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Die Änderung des Kollektivanlagengesetzes (KAG) zur Einführung des «Limited Qualified Investor Fund» oder «L-QIF» wird nach aktueller Planung am 1. Januar 2023 in Kraft treten. Der L-QIF ist eine kollektive Kapitalanlage, die ausschliesslich qualifizierten Anlegern vorbehalten ist und keiner Bewilligung oder Genehmigung durch die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht FINMA (FINMA) bedarf[1]. Er kann in der Rechtsform des vertraglichen Anlagefonds, der Investmentgesellschaft mit variablem Kapital (SICAV) oder der Kommanditgesellschaft für kollektive Kapitalanlagen (KmGK) errichtet werden.
Ziel der Revision
Die Schaffung des L-QIF zielt insbesondere darauf ab, die internationale Attraktivität des Schweizer Finanzplatzes als Domizilland für kollektive Kapitalanlagen (Fonds) zu erhöhen, wie dies beispielsweise in Luxemburg der Fall ist, das insgesamt ein etwa fünfmal höheres Volumen an Anlagefonds als die Schweiz aufweist. In der Tat wird der L-QIF von vielen als innovative Alternative zu ausländischen Lösungen wie dem luxemburgischen «Fonds d’investissement alternatif réservé (FIAR)», dem maltesischen «Notified Alternative Investment Funds (NAIF)» oder dem irischen «Qualifying Investor Alternative Investment Fund (QIAIF)» gesehen, mit denen er Ähnlichkeiten aufweist. Die Einführung dieses neuen Fondstyps soll Investoren und Projektträgern vor allem im Immobilienbereich mehr Flexibilität und Anpassungsfähigkeit bieten. Der L-QIF wird u.a. in ein sehr breites Spektrum von Immobilien und Infrastrukturprojekte investieren können.
Keine direkte FINMA-Aufsicht
Wie bereits erwähnt, ist das Hauptmerkmal des L-QIF die Tatsache, dass weder vor noch nach der Auflegung des Fonds eine Genehmigung der FINMA erforderlich ist, weder als Bewilligungsträger noch als Produkt. Der L-QIF muss hingegen zwingend in ein öffentliches Register eingetragen werden. Somit ist der L-QIF flexibler und schneller zu gründen. Da die Auflagen für die Errichtung eines nach Schweizer Recht zugelassenen Fonds nicht gelten, ist ein L-QIF auch kostengünstiger. Beispielsweise ist ein solches Vehikel von der Prospektpflicht im Sinne des Finanzdienstleistungsgesetzes (FIDLEG) befreit. Zu beachten ist, dass der L-QIF in einem späteren Stadium seines Lebenszyklus bei Bedarf problemlos in eine von der FINMA regulierte und beaufsichtigte Fondsstruktur umgewandelt werden kann. Somit wird es den Marktteilnehmern möglich sein, schnell und kosteneffizient Fondsstrukturen in Form eines L-QIF einzurichten und diese bei Bedarf in regulierte Fondsstrukturen umzuwandeln, indem sie eine Genehmigung der FINMA beantragen. Der umgekehrte Weg ist ebenfalls möglich.
Die Qualität der kollektiven Anlage und die Anlagesicherheit werden dadurch gewährleistet, dass die Fondsleitung und der Fondsmanager von der FINMA bewilligte und beaufsichtigte Institute mit Sitz in der Schweiz sein müssen. Die Fondsleitung ist der Garant für die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften und jede Übernahme oder Aufgabe eines L-QIF ist dem Eidgenössischen Finanzdepartement melden. Damit wird den Schutzbedürfnissen der qualifizierten Anleger, denen diese Anlageform vorbehalten ist, vollumfänglich Rechnung getragen.
Der L-QIF ist selbst nicht dafür verantwortlich, die Einhaltung der Vorschriften zur Bekämpfung der Geldwäscherei zu gewährleisten.
