LEGAL UPDATE REAL ESTATE 1/2016 – Aktuelle Entwicklungen für die Immobilienbranche


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1. Umweltrecht

1.1 Revision der Technischen Verordnung über Abfälle per 1. Januar 2016

Die Technische Verordnung über Abfälle regelt die Entsorgung von Abfällen. Um den Anforderungen an eine moderne Abfallpolitik zu entsprechen, wurde die Technische Verordnung über Abfälle total revidiert und unter der Bezeichnung „Verordnung über die Vermeidung und die Entsorgung von Abfällen“ (VVEA) per 1. Januar 2016 in Kraft gesetzt. Es geht dabei um Anpassungen an den gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und technischen Wandel der letzten zwanzig Jahre. Insbesondere soll der Vermeidung, Verminderung und gezielten Verwertung von Abfällen ein höherer Stellenwert eingeräumt werden.

Von praktischer Bedeutung ist dabei insbesondere der revidierte Art. 16 VVEA sein, welcher wie folgt lautet:

„1 Bei Bauarbeiten muss die Bauherrschaft der für die Baubewilligung zuständigen Behörde im Rahmen des Baubewilligungsgesuchs Angaben über die Art, Qualität und Menge der anfallenden Abfälle und über die vorgesehene Entsorgung machen, wenn:

a. voraussichtlich mehr als 200 m3 Bauabfälle anfallen; oder

b. Bauabfälle mit umwelt- oder gesundheitsgefährdenden Stoffen wie polychlorierte Biphenyle (PCB), polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK), Blei oder Asbest zu erwarten sind.

2 Sofern die Bauherrschaft ein Entsorgungskonzept nach Absatz 1 erstellt hat, muss sie der für die Baubewilligung zuständigen Behörde auf deren Verlangen nach Abschluss der Bauarbeiten nachweisen, dass die angefallenen Abfälle entsprechend den Vorgaben der Behörde entsorgt wurden.“

Bekanntlich sind viele Gebäude mit Baujahr vor 1990 asbestgefährdet. Bei Um- oder Rückbauarbeiten an solchen Gebäuden werden die Bauherren gestützt auf den revidierten Art. 16 VVEA inskünftig regelmässig (relativ aufwändige) Entsorgungskonzepte zu Handen der Baubewilligungsbehörden einreichen müssen. Damit wird eine Verschiebung der entsprechenden Ermittlungspflicht von den Unternehmern zu den Bauherren stattfinden.

1.2 Revision des Gewässerschutzgesetzes per 1. Januar 2016

Im März 2014 hat das Parlament eine Änderung des Gewässerschutzgesetzes (GSchG) beschlossen, welche am 1. Januar 2016 in Kraft trat.

Die Revision sieht die landesweite Finanzierung der Ausrüstung von rund 100 grösseren Abwasserreinigungsanlagen (ARA) (von insgesamt landesweit etwa 700 ARA) mit einer zusätzlichen Reinigungsstufe zur Beseitigung von Spurenstoffen vor. Durch diesen gezielten Ausbau sollte es möglich sein, rund 50 Prozent der Spurenstoffe aus dem Wasser zu eliminieren und folglich die Wasserqualität zahlreicher belasteter Fliessgewässer deutlich zu verbessern.

Das Investitionsvolumen für den Ausbau der ARA beträgt ca. 1,2 Mrd. CHF. Dadurch wird die Abwasserentsorgung um rund 6% verteuert. Gestützt auf die neuen Art. 60b und 61a GschG wird der Bund über die Gemeinden ab dem 1. Januar 2016 eine (bis längstens ins Jahr 2040 befristete) Abwasserabgabe von 9 Franken pro angeschlossenen Einwohner erheben. Je nach Stand der kommunalen Spezialfinanzierung Abwasser wird es daher zu Lasten der Einwohner in nächster Zeit zu einer Erhöhung der jährlich wiederkehrenden Grund- und/oder Mengengebühren kommen.

