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Der Höchstzinssatz für Barkredite soll vom 1. Juli 2016 an von 15% auf 10% Zins pro Jahr herabgesetzt werden, für Kreditkartenüberzüge auf 12%. Ausserdem soll er künftig regelmässig überprüft werden. Dies hat der Bundesrat am 11. Dezember 2015 aufgrund des anhaltend tiefen Zinsniveaus beschlossen.
Umstrittene Konsumkredite
Die Vergabe von Konsumkrediten wird gleichsam argwöhnisch beobachtet wie auch begrüsst. Während Kritiker vorbringen, dass Konsumkredite zur Verschuldung führen, machen Befürworter geltend, dem Kreditnehmer könne aus einer allfälligen Schuldenfalle geholfen werden. Durch den nachfolgend erörterten Entscheid des Bundesrates vom 11. Dezember 2015 hat diese Debatte neuen Aufwind erhalten.
Gesetzliche Grundlage für den Entscheid des Bundesrates
Gemäss Art. 14 des Konsumkreditgesetzes (KKG) muss der Bundesrat den höchstens zulässigen Zinssatz für alle Kredite, die unter das KKG fallen, in der Verordnung zum Konsumkreditgesetz (VKKG) festhalten. Dabei hat er die von der Nationalbank ermittelten, für die Refinanzierung des Konsumkreditgeschäftes massgeblichen Zinssätze zu berücksichtigen.
Im Zuge der 2003 durchgeführten Revision der VKKG hat der Bundesrat den Höchstzinssatz auf 15% festgelegt. Seither blieb der Zinssatz unverändert.
Die Zinsen haben sich jedoch in den letzten Jahren konstant auf einem historisch tiefen Niveau bewegt. Dies führte zur Reduzierung der Refinanzierungskosten. Mit Blick auf das tiefe Zinsniveau hat der Bundesrat nun gehandelt und eine Anpassung der Höchstzinse für Konsumkredite vorgeschlagen. Am 11. Dezember 2015 verabschiedete der Bundesrat die entsprechende Verordnung.
Der Berechnungsmechanismus des Höchstzinssatzes
Der vom Bundesrat erarbeitete Mechanismus zur Berechnung des Höchstzinssatzes wird neu in der der VKKG festgehalten. Er gestaltet sich folgendermassen:
- Ausgangspunkt bildet der durch die Nationalbank ermittelte Dreimonatssatz des Libor (London Interbank Offered Rate)
- Auf diesen wird bei Barkrediten ein Zuschlag von 10 Prozentpunkten zugerechnet, wobei sich der Höchstzinssatz auf mindestens 10% belaufen muss. Bei Überziehungskrediten dagegen beträgt der Zuschlag 12 Prozentpunkte, wobei sich der Höchstzins auf mindestens 12% belaufen muss. Der Unterschied zwischen Barkrediten und Überziehungskrediten rechtfertigt sich gemäss Bundesrat durch die bei den Überziehungskrediten im Vergleich zu den Barkrediten für die Kreditgeber anfallenden Mehrkosten.
- Der auf diese Weise ermittelte Wert wird auf die nächste ganze Zahl auf- oder abgerundet.
Herabsetzung des Maximalzinssatzes von 15 auf 10 Prozent
Diese Berechnung führt dazu, dass der Höchstzinssatz per 1. Juli 2016 bei Barkrediten auf 10%, bei Überziehungskrediten auf 12% gesenkt werden soll, vorausgesetzt der Dreimonatslibor erhöht sich nicht drastisch. Davon muss im Moment nicht ausgegangen werden. In Zukunft soll eine alljährliche Überprüfung sowie gegebenenfalls Anpassung des Höchstzinssatzes stattfinden.
Kreditnehmer sollen von der Tiefzinsphase profitieren
Beim Vorschlag des Bundesrates handelt es sich um einen Kompromiss zwischen den Interessen der Konsumenten und den Interessen der Kreditinstitute. Konsumenten sollen von der anhaltenden Tiefzinsphase profitieren können, ohne dass dabei ein für die Anbieter gewinnbringendes Kreditgeschäft verunmöglicht würde. Der Bundesrat will zudem den präventiven Schutz vor Überschuldung stärken. Durch die Reduktion des Höchstzinssatzes und damit der geringeren Marge, sollen die Kreditinstitute bei der Vergabe riskanter Kredite vorsichtiger werden.
Der letzte Punkt ist ökonomisch nicht vollkommen überzeugend. Die geringere Marge kann durch eine höhere Anzahl vergebener Kredite ausgeglichen werden. Für den Konsumenten wird der Kredit mit dem reduzierten Höchstzins günstiger. Dies kann das Überschuldungsrisiko steigern. Der reduzierte Höchstzinssatz führt zudem dazu, dass auf Seiten des Konsumenten das präventive Signal des Zinssatzes noch weniger zur Geltung gelangt. Bei einem nicht regulierten Zinssatz würde das Kreditinstitut bei einem riskanten Kredit – d.h. bei einem Kreditnehmer mit wenig Sicherheiten und damit höherem Ausfallrisiko – in einer idealen ökonomischen Welt einen höheren Zinssatz anwenden. Damit würden die Kosten des Kredites für den Kreditnehmer steigen, was eine präventive Wirkung haben kann. Wenn der Staat in diesem Bereich überhaupt regulieren will – ausgehend von einem Weltbild des mündigen Bürgers, der in seinem Leben auch mal gelernt hat nein zu sagen, kann die Regulierungsnotwendigkeit mit guten Gründen verneint werden –, müsste aus präventiver Sicht eher die Frage gestellt werden, ob Konsumkredite nicht zu billig sind. Die befürchtete Überschuldung der Konsumenten entsteht letztlich nicht primär aufgrund der Zinskosten, sondern weil sie den Kreditbetrag nicht zurückzahlen können. Die Zinskosten sind dann lediglich ein „Kollateralschaden“.
Das erste Argument überzeugt ökonomisch mehr. Die Kosten der Kreditinstitute im Zusammenhang mit der Vergabe des Kredites sind bei Konsumkrediten mit kurzer Laufzeit relativ gering. Von den geringen Kosten sollten daher auch die Kreditnehmer profitieren. Die entscheidende Frage ist allerdings, ob dies durch staatliche Regulierung oder durch den Markt besser gewährleistet wird.
Weitere Informationen:
- Medienmitteilung des Bundesrates
- Bundesgesetz über den Konsumkredit (KKG)
- Verordnung zum Konsumkreditgesetz (VKKG)
- BR-News vom 22. November 2015: Rückblick Webinar „Inkrafttreten des revidierten Konsumkreditgesetzes (KKG) – Auswirkungen auf den Online-Handel“
- BR-News vom 10. April 2015: CH-Teilrevision des Konsumkreditgesetzes – Auswirkungen auf den Online-Handel?
Ansprechpartner: Dr. Michael Reinle