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Am 1. Juli 2010 wird das neue Produktesicherheitsgesetz (PrSG) in Kraft treten. Die dadurch erreichte Angleichung an das EU-Recht führt insbesondere dazu, dass Produkte, die für Konsumenten/Verbraucher bestimmt sind, nur dann auf den Markt gebracht werden dürfen, wenn Hersteller, Importeure und Händler (Inverkehrbringer) sicherstellen, dass die Sicherheit der Produkte auch nach dem Inverkehrbringen laufend beobachtet wird. Diese und weitere sog. „Nachmarktpflichten“ erfordern von den Unternehmen zukünftig aufwendige organisatorische Vorkehren.
Das neue PrSG bezweckt einerseits die Gewährleistung der Produktsicherheit sowie die Erleichterung des grenzüberschreitenden freien Warenverkehrs. Im Bestreben, die schweizerische Rechtsordnung möglichst Europa-kompatibel auszugestalten und technische Handelshemmnisse abzubauen, wurde mit dem neuen PrSG inhaltlich weitgehend die Regelung der Produktsicherheitsrichtlinie der EU übernommen. Gleichzeitig mit dem Inkrafttreten des PrSG führt die Schweiz einseitig das sog. «Cassis de Dijon»-Prinzip im Verhältnis mit der EU ein. Dies bedeutet, dass in der EU zugelassene Produkte (mit wenigen Ausnahmen) auch in der Schweiz ohne weitere Prüfung zugelassen sein müssen. Das PrSG ist als Rahmenerlass konzipiert und soll immer dann zur Anwendung kommen, wenn nicht sektorielle bundesrechtliche Bestimmungen (z.B. das Bauproduktegesetz) bestehen, mit welchen das gleiche Ziel verfolgt wird. Die Bundesverwaltung prüft derzeit, inwieweit die 18 Produktsicherheitsgesetze und deren Verordnungen an das PrSG anzupassen sind.
Im Vergleich zum bestehenden Bundesgesetz über die Sicherheit von technischen Einrichtungen und Gegenständen (STEG), welches durch das PrSG ersetzt wird, wurde der Geltungsbereich des Produktesicherheitsgesetzes auf alle Produkte ausgedehnt und ist nicht auf technische Geräte und Einrichtungen beschränkt. Der Produktbegriff deckt sich aber nach wie vor nicht vollständig mit demjenigen des Produktehaftpflichtgesetzes (PrHG), sodass beispielsweise Elektrizität nur von Letzterem erfasst wird.
Da staatliche Produktzulassungen weitgehend (Ausnahmen z.B. bei Heilmitteln oder Chemikalien) abgeschafft wurden, obliegt es grundsätzlich den Inverkehrbringern bei nachträglichen Stichprobenkontrollen nachzuweisen, dass die Sicherheitsanforderungen eingehalten wurden. Diese Anforderungen sind im PrSG neu so umschrieben, dass ein Produkt in Verkehr gebracht werden darf, wenn es bei normaler oder bei vernünftigerweise vorhersehbarer Verwendung die Sicherheit und die Gesundheit der Verwender und Dritter nicht oder nur geringfügig gefährdet. Dadurch erfolgt nicht nur eine Angleichung an das EU-Recht sondern auch an das PrHG.
Zur Konkretisierung dieser allgemeinen Sicherheitsdefinition sind im Gesetz besondere Gefahrenumstände aufgeführt, welche die Inverkehrbringer zu berücksichtigen haben. Insbesondere muss beachtet werden, dass ein Produkt auch von besonders gefährdeten Personenkreisen, (z.B. Kindern, Menschen mit Behinderungen oder älteren Menschen) verwendet wird, sofern dies vorhersehbar ist. Ein weiterer Umstand ist dieGebrauchsdauer eines Produkts. Fehlt bei einem Produkt ein eindeutiger Hinweis auf die Dauer, während der es gefahrlos gebraucht werden kann, wird auf dessen voraussichtliche Gebrauchsdauer abgestellt, sodass es während dieser Zeit genügend sicher sein muss. Dies kann dazu führen, dass die Sicherheit des Produkts auch nach Ablauf der zehnjährigen Verjährungsfrist im Produktehaftfplichtrecht weiter zu gewährleisten ist. Folglich sollten insbesondere Hersteller von Gütern, die nicht zum vornherein eine erkennbar beschränkte Lebensdauer aufweisen (z.B. Werkzeug, Garten- oder Elektrogeräte, Velos etc.), auf ihren Produkten eine maximale Gebrauchsdauer angeben.