2. Lex Koller

Wie wir an dieser Stelle bereits berichteten, plant Bundesrätin Simonetta Sommaruga offenbar trotz des erst im Juni 2014 gefassten Parlamentsentscheids, mit welchem eine Verschärfung der Lex Koller abgelehnt wurde, nicht nur Lücken bei der Umsetzung der Lex Koller zu stopfen, sondern die vom Parlament eigentlich verworfene Verschärfung der Lex Koller voranzutreiben. Offenbar ist geplant, einen entsprechenden Gesetzesentwurf in den nächsten Monaten in die Vernehmlassung zu schicken. Dies obwohl, wie aus der Bundesverwaltung kolportiert wird, für die Einbringung von vom Parlament verworfenen Vorstössen eigentlich eine informelle Sperrfrist von fünf Jahren gilt.

Die Vorlage dürfte auf einigen Widerstand stossen. So haben etwa Immobilienexperten des Berufsverbands RICS (die Arbeitsgruppe wurde von einem der Schreibenden geleitet) kürzlich einen unabhängigen Bericht veröffentlicht, der aufgrund einer Analyse von aktuellen Transaktionsdaten zum Schluss kommt, dass es für eine Revision der Lex Koller im jetzigen Zeitpunkt keinen sachlichen Grund gebe. Im Gegenteil fülle ausländisches Risikokapital auf dem Schweizer Immobilienmarkt für gewisse Spezialimmobilien (wie namentlich Industrie- und Hotelliegenschaften) eine Investitionslücke, die aufgrund fehlender inländischer Nachfrage entstehe. Wir legen den Bericht bei.

3. Inkrafttreten Zweitwohnungsgesetz und –verordnung am 1. Januar 2016

Wie an dieser Stelle schon mehrmals berichtet, haben sich die Schweizer Stimmberechtigen mit der Annahme der Zweitwohnungsinitiative am 11. März 2012 dafür ausgesprochen, den Zweitwohnungsbau zu beschränken.

Seither herrschte trotz der vom Bundesrat auf den 1. Januar 2013 in Kraft gesetzten Übergangsverordnung und den inzwischen ergangenen Richtungsentscheiden des Bundesgerichts eine gewisse Rechtsunsicherheit, welche auf dem Markt für Zweitwohnungen zu spürbarer Verunsicherung führte.

An seiner Sitzung vom 4. Dezember 2015 hiess der Bundesrat nun eine neue Zweitwohnungsverordnung gut. Gleichzeitig setzte er diese sowie das vom Parlament am 20. März 2015 verabschiedete Bundesgesetz über Zweitwohnungen auf den 1. Januar 2016 in Kraft.

Das Bundesgesetz über Zweitwohnungen setzt den Verfassungsartikel über die Zweitwohnungen (Art. 75b BV) um, den Volk und Stände am 11. März 2012 in der Abstimmung über die Initiative «Schluss mit dem uferlosen Bau von Zweitwohnungen!» angenommen hatten. Diese Verfassungsbestimmung führt das Gesetz in erster Linie dadurch aus, dass in Gemeinden mit einem Zweit- wohnungsanteil von über 20 Prozent keine neuen Zweitwohnungen mehr bewilligt werden dürfen. Zulässig bleibt die Erstellung von sog. „Erstwohnungen“, das heisst Wohnungen, die von Personen bewohnt werden, die ihren Erstwohnsitz in der betreffenden Gemeinde haben. Weiter ist der Bau von Wohnungen möglich, die Erstwohnungen gleichgestellt sind, wie namentlich solche zu Ausbildungs- oder Erwerbszwecken.

