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Die deutsche Drogeriekette Rossmann wurde kürzlich vor dem Oberlandesgericht Celle wegen unzulässiger Schleichwerbung mit einem Instagram-Influencer verurteilt. Das Urteil erinnert an den Fall des „Flying Uwe“, welcher mit einer Busse von 10’500 Euro sanktioniert wurde, weil er in seinen YouTube-Videos Produkte ausgiebig positiv darstellte, ohne diese als „Dauerwerbesendung“ zu kennzeichnen. Das Besondere am aktuellen Fall ist, dass die Kennzeichnung im beanstandeten Instagram-Post zwar erfolgte, diese jedoch als ungenügend beurteilt wurde: Nach Ansicht des OLG Celle ist ein Instagram-Post nicht ausreichend als Werbung erkennbar, wenn der Hashtag #ad innerhalb des Beitrags nicht deutlich und auf den ersten Blick erkennbar ist.
Werbekennzeichnung in sozialen Netzwerken ist kein Graubereich (mehr)…
Klassische Werbeformate gehören der Vergangenheit an; der heutige Werbemarkt bedient sich zunehmend modernerer und subtilerer Werbemedien – insbesondere in sozialen Netzwerken: Immer mehr Unternehmen nutzen die Reichweite sogenannter Influencer auf Instagramm, Snapchat, Youtube oder Facebook, um ihre Produkte zu bewerben. Problematischerweise werden diese Werbeposts oftmals nicht als Werbung gekennzeichnet. Solche bezahlte, aber unmarkierte Werbungen gelten als sogenannte Schleichwerbung und verstossen aus rechtlicher Sicht gegen die Grundsätze des Trennungs- und Transparenzgebots (vgl. hierzu bereits MLL- News vom 29. Juli 2017).
Wird ein Blogger oder Influencer von einem Unternehmen für eine Werbekampagne beauftragt, so muss er in seinen Posts auf das Kooperationsgeschäft aufmerksam machen. Dieser Grundsatz ist auch bei den modernen Werbemedien zu befolgen. Dennoch wurde die Kennzeichnung von Werbung auf Social Media-Kanälen für längere Zeit noch als Graubereich angesehen und deshalb oftmals vernachlässigt.
…, was spätestens seit dem Fall „Flying Uwe“ klar sein sollte
Dass diese Praxis nicht mehr fortgeführt werden kann, machte bereits der Fall des Influencers „Flying Uwe“ deutlich: Der YouTuber hatte es unterlassen, seine Videos, in welchen er Produkte ausgiebig positiv darstellte, als „Dauerwerbesendung“ zu kennzeichnen, worauf er mit einer Busse von 10’500 Euro sanktioniert wurde. Begründet wurde dies damit, dass auch für Telemedien die Werbegrundsätze des deutschen Rundfunkstaatsvertrags gelten, wenn Anbieter „fernsehähnliche Inhalte“ produzieren. Der Rundfunkstaatsvertrag enthält das Trennungsgebot und verlangt, dass Dauerwerbesendungen zu Beginn als solche angekündigt und während ihres gesamten Verlaufs als solche gekennzeichnet werden. Der Fall von Flying Uwe veranschaulichte insofern, dass das Trennungsgebot nun auch im Bereich des Influencer Marketings zur Durchsetzung gelangt (vgl. MLL- News vom 29. Juli 2017).
Ausgangslage im Fall Rossmann
In einem aktuellen Fall vor dem OLG Celle wurde nun auch die Drogeriekette Rossmann verurteilt (Urteil OLG Celle vom 8. Juni 2017, 13 U 53/17). Das Gericht kam auch hier erneut zum Schluss, dass bezahlte Werbung – vorliegend ein bezahlter Instagram-Post – eine entsprechende und vor allem eindeutige Kennzeichnung vorweisen müsse. Das Besondere an diesem Fall: Zwar war der beanstandete Post als Werbung gekennzeichnet, doch war diese Markierung nicht ausreichend.
