Internationales Konkursrecht: Änderungen per 1. Januar 2019


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Innerhalb der EU regelt die Europäische Insolvenzverordnung[1] (EuInsVO) grenzüberschreitende Insolvenzverfahren. Da die Schweiz nicht Mitglied der EU ist, findet die Verordnung keine direkte Anwendung auf grenzüberschreitende Insolvenzverfahren mit Bezug zur Schweiz, was die Durchführung solcher Verfahren erheblich erschwerte. Per 1. Januar 2019 traten nun jedoch Änderungen zum Bundesgesetz über das Internationale Privatrecht (IPRG) in Kraft, welche zu einer vereinfachten Abwicklung grenzüberschreitender Insolvenzverfahren führen. Die wichtigsten Änderungen sind die Folgenden.

Vereinfachte Anerkennung ausländischer Insolvenzdekrete

Damit ein im Ausland eröffnetes Insolvenzverfahren überhaupt Wirkungen in der Schweiz entfalten kann, musste der ausländische Entscheid, mit dem das Insolvenzverfahren eröffnet wurde (Insolvenzdekret), bis anhin vorab in der Schweiz in einem gerichtlichen Verfahren anerkannt werden. Unter altem Recht wurde hierfür vorausgesetzt, dass dieser Entscheid am Sitz des ausländischen Gemeinschuldners ergangen ist, dass er in jenem Staat vollstreckbar ist, dass kein Anerkennungsverweigerungsgrund vorliegt, und dass der Staat, in dem der Entscheid ergangen ist, Gegenrecht hält.
Gemäss den neu geltenden Bestimmungen soll ein ausländisches Insolvenzdekret in der Schweiz neu nicht nur dann anerkannt werden können, wenn es im Wohnsitzstaat des Schuldners ergangen ist, sondern auch dann, wenn es in dem Staat ergangen ist, in welchem der Schuldner den Mittelpunkt seiner Interessen hat (sofern der Schuldner im Eröffnungszeitpunkt seinen Wohnsitz nicht in der Schweiz hatte). Diese Erweiterung ist dadurch begründet, dass in zahlreichen Staaten gestützt auf das Konzept des Centre of Main Interest (COMI) eine Zuständigkeit für die Konkurseröffnung am Mittelpunkt der hauptsächlichen Interessen gegeben ist. Nach altem Recht konnten ausländische Insolvenzverfahren, die am Interessenmittelpunkt des Schuldners eröffnet wurden, in der Schweiz nicht anerkannt werden, wenn dieser Interessenmittelpunkt nicht am Ort des statutarischen Sitzes lag. Diese Lücke wurde mit der neuen Regelung geschlossen.

Eine weitere Erleichterung der Anerkennung ausländischer Insolvenzdekrete bringt die Aufhebung des Gegenrechtserfordernisses mit sich. Ob der Staat, in dem das zu anerkennende Konkursdekret ergangen ist, Gegenrecht hält, war oftmals nicht ohne weiteres feststellbar, sofern sich bezüglich des betreffenden Staats nicht bereits eine Gerichtspraxis etabliert hatte. Der Gegenrechtsnachweis musste vielmehr mittels aufwändiger und teurer Rechtsgutachten abgeklärt werden. Der Verzicht auf das Gegenrechtserfordernis stellt für die Praxis daher eine erhebliche Erleichterung dar.

Keine zwingende Durchführung eines Sekundärkonkurses in der Schweiz

Nach altem Recht musste in der Schweiz zwingend ein Sekundärkonkursverfahren durchgeführt werden, wenn die ausländische Konkursverwaltung auf Vermögenswerte des Schuldners greifen wollte, die in der Schweiz gelegen sind. In einem solchen Fall wurden die in der Schweiz gelegenen Vermögenswerte zuerst in einem Sekundärkonkursverfahren ausschliesslich zu Gunsten von pfandgesicherten Gläubigern sowie von Schweizer Gläubigern von privilegierten Forderungen verwertet. Erst danach wurde ein allfälliger Überschuss der ausländischen Insolvenzverwaltung herausgegeben, sofern eine gerichtliche Prüfung ergab, dass die nicht privilegierten Forderungen von Schweizer Gläubigern im ausländischen Insolvenzverfahren angemessen berücksichtigt wurden.
Mit der neu geltenden Regelung soll ein Sekundärkonkursverfahren nur noch dann durchgeführt werden müssen, wenn effektiv ein Schutzbedürfnis der betroffenen Gläubiger besteht. Ergibt ein Schuldenruf, dass keine pfandgesicherten Forderungen, keine privilegierten Forderungen von Gläubigern mit Wohnsitz in der Schweiz und auch keine Forderungen betreffend eine schweizerische Zweigniederlassung des Schuldners angemeldet werden, so kann auf Antrag des ausländischen Insolvenzverwalters auf die Durchführung eines Sekundärkonkursverfahrens verzichtet werden. Werden einzig andere als die genannten Forderungen angemeldet, so kann auf die Durchführung eines Sekundärverfahrens immerhin dann verzichtet werden, wenn die nicht privilegierten Forderungen von Gläubigern mit Schweizer Wohnsitz im ausländischen Hauptkonkursverfahren angemessen berücksichtigt werden. Diese Gläubiger werden dazu vorab angehört.

Bei einem Verzicht auf die Durchführung des Sekundärverfahrens kann der ausländische Konkursverwalter alle Befugnisse ausüben, die ihm nach seinem eigenen Recht zustehen. Er kann unter anderem Vermögenswerte des Schuldners von der Schweiz in die ausländische Konkursmasse überführen und in der Schweiz Prozesse führen. Allerdings ist es ihm auch unter dem neuen geltenden Recht nicht möglich, in der Schweiz hoheitliche Handlungen vorzunehmen.

Weitere Änderungen

Weitere Änderungen führen dazu, dass für in der Schweiz gelegene Niederlassungen eines ausländischen Schuldners nicht mehr zwingend ein eigener Niederlassungskonkurs durchgeführt werden muss, sondern dass die Gläubiger der betreffenden Zweigniederlassung ihre Forderungen im Hilfskonkursverfahren anmelden können, was Doppelspurigkeiten und Abgrenzungsschwierigkeiten verhindert. Des Weiteren können neu auch ausländische insolvenznahe Entscheidungen, wie etwa betreffend paulianische Anfechtungsansprüche, in der Schweiz anerkannt werden, was unter altem Recht ausgeschlossen war. Schliesslich besteht mit den neuen Bestimmungen eine Grundlage für die Koordination zwischen in- und ausländischen Konkursbehörden.


[1] Verordnung (EU) 2015/848 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2015 über Insolvenzverfahren (Neufassung) (EuInsVO), in den wesentlichen Teilen in Kraft seit 26. Juni 2017, sowie die dadurch abgelöste Verordnung (EG) Nr. 1346/2000 des Rates vom 29. Mai 2000 über Insolvenzverfahren (aEUInsVO).


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