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Es freut uns, sie mit den aktuellsten MLL Legal Update Real Estate wiederum über aktuelle Entwicklungen für den Bereich der Immobilienwirtschaft zu informieren.
1. Building Information Modeling (BIM) und Baubewilligungsverfahren
BIM ist aktuell in aller Munde. Nicht nur die am Bau und Betrieb von Immobilien direkt Beteiligten setzen sich damit auseinander. Auch in der Rechtswissenschaft wird das Thema vermehrt diskutiert. Dabei geht es bspw. um die Frage, wie sich BIM auf das Baubewilligungsverfahren auswirkt.
Ein BIM-Bauwerksmodell enthält je nach Ausstattung sehr viele der für eine Baubewilligung gesetzlich geforderten Projektinformationen. Zudem lassen sich, rein technisch betrachtet, sehr viele der Prüfungen, denen ein Baugesuch zu unterziehen ist, anhand eines BIM-Modells durchführen, sei es mithilfe von programmierten Automatismen, sei es durch Unterstützung der manuellen Analyse. BIM-Software ist bei entsprechender Ausgestaltung grundsätzlich in der Lage, jene öffentlich-rechtlichen Bauvorschriften, welche als eindeutige Algorithmen formuliert werden können, abzubilden und Bauwerksmodelle automatisch in deren Licht zu überprüfen. Insoweit scheint BIM wie geschaffen für das Baubewilligungsverfahren.
Bauherrschaften, die mit BIM projektieren und eine entsprechende Programmierung vornehmen, können schon heute ohne weiteres bestimmte Vorgaben oder Vorschriften des öffentlichen Baurechts oder der einschlägigen technischen Normen programmieren, entsprechende automatisierte Prüfungen durchführen und so die Chancen ihres Baugesuches erhöhen.
Mit entsprechend eingerichteter Software könnten Baubewilligungsbehörden viele der im Be- willigungsverfahren erforderlichen Prüfungen auf einem mit dem Baugesuch eingereichten BIM- Modell durchführen. So könnten sie an Prüfungstiefe, Präzision und Effizienz hinzugewinnen.
Allerdings dürften heute noch die wenigsten Baubehörden technisch in der Lage sein, BIM-Modelle zu behandeln und zu analysieren.
Die heute geltenden Vorschriften über das Baubewilligungsverfahren gehen denn auch fast aus- nahmslos noch von Baugesuchen aus Papier und einer entsprechenden papierenen Verfahrensführung aus.
Hier können BIM-Erzeugnisse höchstens aufgrund einer freiwilligen Vereinbarung zwischen dem Gesuchsteller und der Baubehörde eingesetzt werden, und auch dies nur ohne direkte rechtliche Funktion sowie zusätzlich zu den vorgeschriebenen und rechtswirksamen Papierunterlagen. Einen Anspruch auf Einsatz von BIM-Modellen im Baubewilligungsverfahren oder auf Ersatz von traditio- nellen Gesuchsunterlagen durch BIM-Erzeugnisse hat jedoch gemäss aktuell geltendem Recht kein Gesuchsteller.
Es fehlt damit in allen Kantonen an Rechtsgrundlagen, die eine unmittelbar rechtswirksame Ver- wendung von BIM-Objekten im Baubewilligungsverfahren und die Ersetzung von traditionellen
Unterlagen durch BIM-Modelle und dergleichen erlauben würden. Das geltende Baubewilligungs- recht stützt sich überall ausschliesslich oder auch auf Papierdokumente und auf Planungserzeugnisse traditionellen Zuschnitts, so dass es für BIM-Objekte als solche nicht anschlussfähig ist, sondern nur mit aus solchen Objekten derivativ erzeugten Extrakten traditioneller Art – Pläne, Listen und dergleichen – umgehen kann.
Daher gibt es für Baugesuchsteller heute noch keinen Anspruch auf Ersatz von Gesuchsunterlagen durch BIM-Objekte und auch keine Möglichkeit, einen solchen Ersatz rechtsgültig mit der Behörde zu vereinbaren. Das gilt auch dann, wenn diese Objekte sämtliche erforderlichen Informationen enthalten und die verlangten traditionellen Unterlagen aus sich heraus generieren könnten, weil die Informationsspeicherung in dieser Form gesetzlich nicht vorgesehen ist. Erst recht gibt es, soweit ersichtlich, keine Rechtsgrundlage, gestützt auf die eine Behörde einen Bauwilligen gegen dessen Willen zur Einreichung von BIM-Objekten anhalten könnte, selbst wenn diese Objekte existieren und die Behörde technisch damit umzugehen wüsste. Nur eine (weitere) Gesetzesänderung kann hieran etwas ändern, und dies hat jedenfalls insofern sein Gutes, als die Verwendung von BIM im Baubewilligungsverfahren zahlreiche rechtliche Fragen aufwirft, die im Rahmen der Gesetzgebung zu klären sind.