Darüber hinaus regelt das Gesetz auch die Darbietung sowie Beschreibung von Produkten. Insbesondere müssen die Aufmachung und Kennzeichnung, die Warn- und Sicherheitshinweise sowie die Gebrauchs- und Bedienungsanleitungen dem spezifischen Gefährdungspotenzial eines Produkts entsprechen. Auch Angaben oder Informationen in der Werbung oder PR-Kampagnen dürfen nicht ein falsches Bild des Gefahrenpotenzials vermitteln oder zu einem riskanten Gebrauch der Ware verleiten.
Bei Produkten, die für Konsumenten bestimmt sind oder „unter vernünftigerweise vorhersehbaren Bedingungen“ auch von Konsumenten verwendet werden können, werden den Herstellern oder Importeuren auch nach dem Inverkehrbringen sog. Nachmarktpflichten auferlegt. Sie müssen während der angegebenen oder voraussichtlichen Gebrauchsdauer geeignete Massnahmen treffen, um Gefahren zu erkennen und abzuwenden (bspw. durch Rücknahme, Rückruf oder Warnung) und um eine eindeutige Rückverfolgung der Produkte möglich zu machen. Beanstandungen in Bezug auf die Sicherheit eines Produkts müssen sorgfältig geprüft und allenfalls Stichproben durchgeführt werden. Zudem muss die Vollzugsbehörde informiert werden, wenn der Hersteller oder ein anderer Inverkehrbringer Grund zur Annahme hat, dass von seinem Produkt eine Gefahr für die Sicherheit oder Gesundheit ausgeht. Auch der Handel hat bei der Überwachung der Produkte mitzuwirken und geeignete Massnahmen für die Zusammenarbeit mit den Herstellern und Importeuren zu ergreifen. Das PrSG gilt des Weiteren auch für Unternehmen, welche bei der Erbringung ihrer Dienstleistungen Produkte verwenden (z.B Kosmetikstudios, Fitnessklubs, Hotels etc.).
Ergibt eine Kontrolle der Behörden, dass die Sicherheitsanforderungen nicht eigehalten worden sind, kann u.a. das weitere Inverkehrbringen eines Produkts verboten werden und, sofern erforderlich, die Bevölkerung gewarnt werden. Darüber hinaus enthält das PrSG auch Strafbestimmungen für die vorsätzliche oder fahrlässige Inverkehrbringung von Produkten, die den Sicherheitsanforderungen nicht entsprechen und dadurch die Gesundheit oder Sicherheit anderer Personen gefährden.
Mit Inkrafttreten des PrSG dürfen Produkte, welche die Anforderungen nach bisherigem Recht, jedoch nicht die Anforderungen nach neuem Recht erfüllen, noch bis zum 31. Dezember 2011 in Verkehr gebracht werden. Jeder Hersteller, Importeur oder Händler muss zudem bis zum 31. Dezember 2011 die Voraussetzungen schaffen, den Nachmarktpflichten nachkommen zu können.
Weitere Informationen:
- BR-News: «Einseitige Schweizer Einführung des „Cassis-de-Dijon-Prinzips“»
- FAQ des SECO zum PrSG
- Botschaft zum PrSG (BBl 2008, 7407)
- BR-News: «BGer: Reduktion des Schadenersatzes bei Nichtbeachtung der Gebrauchsanweisung»
Ansprechpartner: Lukas Bühlmann