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Bekanntlich nimmt die Produktpiraterie mit vorwiegend aus Fernost stammenden Kopien laufend zu. In diesem Zusammenhang hat die Europäische Kommission kürzlich ihre Vorschläge zu einer neuen Gesetzgebung für den Vollzug von Immaterialgüterrechten durch den Zoll veröffentlicht. Der Erlass besteht hauptsächlich in der Ausweitung und Weiterentwicklung der bereits bestehenden Kompetenzen des Zolls und unterstreicht somit die wichtige Rolle der Zollbehörden im Kampf gegen die Produktpiraterie.
Tatsächlich sind in den meisten modernen Rechtsordnungen Bestimmungen zu finden, die eine Unterstützung durch die Zollbehörden bei der Bekämpfung der Ein-, Aus- und Durchfuhr von Piraterieprodukten ermöglichen:
In der Schweiz besteht gestützt auf besondere Bestimmungen in den Immaterialgüterrechtsgesetzen insbesondere die Möglichkeit der Zollbeschlagnahme aufgrund eines Antrags der Rechteinhaber. Voraussetzung dafür ist, dass der Rechteinhaber ausreichend glaubhaft macht, dass die Waren seine Marke, sein Design, sein Patent oder seine Urheberrechte verletzen. Diese Glaubhaftmachung kann beispielsweise durch einen Auszug aus dem Marken-, Patent- oder Designregister bzw. durch ein Präzedenzurteil erbracht werden. Die Zollbehörden können aus den zurückgehaltenen Waren Stichproben entnehmen und dem Antragsteller zusenden, damit dieser die Rechteverletzung überprüfen kann. Ferner können die Zollbehörden die zurückgehaltenen Waren vernichten, sofern dagegen vom Importeur (resp. im Falle der Durchfuhr vom Destinatär) keine Einsprache erhoben wird. Auf diese Weise können Piraterieprodukte bereits durch Zollbeschlagnahme vom Markt entfernt werden, möglicherweise ohne kostspielige Gerichtsverfahren. Nur wenn die Vernichtung vom Importeur / Destinatär ausdrücklich abgelehnt wird, muss der Rechteinhaber vorsorgliche gerichtliche Massnahmen ergreifen, da die Zollverwaltung die beschlagnahmten Waren – ohne gerichtliche Anordnung – während höchstens 20 Werktage zurückbehalten darf.
EU-weit gilt ein ähnliches Verfahren für die EU-weiten Schutzrechte. Hierbei handelt es sich um die beim Europäischen Markenamt in Alicante registrierten Gemeinschaftsmarken und Gemeinschaftsgeschmacksmuster. Gestützt auf deren Registrierung kann mit einem einzigen Gesuch die Hilfeleistung der Zollbehörden in allen EU-Mitgliedstaaten beantragt werden. Dieses Gesuch ist an die Zollverwaltung eines Mitgliedstaates zu richten und wird dann auf alle beantragten EU-Staaten ausgedehnt. Für alle anderen Rechte die nicht EU-weit sondern national gelten (nationale oder internationale Marken, Designs oder Patente sowie Urheberrechte) braucht es immer noch ein separates Gesuch für jeden Mitgliedstaat der EU, welches an die jeweilige Zollverwaltung zu richten ist.
Auch in nicht europäischen Ländern können die Zollverfahren nützlich sein. In China können zum Beispiel Zollbeschlagnahmen bei der Ausfuhr von vor allem markenverletzenden Produkten durchgeführt werden und somit die Fälschungen schon an der Quelle gestoppt werden. Um diese Möglichkeit nützen zu können, ist es aber wichtig, Schutzrechte, insbesondere Marken (aber auch Designs), in China registrieren zu lassen.
Erfahrungsgemäss sind die Zollbehörden, insbesondere auf EU-Ebene und in der Schweiz, besonders motiviert, Inhabern von Schutzrechten bei der Bekämpfung der Produktpiraterie Hilfe zu leisten. Sie sind dabei jedoch auf die bestmögliche Information der Rechteinhaber über die Unterscheidbarkeit von Originalen und Fälschungen, die Kontaktdaten der üblichen Importeure von Pirateriewaren und deren Vertriebskanäle usw. angewiesen. In der Praxis bringt die aktive Mitarbeit zwischen Rechteinhabern oder deren Vertreter und den Zollbeamten (z.B. durch Informationsaustausch oder Schulung der Zöllner) die besten Resultate. Zudem ist es von entscheidender Bedeutung, den Antrag auf Hilfeleistung für die Zollbehörden so detailliert wie möglich auszugestalten.