Neu gebaut werden dürfen auch Wohnungen, die touristisch bewirtschaftet werden. Touristisch bewirtschaftete Wohnungen können im Rahmen eines strukturierten Beherbergungsbetriebs erstellt werden, worunter Hotels und hotelmässige Residenzen zu verstehen sind (der Begriff des strukturierten Beherbergungsgesetzes wird in der neuen Zweitwohnungsverordnung näher umschrieben). Weiter können gemäss Zweitwohnungsgesetz Ortsansässige im Haus, in welchem sie wohnen, eine Einliegerwohnung erstellen. Voraussetzung ist in beiden Fällen, dass die Wohnungen dauerhaft und ausschliesslich zur kurzzeitigen Nutzung durch Gäste zu marktüblichen Bedingungen angeboten werden. Damit soll sichergestellt werden, dass mit dem Bau «warme Betten» entstehen.

Sog. „altrechtliche Wohnungen“, also Wohnungen, welche am 11. März 2012 schon bestanden oder rechtskräftig bewilligt waren, können frei umgenutzt und im Rahmen der vorbestandenen Hauptnutzfläche erneuert, umgebaut oder wieder aufgebaut werden. Innerhalb der Bauzonen können sie sogar um bis zu 30 Prozent der Hauptnutzfläche erweitert werden, sofern dabei keine zusätzlichen Wohnungen entstehen.

Wohnungen ohne Nutzungsbeschränkung können in Gemeinden mit einem Zweitwohnungsanteil von über 20 Prozent nur dann erstellt werden, wenn damit Hotelprojekte querfinanziert werden oder wenn geschützte oder ortsbildprägende Bauten innerhalb der Bauzone nicht anders erhalten werden können.

4. Mietrecht

Immer häufiger kommt es vor, dass Mieter für die Bezahlung des Mietzinses ihrer Wohnung auf Unterstützung durch das Sozialamt angewiesen sind. Dabei stellen sich aus Sicht des Vermieters zahlreiche Rechtsfragen.

So stellt sich insbesondere die Frage, ob eine Direktüberweisung des Mietzinses vom Sozialamt an den Vermieter rechtlich zulässig ist. Gemäss der bisherigen Praxis im Kanton Zürich wurde der vom Sozialamt beigesteuerte Betrag an die Wohnkosten in der Regel direkt dem sozialhilfebeziehenden Mieter ausbezahlt, welcher seinerseits den geschuldeten Mietzins gegenüber dem Vermieter beglich. Dies insbesondere aus datenschutzrechtlichen Gründen. Nur wenn das Risiko bestand, dass die Wohnkosten für andere Zwecke als für die Begleichung des Mietzinses verwendet wurden, war es zulässig, den Mietzins vom Sozialamt direkt an den Vermieter zu überweisen.

Am 27. Oktober 2014 wurde beim Regierungsrat des Kantons Zürich eine Motion betreffend die Anpassung des Sozialhilfegesetzes und der entsprechenden Verordnung eingereicht. Der Re- gierungsrat wurde in dieser Motion dazu aufgefordert, das kantonale Sozialhilfegesetz und die Verordnung soweit anzupassen, dass Direktzahlungen an den Vermieter (nach freiem Ermessen der Sozialhilfebehörden) generell möglich sein sollen. Im Juni 2015 nahm der Kantonsrat die Motion an. Es wird sich nun zeigen, ob Direktzahlungen an den Vermieter gestützt auf die geänderten Rechtsgrundlagen zur regelmässigen Praxis der Sozialhilfebehörden werden.

Neue Publikationen

 The Swiss Lex Koller remains in force without accentuation, Practical Law 11/2015

Commercial Real Estate Switzerland, Lawyers Monthly Magazine June 2015, p.77

Was ein Luxushaus ausmacht. Der fehlende Nutzen einzelner Eigenschaften macht eine Liegenschaft begehrlich; NZZdomizil, 24. Dezember 2015 – Nr. 299

Die weisse Pracht – Wer muss zur Schaufel greifen?

Vermietung von Stockwerkeigentum

Anhang

RICS-Impulse, Revision der Lex Koller


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