muss das Gesuch auf dem Schriftweg eingereicht werden. Die Versicherungsvermittlungstätigkeit darf erst nach der erfolgten Eintragung im Vermittlerregister ausgeübt werden (auch wenn der Antrag um Eintragung vor dem 1. Januar 2024 gestellt wurde). Bei einem vorsätzlichen Verstoss gegen diese Regelung droht eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe, bei fahrlässigem Vergehen eine Busse bis zu CHF 250’000.
Gebundene Versicherungsvermittlerinnen dürfen sich neu nicht mehr ins Vermittlerregister der FINMA eintragen lassen. Folglich wird die FINMA per den 1. Januar 2024 sämtliche am 31. Dezember 2023 im Vermittlerregister eingetragenen gebundenen Versicherungsvermittlerinnen löschen. Gebundene Versicherungsvermittlerinnen können zukünftig im Vermittlerregister nur dann eingetragen werden, wenn für die Tätigkeit im Ausland vom jeweiligen Staat ein Registereintrag in der Schweiz verlangt wird. Bestehende gebundene Versicherungsvermittlerinnen, die über einen solchen Registereintrag notwendigerweise verfügen müssen, sollten die FINMA zeitnah um die Beibehaltung des Registereintrags ersuchen.
4. Nachdokumentation
Ungebundene Versicherungsvermittlerinnen, die vor dem 1. Januar 2024 ins Vermittlerregister eingetragen wurden, müssen der FINMA bis am 30. Juni 2024 alle Angaben und Unterlagen zum Gesuch um Registrierung als ungebundene Versicherungsvermittlerin einreichen. Die Informationen dazu finden sich in Anhang 6 der nAVO. Das Gesuch muss über die Erhebungs- und Gesuchsplattform (EHP) der FINMA eingereicht werden. Die Frist zur Nachdokumentation ist (ohne anderslautenden Entscheid des Bundesrats) nicht erstreckbar. Die FINMA erwartet bis zu 12’000 Neuregistrierungen oder Nachdokumentationen.Erfüllt eine ungebundene Versicherungsvermittlerin die Anforderungen an den Registereintrag nicht mehr, wird dieser zu löschen sein und die ungebundene Versicherungsvermittlerin darf keiner ungebundenen Versicherungsvermittlungstätigkeit mehr nachgehen. Dies kann in erster Linie ausländische ungebundene Versicherungsvermittlerinnen treffen, die neu ihren Sitz, ihren Wohnsitz oder eine Niederlassung in der Schweiz haben müssen (Ausnahmen vorbehalten, wobei aber die Pflicht besteht, ein schweizerisches Zustelldomizil zu benennen).
5. Einhalten der neuen Pflichten
Ab dem 1. Januar 2024 sind sodann die erhöhten Anforderungen des nVAG und der nAVO einzuhalten. Die untenstehende Tabelle soll einen Überblick dazu verschaffen:
Vermittler-Symposium der FINMA
Die gegenwärtige Aufsicht über die Versicherungsvermittlerinnen ist eine sogenannte Registeraufsicht. Die FINMA prüfte deshalb vornehmlich Registrierungs- und Änderungsgesuche. Beschwerden ging die FINMA in Einzelfällen nach. Neu handelt es sich bei der Versicherungsvermittlungsaufsicht um eine laufende Aufsicht, die das Aufsichtsspektrum der FINMA erheblich erweitert. Um dieses neue Regime zu erläutern, hatte die FINMA bereits am 23. Mai 2023 anlässlich des «Kleinversicherer-Symposium 2023» die groben Leitlinien aufgezeichnet. Die FINMA bietet den Versicherungsvermittlerinnen und den Vertretern der Versicherungsunternehmen nun drei zusätzliche Informationsveranstaltungen an, die im Oktober 2023 stattfinden sollen (mehr Informationen hier).
Sie benötigen einen Leitfaden für eine erste Prüfung, ob ihre Tätigkeiten als Versicherungsvermittlung qualifizieren? Wir stellen Ihnen unser Formular zur Selbsteinschätzung der Ausübung von Versicherungsvermittlungstätigkeiten (FSAVV) kostenlos zur Verfügung. Klicken Sie hier, um das Formular herunterzuladen.
Weitere Informationen
Weitere Informationen zum revidierten Versicherungsaufsichtsrecht im Allgemeinen und dem revidierten Versicherungsvermittlungsrecht im Besonderen finden Sie via die folgenden Links:
- Botschaft vom 21. Oktober 2020 zur Änderung des Versicherungsaufsichtsgesetzes (VAG), BBL 2020 8967
- Schlussabstimmungstext für das Bundesgesetz betreffend die Aufsicht über Versicherungsunternehmen (Versicherungsaufsichtsgesetz, VAG), BBl 2022 704
- Vorabdruck der Verordnung über die Beaufsichtigung von privaten Versicherungsunternehmen (Aufsichtsverordnung, AVO)
- Erläuterungen zur Änderung der Aufsichtsverordnung vom 2. Juni 2023
- Ergebnisbericht des Vernehmlassungsverfahrens zur Änderung der Aufsichtsverordnung vom 2. Juni 2023
- Kleinversicherer-Symposium 2023, 23. Mai 2023
- FINMA-Aufsichtsmitteilung 04/2023 vom 21. August 2023
Bei Fragen zum revidierten Versicherungsvermittlungsrecht steht Ihnen die Industriegruppe Versicherungen von MLL Legal gerne zur Verfügung.
Dieser Beitrag stellt keine Rechtsberatung dar. Er gibt lediglich das gegenwärtige Verständnis des Autors in Bezug auf die diskutierte Rechtsfrage kund, ohne Berücksichtigung individueller Umstände. Jegliche Haftung für die Inhalte dieses Beitrags sind ausgeschlossen. Zudem trifft MLL Legal keine Verpflichtung, die Leser dieses Beitrags über neue Rechtsprechung, Praxisänderungen oder anderweitige Änderungen zu informieren.