Anpassung Pauschalreiserichtlinie

Kommission plant Anpassung der Pauschalreiserichtlinie „ans digitale Zeitalter“


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Die Europäische Kommission hat einen Vorschlag zur Anpassung der Pauschalreiserichtlinie veröffentlicht. Mit diesem soll die über zwanzig Jahre alte Richtlinie an die neusten Entwicklungen angepasst werden, namentlich an die von immer mehr Konsumenten genutzte Möglichkeit, Reisen im Internet zu buchen. Neu sollen neben vom Veranstalter vorab festgelegten Reisen auch Reisearrangements erfasst sein, die der Konsument bspw. auf einer Online-Buchungsplattform selbst zusammenstellt. Der Vorschlag wird demnächst im Rat und im Parlament beraten werden. Wann die revidierte Richtlinie in Kraft treten wird, ist derzeit noch nicht absehbar.

Anpassung an neuen Entwicklungen und Technologien nötig

Vor über 20 Jahren erliess die EU-Vorgängerin EWG die Pauschalreiserichtlinie. Zu dieser Zeit wurden Urlaubsreisen überwiegend im Reisebüro gebucht. Seither hat sich der Reisemarkt erheblich gewandelt, vor allem aufgrund des Internets. Geplant ist deshalb eine „Anpassung des EU-Pauschalreiserechts ans digitale Zeitalter“. Die Kommission reagiert damit nach eigenen Angaben auf Forderungen der Wirtschaft und der Konsumenten. Sie erhofft sich von der Revision insbesondere durch mehr Vertrauen und Zufriedenheit unter den Reisenden eine Stärkung des europäischen Tourismus.

Hintergrund der Änderung ist gemäss Mitteilung der Kommission namentlich, dass immer mehr Urlauber nicht mehr im Voraus zusammengestellte Pauschalreisen kaufen, sondern sich ihre Reisen selbst zusammenstellen und zu diesem Zweck einzelne Bestandteile von Reisen beim gleichen oder bei verschiedenen Anbietern buchen. Diese Entwicklung habe zu Unklarheiten geführt, da weder für die Konsumenten noch für die Anbieter klar sei, ob solche Buchungen von der bestehenden Pauschalreiserichtlinie erfasst sind.

Die wichtigsten Änderungen im Überblick

Der Vorschlag der Kommission, der nun sowohl vom Parlament als auch vom Rat gutgeheissen werden muss, bevor er in Kraft treten kann, präzisiert die Richtlinie und passt sie den genannten Entwicklungen an. Die Anpassung geschieht in sechs Hauptpunkten:

  • Erstens wird der Geltungsbereich auf neue, handelsübliche Reisearrangements ausgedehnt. Neu sollen auch die oben genannten, durch den Reisenden selbst zusammengestellten Reisen von der Richtlinie erfasst sein. Gleichzeitig wird der Geltungsbereich in Bezug auf Geschäftsreisen eingeschränkt: Geschäftsreisen, die im Wege eines Rahmenvertrags von einem auf die Organisation von Geschäftsreisen spezialisierten Anbieter gekauft werden, sind neu von der Richtlinie ausgenommen.
  • Zweitens soll der Vorschlag eine grössere Markttransparenz gewährleisten. Dies soll dadurch erreicht werden, dass alle Reisenden aufgrund einer neuen Hinweispflicht für die Reiseveranstalter oder -vermittler eindeutig feststellen können, ob ihnen eine Pauschalreise angeboten wird oder nicht. Darüber hinaus werden die Informationspflichten geändert.
  • Drittens will die Kommission mit ihrem Vorschlag die besonderen Vorschriften für Prospekte aufheben, da es durch das Internet augenscheinlich weniger Bedarf an Informationen in gedruckter Form gäbe. Nach den aktuellen Bestimmungen waren Unternehmen verpflichtet, ihr Werbematerial nachdrucken zu lassen. Dadurch sind den Veranstaltern bisher gemäss Angaben der Kommission jährlich Kosten in Höhe von etwa 390 Mio. EUR entstanden.
  • Viertens sieht der Vorschlag neue Kündigungsrechte für die Reisenden vor. Neben dem derzeitigen Recht auf Übertragung des Vertrags, das beibehalten wird, räumt der Richtlinienvorschlag den Reisenden neu das Recht ein, vor Reiseantritt vom Vertrag zurückzutreten – unter Leistung einer angemessenen Entschädigung an den Veranstalter. Im Fall von höherer Gewalt wie z.B. Naturkatastrophen, Kriegsausbrüchen oder sonstigen Unruhen am Urlaubsziel wird den Reisenden das Recht eingeräumt, den Reisevertrag zu beenden, ohne eine Entschädigung zahlen zu müssen.
  • Fünftens enthält der Vorschlag ein neues System von Rechtsbehelfen bei Reisemängeln. Die Reisenden haben neu eine einzige Anlaufstelle, an die sich wenden können, wenn bei der Erfüllung der einzelnen Leistungen Probleme auftreten: Nach dem Richtlinienvorschlag haften ausschliesslich die Reiseveranstalter für die Erfüllung der gebuchten Leistungen. Die Kommission erhofft sich, dass die Veranstalter dadurch geneigt sein werden, die Unterauftragnehmer sorgfältiger auszuwählen. Hat der Reiseveranstalter seinen Sitz ausserhalb des EWR, sieht der Vorschlag vor, dass an seiner Stelle ein allfälliger, in einem Mitgliedstaat niedergelassener Reisevermittler in Anspruch genommen werden kann.
  • Sechstens wird die Insolvenzregel präzisiert. Die Mitgliedstaaten werden ausdrücklich verpflichtet, die nationalen Insolvenzschutzsysteme gegenseitig anzuerkennen.

Bedeutung für Schweizer Reiseanbieter

Das weitere Gesetzgebungsverfahren dürfte auch für Schweizer Reiseanbieter von Interesse sein. Reiseveranstalter, die ihre Leistungen auch Konsumenten in der EU anbieten und ihr Angebot auf diese ausrichten, sind grundsätzlich bereits heute verpflichtet, die Pauschalreiserichtlinie bzw. die Pauschalreisevorschriften des jeweiligen Landesrechts zu beachten.

Da die Schweiz weder Mitglied der EU noch des EWR ist, hat eine allfällige Änderung der Pauschalreiserichtlinie keine direkten Auswirkungen für Angebote von Pauschalreisen innerhalb der Schweiz. Da das schweizerische Bundesgesetz über Pauschalreisen aber eng an die europäischen Vorschriften angelehnt ist, ist nicht auszuschliessen, dass auch die Schweiz ihr Gesetz anpassen würde, wenn die EU den Vorschlag in dieser Form annimmt.

Schweizer Anbieter von Pauschalreisen sollten die weitere Entwicklung deshalb mitverfolgen.

Weitere Informationen:

Ansprechpartner: Lukas Bühlmann


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