Wo die einschlägige Gesetzgebung zugunsten einer Verwendung von BIM-Erzeugnissen im Baubewilligungsverfahren geändert wird (unabhängig davon, ob diese Verwendung beidseitig freiwillig bleibt, dem Gesuchsteller freigestellt wird oder für ihn zwingend ist), sind Regeln nicht nur über den Gegenstand, den Gehalt, die informationstechnologische Qualität und das Format der aus solchen Erzeugnissen bestehenden Gesuchsunterlagen aufzustellen, sondern auch über die Formen und Wege der Übermittlung dieser Unterlagen. Weiter ist festzulegen, welche Prüfungen von gesetzlichen Bauvoraussetzungen die Behörde in welcher Art und welchem Ausmass einer entsprechenden Software überantworten kann und welche Standards eine solche Software erfüllen muss. Zudem sind Vorschriften über die behördeninterne Haltung, die rechtsgültige Archivierung, die Pflege, die Aktualisierung und den Schutz der BIM-Daten zu erlassen (vgl. dazu sinngemäss Art. 33a Abs. 2, Abs. 4 und Abs. 5 des Neuenburger Baugesetzes). In Bezug auf die Aktualisierung ist primär an archivierte Baugesuche zu denken, die aufgrund von Änderungen der Realien angepasst werden; es geht hier aber auch um die früher eintretende Frage, inwiefern das der Bewilligung unterliegende BIM-Modell nach Bauvollendung so zu aktualisieren ist, dass es den effektiv gebauten Zustand (allenfalls auch mit nicht bewilligungsrelevanten Details) zeigt. Ebenso sind die Voraussetzungen und Modalitäten einer allfälligen Weitergabe dieser Daten an andere Behörden sowie der Zweck, der Gegenstand und der Umfang der zulässigen Verwendung der Daten durch die Behörden zu klären.
Ersetzen BIM-Instrumente dereinst gewisse Baugesuchsunterlagen, stellt sich im Besonderen auch die Frage, ob die gesetzlich vorgesehene öffentliche Auflage des Baugesuchs (bzw. des Plange- nehmigungsgesuchs) unter Gewährung von Einsicht lediglich in klassische, aus dem Modell ge- nerierte Unterlagen (Pläne usw.) oder aber unter Zurverfügungstellung des dem Gesuch beige- legten BIM-Modells (im reinen Lesemodus oder allenfalls auch unter Eröffnung der Möglichkeit gewisser Analysen) durchgeführt würde. Ebenso müsste geklärt werden, wie eine öffentliche Auflage des Baugesuchsmodells konkret zu bewerkstelligen wäre, zumal die adressierte Bevölkerung zumindest vorderhand nicht ohne weiteres über die entsprechende Software und die erforderlichen Kenntnisse verfügt. Eine allgemein zugängliche Einsichtsgewährung in das baugesuchsgegen-ständliche BIM-Modell könnte dabei wahrscheinlich am ehesten über eine geeignete Internet- Plattform sichergestellt werden, doch könnte diese Vorgehensweise wiederum spezifische Fragen bezüglich des Datenschutzes aufwerfen.
Ebenso wäre in einer die Verwendung von BIM-Instrumenten vorsehenden Gesetzgebung über das Baubewilligungsverfahren zu klären, welche Teile beziehungsweise Aspekte des eingereichten
BIM-Modells in welchem Detaillierungsgrad im Sinne der Rechtskraft der Baubewilligung verbind- lich werden und welche Teile offen bleiben, später also ohne Verstoss gegen die Bewilligung geändert werden können. Denn nicht alles, was ein BIM-Modell zum Zeitpunkt der Baugesuchstellung allenfalls bereits enthält, ist für die Zwecke des Bewilligungsverfahrens erforderlich; mitunter wird das Modell bereits sehr detailreich sein.
Insgesamt wird es somit wohl noch einige Zeit dauern, bis BIM voll in den Amtsstuben der Bau- behörden ankommen wird.
2. Energiewende
Die Energiewende gibt in der Schweiz aktuell viel zu diskutieren. Nachdem die Räte im Herbst 2016 das erste Massnahmenpaket zur Energiestrategie 2050 beschlossen, lehnte das Volk die Atomausstiegsinitiative im November 2016 ab.
