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Gastautor: Martin Rätze,Trusted Shops GmbH, Köln
In vier Monaten ist es soweit: Die Vorschriften zur Kennzeichnung von Lebensmitteln in Deutschland ändern sich. Auch Schweizer Online-Händler – die nach Deutschland liefern – sind davon betroffen, da ab 13. Dezember 2014 erstmals der Online-Handel mit Lebensmitteln explizit erfasst wird. Welche umfangreichen Informationspflichten auf Sie zukommen, erfahren Sie hier bei uns.
Ab 13. Dezember 2014 gilt die europäische Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 betreffend die Information der Verbraucher über Lebensmittel. Sie enthält neue Regeln für die Kennzeichnung von Lebensmitteln – auch für den Online-Handel.
Informationspflichten
Jedem Lebensmittel, das an Endverbraucher geliefert wird, müssen die in der Verordnung aufgeführten Informationen beigefügt werden. Dies gilt sowohl für den Offline- wie auch für den Online-Handel.
Pflichtinformationen
Lebensmittel sind gemäß Art. 9 der VO mit folgenden Informationen zu versehen:
- Bezeichnung des Lebensmittels
Es ist die rechtlich vorgeschriebene anzugeben. Gibt es eine solche nicht, muss die verkehrsübliche verwendet werden. - Verzeichnis der Zutaten
Dem Verzeichnis ist eine Überschrift voranzustellen, in der das Wort “Zutaten” erscheint. Die Aufzählung muss aus sämtlichen Zutaten bestehen und erfolgt in absteigender Reihenfolge ihres Gesamtgewichtes. Es gibt aber Ausnahmen von dieser Verpflichtung (aufgezählt in Art. 19 der VO). - bestimmte Zutaten und Verarbeitungsstoffe (gemäß Anhang II zu der Verordnung)
Hierzu zählen auch Allergien und Unverträglichkeiten auslösende Stoffe und Erzeugnisse - Menge bestimmter Zutaten oder Klassen von Zutaten
Ist erforderlich, wenn diese Zutat oder Klasse in der Bezeichnung des Lebensmittels genannt wird; sie durch Worte, Bilder oder graphische Darstellung hervorgehoben wird oder von wesentlicher Bedeutung für die Charakterisierung des Lebensmittels ist. - Nettofüllmenge
– bei flüssigen Erzeugnissen in Volumeneinheiten
– bei sonstigen Erzeugnissen in Masse-Einheiten. - Mindesthaltbarkeitsdatum oder das Verbrauchsdatum
In Anhang X sind die Anforderungen an die Angabe des Datum genau vorgegeben. Besonders wichtig: Die Reihenfolge aus Tag, Monat und Jahr ist zwingend einzuhalten. - ggfs. besondere Anweisungen für Aufbewahrung bzw. Verwendung
Hierzu zählen Aufbewahrungsbedingungen oder ein Verzehrzeitraum - Name und Anschrift des Lebensmittelunternehmers, in dessen Namen das Produkt vermarktet wird
- in bestimmten Fällen: Ursprungsland oder Herkunftsort
Art. 26 der VO regelt dazu sehr viele Details, auf deren Einzeldarstellung hier im Beitrag verzichtet werden soll. - eine Gebrauchsanleitung, falls es schwierig wäre, das Lebensmittel ohne eine solche angemessen zu verwenden
Die Gebrauchsanweisung muss so abgefasst sein, dass die Verwendung des Lebensmittels in geeigneter Weise ermöglicht wird. - bei alkoholischen Getränken: Angabe des vorhandenen Alkoholgehaltes in Volumenprozent
Greift nur, wenn der Alkoholgehalt über 1,2 Volumenprozent liegt. Darunter können allerdings andere Vorschriften zur Kennzeichnung verpflichten. - Nährwertdeklaration
Diese Angabe ist erst ab 13. Dezember 2016 verpflichtend (dann aber auch für Online-Händler).
Zusätzlich können weitere Angaben für bestimmte Lebensmittel hinzukommen. Eine genaue Auflistung findet sich in Anhang III zu der Verordnung.
Platzierung der Informationen
Diese Informationen müssen bei vorverpackten Lebensmitteln direkt auf der Verpackung oder auf einem Etikett angebracht werden.
Informationen im Fernabsatz
Auch Online-Händler müssen die oben genannten Angaben gemäß Art. 14 der VO in ihrem Shop bereithalten.
Hier gilt nur eine Ausnahme:
Das Mindesthaltbarkeits- bzw. Verbrauchsdatum muss im Online-Shop nicht angegeben werden.
Die Informationen sind vor Abschluss des Vertrages verfügbar zu machen (Art. 14 Abs. 1 Buchst. a der VO).
Hiermit ist aber wohl “vor Abgabe der Bestellung durch den Verbraucher” gemeint. Eine Informationserteilung zwischen der Bestellung und einer nachgelagerten Annahmeerklärung durch den Unternehmer dürfte zu spät sein. Dies folgt m.E. aus Art. 3 Abs. 1 der VO, in dem die Ziele der Verordnung festgehalten sind.
Die Bereitstellung der Informationen soll einen umfassenden Schutz der Gesundheit und Interessen der Verbraucher bieten, indem Verbraucher eine Grundlage für eine fundierte Wahl von Lebensmitteln erhalten. Dieses Ziel wird aber mit einer Informationserteilung nach Bestellung nicht erreicht.
Außerdem müssen alle verpflichtenden Informationen zum Zeitpunkt der Lieferung verfügbar sein.
Sprache
Die Informationen müssen dem Verbraucher in einer in seinem Mitgliedstaat leicht verständlichen Sprache erteilt werden. Das ist gerade für international agierende Online-Shops wichtig.
Fazit
Wenn Sie mit Lebensmitteln handeln, müssen Sie dafür sorgen, dass die Produktbeschreibungen in Ihrem Shop zum 13. Dezember den neuen Anforderungen gerecht werden. Wichtig ist insbesondere, auf die Details zu achten. Die Zutatenliste muss mit einer Überschrift versehen werden, die das Wort “Zutaten” enthält. Fehlt dieses Wort, kann dies wohl abgemahnt werden. (mr)
Kommentar Bühlmann Rechtsanwälte: Bedeutung für Schweizer Online-Shops
Mit dem Inkrafttreten der neuen EU-Verordnung betreffend die Information der Verbraucher über Lebensmittel, (EU) Nr. 1169/2011, gelten die Kennzeichnugspflichten für Lebensmittel explizit für europäische Online-Händler. Für Schweizer Online-Shops sind die neuen europäischen Kennzeichnungspflichten dann beachtlich, wenn der Shop auf einen EU-Staat ausgerichtet ist und demzufolge das dortige Recht zu Anwendung kommt. Wann ein Online-Shop auf einen Drittstaat ausgerichtet ist, ist von vielen Faktoren abhängig und muss im Einzelfall geprüft werden. Detaillierte Ausführungen zur Ausrichtung von Online-Shops und insbesondere zu den Indikatoren, welche auf eine internationale Ausrichtung hindeuten, finden Sie in unserem Praxis-Paper: Internationale Ausrichtung von Online-Shops.
Ansprechpartner: Lukas Bühlmann und Martin Rätze, Trusted Shops GmbH