GG, Rhätische Bahn, Albulabahn und Berninabahn: neue Entscheide zur Markenschutzfähigkeit beschreibender Zeichen


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So genannte Zeichen des Gemeinguts sind vom Markenschutz ausgeschlossen. Als Gemeingut gelten insbesondere beschreibende Zeichen, die sich in Angaben über die Merkmale der Ware wie z.B. die Art, die Qualität oder die Beschaffenheit erschöpfen. Auch geografische Angaben, die die Herkunft der Ware direkt oder indirekt beschreiben, stellen Gemeingut dar. Vor kurzem hatten sowohl das EuG als auch das BVGer Urteile zu fällen, die sich mit der Frage befassen, ob ein Zeichen beschreibend ist und deshalb Gemeingut darstellt. Das EuG kam dabei zum Schluss, dass „GG“ für Wein eine Qualitätsbeschreibung darstelle und deshalb nicht markenschutzfähig sei. Das BVGer erachtete die Begriffe „ALBULABAHN“, „BERNINABAHN“ UND „RHÄTISCHE BAHN“ zumindest für gewisse Waren als herkunftsbeschreibend und verweigerte ihnen deshalb teilweise den Markenschutz.

Grundsatz: Beschreibende Zeichen nicht eintragungsfähig

Wortzeichen sind nach europäischem und schweizerischem Recht insbesondere dann nicht markenschutzfähig, wenn sie für die Ware, die sie kennzeichnen, direkt oder indirekt beschreibend sind. Marken, die sich in Angaben über die Art, die Beschaffenheit, die Menge, die Bestimmung oder sonstige Merkmale der gekennzeichneten Ware erschöpfen, sind deshalb vom Markenschutz ausgeschlossen. Dadurch soll verhindert werden, dass beispielsweise eine Warenbezeichnung oder eine Beschaffenheitsangabe monopolisiert werden kann: Gattungs- oder Qualitätskennzeichen sollen von jedermann frei verwendet werden dürfen.

GG – Qualitätshinweis oder Marke?

Vor diesem Hintergrund hatte das Gericht der Europäischen Union (EuG) sich vor kurzem mit der Frage zu befassen, ob die Wortmarke „GG“ als Gemeinschaftsmarke eingetragen werden kann (Urteil T-278/09 vom 15. November 2012). Das Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (HABM) hatte zuvor ein Eintragungsgesuch des Verbands Deutscher Prädikatsweingüter e.V. (VDP) zurückgewiesen. Dieser wollte die genannte Marke als Gemeinschaftskollektivmarke für alkoholische Getränke (Nizza-Klasse 33) eintragen lassen. Das HABM wies die Anmeldung aber zurück, weil die Marke für Weine eine beschreibende Angabe darstelle. Sie werde zur Bezeichnung von qualitativ hochwertigem Wein verwendet, wobei die Abkürzung für „Großes Gewächs“ stehe. Diese sei direkt qualitätsbeschreibend und deshalb nicht als Gemeinschaftsmarke eintragbar.

EuG: „GG“ beschreibend für Weinqualität

Der VDP bestritt diese Ausführungen. Das EuG hatte deshalb zu prüfen, ob die Erwägungen des HABM korrekt waren oder nicht. Das Gericht wies zuerst darauf hin, dass das massgebliche Publikum, aus dessen Sicht zu beurteilen ist, wie eine Marke verstanden wird, vorliegend sowohl die Konsumenten als auch im Weinsektor tätige Fachpersonen umfasst. Von letzteren und von Konsumenten, die sich vor dem Kauf beraten liessen, werde der Hinweis „GG“ auf der Weinetikette als unmittelbare und direkte Beschreibung der Qualität eines Weines wahrgenommen, namentlich deshalb, weil Abkürzungen gerade im Weinsektor häufig seien (vgl. z.B. AC für Appellation Contrôlée, QmP für Prädikatswein). Da es sich folglich um eine direkte Beschreibung der höheren Qualität des Weines handle, sei das Zeichen vom Markenschutz ausgeschlossen und die Entscheidung des HABM nicht zu beanstanden.

ALBULABAHN, BERNINABAHN, RHÄTISCHE BAHN – geografische Angaben?

Wie bereits erwähnt kennt auch das schweizerische Markenschutzgesetz das Prinzip, dass beschreibende Marken nicht eintragungsfähig sind. Dies gilt namentlich auch für Zeichen, die auf die geografische Herkunft hinweisen (vgl. BR-News vom 18. Oktober 2012). Das Bundesverwaltungsgericht (BVGer) befasste sich kürzlich mit der Frage, inwieweit die Zeichen „RHÄTISCHE BAHN“, „ALBULABAHN“ und „BERNINABAHN“ in diesem Sinne beschreibend sind und dadurch Gemeingut darstellen (Urteil B-4519/2011 vom 31. Oktober 2012).

Die zuständige Markenregistrierungsbehörde, das Institut für Geistiges Eigentum (IGE), zählte die Begriffe zum Gemeingut, weil sie direkte Herkunftsangaben seien. Sie seien deshalb – zumindest für einige Warenklassen – freihaltebedürftig. Für gewisse Waren hingegen liess das Institut die Marke eintragen. Diesen Entscheid zog die Antragstellerin, die Rhätische Bahn AG, an das Bundesverwaltungsgericht weiter.

BVGer: Zeichen sind beschreibend und deshalb Gemeingut

Das BVGer hielt fest, dass es sich bei den angemeldeten Zeichen jeweils um eine geografische Angabe in Kombination mit dem Sachbegriff „Bahn“ handle. Bahnanlagen würden üblicherweise in dieser Art beschrieben, weshalb die Zeichen nicht in unterscheidungskräftiger Weise über einen blossen thematischen Inhalt hinausführen würden. Aus diesem Grund stellen die Zeichen für diejenigen Waren und Dienstleistungen, die eng mit einer öffentlichen Bahn zusammenhängen (z.B. Unterhalt und Reparatur von Schienenfahrzeugen, Gastronomie in Zügen, Gepäckträgerdienste), Gemeingut dar, für alle anderen hingegen nicht (z.B. Personentransport auf der Strasse, Vermietung von Kraftfahrzeugen). Für letztere könnten die Marken deshalb eingetragen werden. In diesem Sinne hiess das BVGer die Beschwerde teilweise gut.

Verkehrsdurchsetzung der Begriffe?

Unter gewissen Voraussetzungen können auch Zeichen, die dem Gemeingut zuzurechnen sind, als Marke eingetragen werden. Dafür ist erforderlich, dass sie sich im Geschäftsverkehr als Marken durchgesetzt haben (vgl. Art. 2 lit. a MSchG). Das Bundesverwaltungsgericht hatte deshalb zu prüfen, ob eine solche Verkehrsdurchsetzung vorliegt. Dabei kam es zum Schluss, dass sich die Zeichen „ALBULABAHN“ und „BERNINABAHN“ nicht als markenmässige Kennzeichen durchgesetzt haben. Sie würden als Streckenabschnitte des bündnerischen Bahnnetzes und nicht als Kennzeichnung einer betrieblichen Herkunft verstanden.

Anders dagegen das Zeichen „RHÄTISCHE BAHN“. Dieses sei stets markenmässig verwendet worden und habe sich für die Kerndienstleistungen des Bahnbetriebs als Marke durchgesetzt – jedoch nur für diese. Im Weiteren bestätigte das Bundesverwaltungsgericht die Verfügungen des IGE und wies die Beschwerde in diesem Umfang ab.

Weitere Informationen:

Ansprechpartner: Adrian Süess


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