Im Sommer 2016 fasste das Bundesgericht ein in der Elektrizitätsbranche lange erwartetes Urteil zur Frage, ob ein Verteilnetzbetreiber (VNB) die Kosten seiner Eigenproduktion und seiner lang- fristigen Bezugsverträge voll in die Tarife seiner grundversorgten Endverbraucher (Endkunden) einrechnen darf. Das Bundesgericht lehnte die Auffassung des VNB ab und bejahte die Gesetz- mässigkeit der sogenannten „Durchschnittspreis-Methode“ der Eidgenössischen Elektrizitäts- kommission (ElCom). Gemäss dieser Methode der ElCom dürfen die Kosten der Eigenproduktion nicht vollständig den grundversorgten Endkunden zugeordnet werden, wenn der VNB neben den grundversorgten Endkunden auch Marktkunden hat.
Bisher gingen viele Stromfirmen wie folgt vor: Der günstig eingekaufte Strom ging an die Gross- kunden; der teuer selber produzierte Strom an die Haushalte und kleinen Firmen – an solche, die den Anbieter nicht wechseln konnten, weil sie nicht auf dem freien Markt waren, wie die Gross- kunden. Das dürfte sich nach dem vorerwähnten Bundesgerichtsentscheid ändern. Wie stark die Preise für die Privatkunden sinken werden, ist allerdings schwer abzuschätzen. Der VNB wird als Folge davon weniger Einnahmen erzielen und eventuell sogar einen Verlust erleiden. Steigt der VNB aus dem Geschäft mit den Marktkunden aus, erhöhen sich die Grundversorgungstarife wieder. Wird die Eigenproduktion nicht erneuert, steht dies – zumindest in Bezug auf die Wasserkraft – in einem Zielkonflikt zur Energiestrategie 2050, welche die erneuerbaren Energien stärken will. Darüber hinaus stellt sich die politische Frage, ob der bestehende Eigenenergieversorgungs- grad der Schweiz erhalten bleiben soll.
Das Bundesgericht wies in seinem Urteil ausdrücklich auf die negativen Folgen für die VNB hin; diese seien vom damaligen Gesetzgeber bewusst in Kauf genommen worden. Daher sei es am (heutigem) Gesetzgeber zu entscheiden, ob die negativen Auswirkungen für die VNB tatsächlich gewollt sind. Der politische Prozess zur Meinungsbildung des Gesetzgebers ist denn auch bereits im Gang. So sind derzeit politische Bestrebungen im Gange, Artikel 6 Absatz 5 des Stromver- sorgungsgesetzes, welcher der „Durchschnittspreis-Methode“ zu Grunde liegt, rückwirkend per
- Dezember 2016 ausser Kraft zu setzen. Der Ständerat hat im Rahmen des Gesetzgebungs- projekts „Strategie Stromnetze“ am 8. Dezember 2016 einen entsprechenden Antrag der Energie- kommission des Ständerates angenommen. Die Vorlage geht nun in den Nationalrat. Sollte der Antrag auch vom Zweitrat angenommen werden, könnte die Durchschnittspreis-Methode rückwirkend per 1. Dezember 2016 nicht mehr durchgesetzt werden.
Derweil hat die SVP gegen das Erste Massnahmenpaket zur Energiestrategie 2050 das Referen- dum ergriffen. Die entsprechende Volksabstimmung wird im Mai 2017 erwartet.
Die auch für die Immobilienwirtschaft zentrale Energiewende wird also auch in naher Zukunft viel zu diskutieren geben.
3. Lex Koller
3.1 Neuer Bundesgerichtsentscheid zur ausländischen Immobilienfinanzierung
Am 4. November 2016 hat sich das Bundesgericht wieder einmal zur ausländischen Finanzierung von in der Schweiz gelegenen Immobilien geäussert.
Konkret zu beurteilen war der Fall einer in Dubai wohnhaften Schweizerin, die mit einem Briten verheiratet ist. Die Frau wollte im Kanton Freiburg zwei Grundstücke zum Preis von gut CHF 1,6 Millionen erwerben, und zwar als Alleineigentümerin. Die Freiburger Behörden teilten der Frau mit, dass der Grundstückserwerb nicht der Lex Koller unterstehe und also nicht bewilligungspflichtig sei. Gegen diesen Entscheid erhob das Bundesamt für Justiz Beschwerde mit dem Argument, dass der Hauptteil der Kaufsumme vom ausländischen Ehemann und nicht von der Schweizerin selber bezahlt werde.
Das Bundesgericht schloss sich der Auffassung des Bundesamts für Justiz an. Es führte unter Verweis auf Art. 5 des Bundesgesetzes über den Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland aus, dass Auslandschweizer (wie die in der Schweiz wohnhaften Schweizer) grundsätzlich zwar keine Bewilligung benötigen, wenn sie ein Haus oder eine Wohnung in der Heimat erwerben wollen. Anders könne es aber aussehen, wenn der Kauf ganz massgeblich durch einen ausländischen Gläubiger fremdfinanziert werde.