Qualifizierte Anleger
Obwohl der L-QIF qualifizierten Anlegern im Sinne des KAG vorbehalten ist, besteht bei Immobilieninvestitionen eine Besonderheit. Denn im Gegensatz zu den zugelassenen Fonds können vermögende Privatkunden und die für sie errichteten Anlagestrukturen, die beantragt haben, als professionelle Kunden und damit als qualifizierte Anleger behandelt zu werden, keine Anteile an einem L-QIF zeichnen, der sein Vermögen direkt in Immobilienwerte investiert. Dies liegt daran, dass die Einkünfte aus dem direkten Immobilienbesitz sowie der Wert der Immobilien auf Fondsebene zu einem günstigeren Satz besteuert werden und nicht auf der Ebene der Anteilsinhaber. Der Gesetzgeber will hier verhindern, dass der L-QIF zur Umgehung der allgemeinen Besteuerungsregeln genutzt wird.
Das bedeutet somit, dass der L-QIF für diese Art von Investitionen institutionellen Anlegern, insbesondere Pensionskassen, Banken und Versicherungen, vorbehalten ist, unter Ausschluss von vermögenden Privatpersonen.
Anlagen in Immobilien und Entwicklungsprojekte
Er wird ihnen neben den bestehenden Kollektivanlagen (Anlagefonds, SICAV, KMGK) sowie den Anlagestiftungen Möglichkeiten bieten, ihre Investitionen zu dynamisieren und ihre Portfolios zu diversifizieren. Im Gegensatz zu klassischen SICAV und vertraglichen Immobilienfonds, die zahlreiche gesetzliche Vorschriften in Bezug auf die Diversifizierung, die Anzahl und Art der Immobilien oder den Anteil an im Bau befindlichen Immobilien einhalten müssen, können L-QIFs ihr Anlageuniversum viel freier definieren. Ein L-QIF kann sehr unterschiedliche Arten von Vermögenswerten halten, die sich sowohl in ihrer Klassifizierung als auch in ihrem Reifegrad unterscheiden (Strukturierung und Besitz eines Vermögenswerts während einer Immobilienentwicklungsphase im Vergleich zum Besitz eines langfristigen, reifen Immobilienwerts). Er kann auch dazu verwendet werden, nur wenige Vermögenswerte oder solche mit einer hohen Risikokonzentration zu halten. Dieses grosse Diversifizierungspotenzial ermöglicht es beispielsweise Pensionskassen, sich für diversifizierte Anlagestrategien zu entscheiden, wodurch sie ihre Renditen und damit die auszahlbaren Renten erhöhen und gleichzeitig durch die Verteilung ihrer Vermögenswerte auf mehrere Manager ein gesundes Risikomanagement aufrechterhalten können. Darüber hinaus bieten die Eigenschaften des L-QIF interessante Anwendungsmöglichkeiten als Investitionsvehikel für Immobilienentwicklungsprojekte. Beispielsweise wird es einem Entwickler oder Investor die Möglichkeit bieten, die Entwicklung von Immobilienprojekten mit dem Besitz von Immobilien zu kombinieren, was bei herkömmlichen Arten von kollektiven Kapitalanlagen nur eingeschränkt möglich ist.
Im Bereich der Immobilieninvestitionen bietet die Möglichkeit, den L-QIF in eine regulierte Anlage umzuwandeln, interessante Perspektiven für Bauträger, insbesondere wenn das Vehikel in einer ersten Phase zunächst zum Halten eines Immobilienentwicklungsprojekts verwendet wird und später schliesslich ein langfristiges Halten gewünscht wird.
Folgerung
Die Einführung dieses neuen Vehikels eine gute Nachricht für den Finanzplatz Schweiz und die Akteure im Immobilienbereich, insbesondere für Bauträger und institutionelle Investoren, die so zusätzliche Möglichkeiten erhalten, um ihre Entwicklungsprojekte zu realisieren bzw. ihre Investitionen zu dynamisieren und zu diversifizieren.
Es ist jedoch wichtig zu erwähnen, dass diese neue Anlagelösung nicht die Nachteile beseitigt, die Schweizer Fonds aufgrund des eingeschränkten Marktzugangs in der EU und des Verrechnungssteuerrechts erleiden.
[1] Siehe auch unsere Beiträge in den MLL-News vom 28. Juni 2019, 23. Januar 2020 und 16. September 2020: