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Ende 2019 bestätigte das Bundesgericht im Urteil BGE 146 III 7 seine Rechtsprechung betreffend gesetzliche Bauhandwerkerpfandrechte, die im Zusammenhang mit Bauarbeiten an gemeinsamen Gebäudeteilen des Stockwerkeigentums errichtet werden.
In diesem Tessiner Fall schlossen zwei Miteigentümer eines als Stockwerkeigentum ausgestalteten und in vier gleiche Teile geteilten Grundstücks einen Werkvertrag betreffend den Bau von zwei Liegenschaften auf dem Grundstück, die über einen Durchgang im Untergeschoss verbunden waren. Während der Bauarbeiten kündigte der Unternehmer den Vertrag und beantragte erfolgreich die provisorische Eintragung eines gesetzlichen Grundpfandrechts (Bauhandwerkerpfandrecht) auf jedem der Grundbuchblätter der vier Stockwerkeigentümer, dessen Betrag proportional entsprechend den jeweiligen Anteilen aufgeteilt wurde. In der Folge ging der Unternehmer gegen die vier Miteigentümer vor, um die endgültige Eintragung des Bauhandwerkerpfandrechts und die Zahlung der geforderten Beträge von den beiden Miteigentümern, welche die fraglichen Bauarbeiten in Auftrag gegeben hatten, zu erwirken.
In diesem Zusammenhang waren die Richter insbesondere dahingehen gefordert, die Kontroverse darüber zu schlichten, ob das Bauhandwerkerpfandrecht auf jede der Stockwerkeigentumseinheiten im Verhältnis ihrer Fläche zum Umfang der Gemeinschaftsflächen – wie der Unternehmer argumentierte – oder nur bis zur Höhe der Kosten für die tatsächlich an jeder Stockwerkeinheit ausgeführten Arbeiten gewährt werden konnte.
Mit Hinweis auf das Urteil 5A_924/2017 aus dem Jahr 2015 erinnert das Bundesgericht zunächst an den in Art. 837 Abs. 1 Ziff. 3 ZGB vorgesehenen Grundsatz der Spezialität, nämlich die Verpflichtung, das zwecks Sicherung des durch den Handwerker oder Unternehmer in das Gebäude eingebrachten Mehrwert zu verpfändende Objekt genau zu identifizieren. Folglich muss bei Bauarbeiten, die an mehreren Grundstücken ausgeführt werden, das gesetzliche Grundpfandrecht in Form eines Teilpfandrechts an jedem Grundstück in Höhe der Forderung, für die der Eigentümer haftet, verlangt werden (vgl. vorstehend erwähntes Urteil, E. 4.1.3.1).
Dies bedeutet zum einen, dass das Bauhandwerkerpfandrecht nur auf jene Rechtseinheit (Liegenschaft oder Miteigentumsanteil) angewendet werden kann, die von den Arbeiten des Handwerkers oder Unternehmers profitiert hat, und zum anderen, dass die viermonatige Frist für den Antrag auf Eintragung des Bauhandwerkerpfandrechts ab dem Ende der Arbeiten an der entsprechenden Einheit zu laufen beginnt.
Um folglich die Höhe der durch das Pfandrecht zu sichernden Forderung bestimmen und genau beziffern zu können, muss der Leistungserbringer daher für jede Liegenschaft getrennt über die ausgeführten Arbeiten, das gelieferte Material und den in Rechnung gestellten Einzelpreis Buch führen – auch wenn er mit dem Besteller Gesamt- oder Festpreise vereinbart hatte – und nach Abschluss der Arbeiten nach Anteilen getrennt abrechnen.
Im Urteil vom 6. November 2019 entschied das Bundesgericht, dass dieser Grundsatz strikt anzuwenden sei und dass es grundsätzlich keinen Grund gebe, bei Arbeiten und/oder Materialien, die im Zusammenhang mit einer als Stockwerkeigentum ausgestalteten Liegenschaft ausgeführt bzw. bestellt wurden, davon abzuweichen.
Im Zusammenhang mit Stockwerkeigentum bedeutet die Anwendung des Spezialitätsprinzips demnach, dass:
- wenn die geleistete Arbeit nur zu Gunsten eines Miteigentumsanteils erfolgt ist, ein allfälliges gesetzliches Pfandrecht nur diesen bestimmten Anteil belasten sollte;
- bei Arbeiten an mehreren Stockwerkeinheiten das Bauhandwerkerpfandrecht in der Form eines Teilpfandrechts auf jeder Einheit in Höhe des vom Eigentümer geschuldeten Betrags ausgestaltet werden muss;
- wenn die Arbeiten an den gemeinsamen Teilen der in Stockwerkeigentum aufgeteilten Liegenschaft ausgeführt werden, so ist das Pfandrecht auf diesen einzutragen und der Handwerker oder Unternehmer hat seine Forderungen auf die verschiedenen Stockwerkeigentümer gemäss ihren Wertquoten aufzuteilen (Teilpfandrecht gemäss Art. 798 Abs. 2 OR). Eine Eintragung auf der in Stockwerkeigentum aufgeteilten Liegenschaft ist jedoch möglich, wenn keiner der Stockwerkanteile bereits verpfändet ist (BGer Urteil 5A_683/2010 vom 15. November 2011)
Hinsichtlich der einzuhaltenden Frist ist festzuhalten, dass der Unternehmer die Eintragung des Teilpfandrechts innerhalb von vier Monaten nach Abschluss der entsprechenden Arbeiten, für die die Eintragung beantragt wird, erwirken muss.
Ausnahmen von den oben dargelegten Grundsätzen sind möglich, aber es obliegt dem Unternehmer im Einzelfall die Umstände, die eine Ausnahme rechtfertigen können, geltend zu machen und nachzuweisen (BGer Urteil 5A_682/2010 vom 24. Oktober 2011 E. 3.3).
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass es in der Verantwortung des ausführenden Unternehmers liegt, getrennte Rechnungen zu führen, wenn dieser Arbeiten an Grundstücken ausführt, an denen Stockwerkeigentum begründet wurde. Letzterer trägt nämlich das Risiko, dass er ein Bauhandwerkerpfandrecht nicht rechtsgültig eintragen lassen kann, wenn die verschiedenen Arbeiten nicht präzise genug dokumentiert sind und nicht jedem der Anteile zugeordnet werden können.
Dieser News-Beitrag wurde von Sophie Bastardoz und Jacques Johner verfasst.