Rossmann hatte einen zwanzigjährigen Instagram-Star mit 1,3 Millionen Follower gebucht, um für ein Online-Angebot zu werben. Dieser hatte mit dem Hashtag #ad auf die bezahlte Werbung hingewiesen. Für das Gericht war die Kennzeichnung allerdings unzureichend.
Wiederholungsfall käme Rossmann teuer zu stehen
Aus dem Urteil geht auch hervor, dass das OLG Celle möglichst verhindern möchte, dass Rossmann weiterhin auf derartige Anzeigen setzt. Um dies zu gewährleisten, wurden empfindliche Geldstrafen ausgelotet: Sollte Rossmann erneut unter Einschaltung Dritter für kosmetische Produkte werben, ohne den geschäftlichen Zweck der Werbung für diese Produkte kenntlich zu machen, droht dem Unternehmen ein Ordnungsgeld von bis zu 250’000 Euro – für jeden Fall der künftigen Zuwiderhandlung.
Kommerzieller Zweck des Beitrags nicht auf den ersten Blick erkennbar
Wie der kommerzielle Zweck einer geschäftlichen Handlung kenntlich zu machen ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls und des verwendeten Kommunikationsmittels ab. Laut dem Urteil des OLG Celle muss der Hinweis aber jedenfalls so deutlich erfolgen, dass aus der Sicht eines durchschnittlichen Mitglieds der jeweils angesprochenen Verbraucherkreise kein Zweifel am Vorliegen eines kommerziellen Zwecks besteht. Dies bedeutet, dass der kommerzielle Zweck auf den ersten Blick hervortreten muss.
Dies sei hier nicht der Fall: Nach Ansicht des Gerichts sei die Verwendung des Hashtag #ad – zumindest in der vorliegenden Form – nicht ausreichend, um den Beitrag als Werbung zu kennzeichnen. Dabei lässt das OLG Celle ausdrücklich offen, ob die Verwendung des Hashtag #ad an sich überhaupt geeignet ist, einen Beitrags bei Instagram oder ähnlichen sozialen Medien als Werbung zu kennzeichnen.
Eine ausreichende Kennzeichnung des kommerziellen Zwecks des Beitrags fehle aber jedenfalls schon deshalb, weil das Hashtag #ad innerhalb des Beitrags nicht deutlich und nicht auf den ersten Blick erkennbar sei.
Ein Hashtag unter vielen
Im vorliegenden Fall befand sich der Hashtag #ad am Ende des Beitrags und dort an zweiter Stelle von insgesamt sechs Hashtags. Nach Ansicht des Gerichts sei nicht damit zu rechnen, dass ein durchschnittliches Mitglied der Zielgruppe der beanstandeten Werbung das Hashtag an dieser Stelle zur Kenntnis nimmt.
Ohnehin sei schon zweifelhaft, ob Hashtags am Ende eines Beitrags überhaupt wahrgenommen werden. Jedenfalls werde die überwiegende Zahl der Leser sich beim ersten Betrachten der Seite die hier vorhandene Vielzahl an Hashtags nicht ansehen und deshalb auf die Kennzeichnung «#ad» nicht aufmerksam werden. Eine andere Beurteilung ergebe sich auch nicht daraus, dass die Hashtags farblich gegenüber dem übrigen Text abgesetzt sind. Im Gegenteil erleichtere dies den Nutzern das Lesen des Beitrags am Ende des eigentlichen Textes zu beenden und die Hashtags deshalb nicht zur Kenntnis zu nehmen.
Kommerzieller Zweck ergibt sich nicht unmittelbar aus den Umständen
Das OLG Celle widersprach der Meinung der Vorinstanz, wonach die Kennzeichnung des kommerziellen Zwecks entbehrlich sei, da sich dieser vorliegend unmittelbar aus den Umständen ergebe: Entbehrlich ist eine Kennzeichnung des kommerziellen Zwecks nur dann, wenn dieser auf den ersten Blick und ohne jeden Zweifel erkennbar ist. Dabei genügt es nicht, wenn der durchschnittliche Leser erst nach einer analysierenden Lektüre des Beitrags dessen werbliche Wirkung erkennt.