Gemäss Art. 1 Abs. 2 lit. b der Verordnung über den Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland gelten als „andere Rechte, die dem Erwerber eine ähnliche Stellung wie dem Eigentümer eines Grundstücks verschaffen“ und damit zu einer Bewilligungspflicht führen „die Finanzierung des Kaufes oder der Überbauung eines Grundstücks, wenn die Abreden, die Höhe der Kredite oder die Vermögensverhältnisse des Schuldnern den Käufer oder Bauherrn in eine besondere Abhängigkeit vom Gläubiger bringen“.
Bewegt sich der ausländische Kredit in der üblichen Grenze von zwei Dritteln des Verkaufswerts des Grundstücks, braucht es gemäss der Praxis des Bundesgerichts keine Bewilligung. Beträgt die Finanzierung dagegen 80 Prozent oder mehr, untersteht der Grundstückkauf der Lex Koller; dem Gläubiger komme in diesen Fällen eine eigentümerähnliche Stellung zu. Vorliegend ist dies laut Bundesgericht der Fall: Der in Dubai wohnhafte britische Ehemann würde rund 400’000 Franken an den Kaufpreis beisteuern, zudem erhielte das Paar den vereinbarten Hypothekarkredit von gut 1,1 Millionen Franken einzig und allein wegen des Einkommens des Ehemannes. Alles in allem beliefe sich der Anteil des britischen Ehemannes an der Finanzierung des Immobiliengeschäftes damit auf über 90 Prozent des Kaufpreises, rechneten die Bundesrichter vor.
Sind an der Finanzierung von nicht Betriebsstätte-Grundstücken (also insbesondere (hauptsäch- lich) Wohnzwecken dienenden Immobilien) Personen im Ausland beteiligt, gilt es aufgrund der strengen Praxis des Bundesamts für Justiz und des Bundesgerichts genau hinzuschauen und im Zweifelsfall eine allfällige Bewilligungspflicht der Transaktion vorab sorgfältig abzuklären.
3.2 Diskussion betreffend Erweiterung der Bewilligungspflicht auf Anlagen zur Energiegewinnung
Christoph Blocher, der Vordenker der SVP, forderte im Rahmen der Diskussion um die Energie- wende und den Eigenenergieversorgungsgrad der Schweiz (vgl. dazu Ziff. 2 hiervor) im Dezember 2016 ein Verbot, Schweizer Kraftwerke ins Ausland zu verkaufen. Damit reagierte er auf die An- kündigung des Alpiq-Konzerns, 49 Prozent seines Wasserkraft-Portfolios zu veräussern. In diesem Punkt könnte es zu einer Allianz der SVP mit der SP kommen. SP-Nationalrätin Jacqueline Badran hat im Zuge der Energiedebatte bereits gefordert, Schweizer Kraftwerke der Lex Koller zu unterstellen. Damit dürfte demnächst wohl bereits über eine über die vom Bundesrat im Frühling 2015 angekündigte Revision betreffend Betriebsstättegrundstücke und börsenkotierte Wohnimmobilien- gesellschaften hinausgehende übernächste Revision der Lex Koller diskutiert werden. Die Ver- nehmlassung für die nächste Revision der Lex Koller ist gemäss aktuellem Stand nun für Februar 2017 angekündigt.
4. Mietrecht
Am 10. März 2016 hat sich das Bundesgericht in einem interessanten Urteil zu den Folgen des Heimfalls einer vermieteten Baurechtsliegenschaft für das Mietverhältnis geäussert.
Läuft ein selbstständiges und dauerndes Baurecht ab und fällt die im Baurecht erstellte, vermietete Baute heim, liegt gemäss diesem Urteil kein Veräusserungstatbestand i.S.v. Art. 261 Abs. 1 OR vor, wenn der Mietvertrag im Grundbuch vorgemerkt war1. In solchen Fällen sei dem Mieter mit der Vormerkung tatsächlich zur Kenntnis gebracht worden, wann die im Baurecht erstellte Baute heimfallen werde; ob er sich später noch daran erinnere, sei belanglos. Da der Mieter dem Heimfall mit der rechtzeitigen Suche nach einem Ersatzobjekt hätte zuvorkommen können, sei sein Interesse an einem Übergang des Mietverhältnisses nicht schützenswert. Ob Art. 261 OR (analog) anwend- bar ist, wenn der Mieter den Zeitpunkt des Heimfalls nicht kennen konnte, liess das Bundesgericht offen.
1 Art. 261 Abs. 1 OR sieht vor, dass der Mietvertrag bestehen bleibt, wenn der Vermieter das Mietobjekt nach Abschluss des Mietvertrags veräussert.
Neue Publikationen
The Swiss Lex Koller before its next revision, Practical Law, November 2016
Kommentierung von BGE 141 III 201 (Zulässigkeit von Schiedsgutachten; Luxuswohnung)