In diesem Zusammenhang ergibt sich für das Gericht der kommerzielle Zweck des Beitrags auch nicht aus der Qualität und Aufmachung des zum Beitrag gehörenden Fotos – auch wenn dieses professionell gestaltet wirkt. Begründet wird dies damit, dass auch weitere private Fotos von ähnlicher Qualität sind. Auch der Umstand, dass auf dem einschlägigen Foto – anders als auf den meisten anderen – der Influencer selbst nicht abgebildet ist, lässt nicht den eindeutigen Schluss darauf zu, dass es sich bei dem Beitrag um Werbung handelt.
Auch wenn der einschlägige Beitrag Begriffe enthält (u.a. „Sparfüchse“ sowie diverse Hashtags wie #blackfriday, #eyes, #shopping, #rabatt und #40prozent), die auf den werblichen Charakter des Beitrags schliessen lassen, erschliesse sich dieser anhand dieser Begriff aber erst, wenn ein Leser den Text des Beitrags einschliesslich des Hashtags am Ende vollständig und sinnentnehmend gelesen hat. Dies genüge für die erforderliche Erkennbarkeit „auf den ersten Blick“ nicht. Vielmehr werde der werbliche Charakter des Beitrags bei einer Beurteilung „auf den ersten Blick“ eher dadurch verschleiert, dass sich im Text Symbole wie ein lachendes Gesicht und ein Doppelherz befinden, deren Verwendung – jedenfalls auch – in Nachrichten privaten Charakters üblich ist.
Kommentar zum Urteil
Das Urteil des OLG Celle verdeutlicht, dass zur Einhaltung des Trennungsgebots nicht nur die Kennzeichnung der Werbung an sich, sondern diese auch in einer korrekten resp. ausreichend erkennbaren Art und Weise erfolgen muss. Bedauerlicherweise äussert sich das Gericht aber in keiner Weise, wie die Kennzeichnung anderweitig hätte erfolgen können. Angesichts des strengen Urteils, wäre es durchaus angezeigt gewesen, wenn das OLG für Unternehmen und Influencer klare Regeln für die rechtlich korrekte Kennzeichnung von Werbung in sozialen Netzwerken aufgestellt hätte. Dies umso mehr, da anhand der hohen Bussgeldanordnung an Rossmann deutlich wird, dass Influencer wie auch Unternehmer für Verstösse gegen das Trennungsgebot zur Verantwortung zu ziehen sind.
Folgt man der Argumentation des Gerichts, so wäre es spannend, wie das Gericht den Fall beurteilt hätte, wenn das einschlägige Hashtag #ad an erster Stelle aufgeführt worden wäre. Weiter ist fraglich, wie Begriffe, die eindeutig auf den werblichen Charakter eines Beitrags schliessen lassen, nach Ansicht des Gerichts nicht über die erforderliche Erkennbarkeit verfügen. Weiter gibt es sehr wohl Umstände, aus denen sich der kommerzielle Zweck eines Beitrags unmittelbaren ergeben kann: So wird beispielsweise das geübte Instagram-Publikum heutzutage bei gewissen Influencern bereits davon ausgehen, dass diese regelmässig auch Posts mit werblichem Charakter veröffentlichen werden.
Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, ob das aktuelle Urteil des OLG Celle tatsächlich als sog. Präzedenzfall für künftige, ähnlich gelagerte Fälle eignet oder es sich vielmehr um die Beurteilung eines Einzelfalls handelt. In diesem Sinne wird sich – auch für die Beurteilung von Rechtsfällen in der Schweiz – anhand weiterer Entscheidungen zeigen, wie die rechtlich einwandfreie Kennzeichnung von Werbung in sozialen Netzwerken nach Ansicht der Gerichte zu erfolgen hat.
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