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1. Moratorium zur Ausweitung der Bauzonen
Das Bundesgericht hat am 26. Mai 2016 zum ersten Mal über einen Fall betreffend Moratorium zur Ausweitung der Bauzonen in den Kantonen entschieden. Auf Beschwerde des Bundesamts für Raumentwicklung hat das Bundesgericht an einer öffentlichen Sitzung die Neueinzonung von Gewerbeland in der Waadtländer Gemeinde Orbe aufgehoben. Die Einzonung hätte mitunter der Expansion eines Unternehmens gedient.
Das revidierte Bundesgesetz über die Raumplanung (RPG) sieht eine Frist von fünf Jahren nach Inkrafttreten der Änderung vom 15. Juni 2012 vor, innerhalb welcher die Kantone ihre Richtpläne an die neue Gesetzgebung anpassen müssen. Innerhalb dieser Übergangsfrist dürfen die Bauzonen in den Kantonen nicht vergrössert werden. Neueinzonungen sind nur bei vorgängigen oder gleichzeitigen Rückzonungen zulässig. In Fällen von kantonal bedeutsamen, dringend notwendigen Einzonungen sieht die Raumplanungsverordnung (RPV) vor, dass eine entsprechende Rückzonung ausnahmsweise zeitlich aufgeschoben werden darf.
Im Fall der Gemeinde Orbe hatte der Gemeinderat 2013 die Änderung eines Teilnutzungsplans beschlossen und die Industrie- und Gewerbezone um 42‘000 Quadratmeter ausgeweitet, ohne andernorts die gleiche Fläche auszuzonen. Die Neueinzonung sollte unter anderem der Expansion eines bereits dort ansässigen Unternehmens dienen sowie Arbeitsplätze schaffen und habe daher als dringlich zu gelten. Das Bundesgericht hat diese Neueinzonung jedoch aufgehoben. Es hielt fest, das Ausnahmen von der gleichzeitigen Kompensation einer Neueinzonung restriktiv zu handhaben seien. Als dringend notwendig könnte etwa der Bau eines Kantonsspitals oder anderer öffentlicher Einrichtungen gelten. Das Interesse an der Schaffung von Arbeitsplätzen sei zwar legitim, es bestehe in der Gemeinde Orbe jedoch keine Dringlichkeit, welche einen allfälligen Aufschub der entsprechenden Auszonung rechtfertigen würde. Die Neueinzonung in Orbe könne erst dann genehmigt werden, wenn entsprechende Auszonungen in Orbe oder in anderen Waadt- länder Gemeinden in Kraft getreten seien.
2. Ausnahmsweise Zulässigkeit der «Lüftungsfensterpraxis»
Am 16. März 2016 hat sich das Bundesgericht in einer öffentlichen Beratung zur Zulässigkeit der sogenannten «Lüftungsfensterpraxis» geäussert. Es hat sich mit der Frage beschäftigt, ob es beim Bauen in lärmbelasteten Gebieten ausreiche, lediglich an den am wenigsten exponierten Lüftungsfenstern der lärmempfindlichen Räume Lärmmessungen durchzuführen.
In der Aargauer Gemeinde Niederlenz hatte der Gemeinderat 2013 die Bewilligungen für den Bau von drei Einfamilienhäusern erteilt. Die dafür vorgesehene Wohnzone grenzt an eine Arbeitszone, in welcher ein Industriebetrieb erheblichen Lärm verursacht. Weil die Immissionsgrenzwerte für Lärm nicht an allen Fenstern der lärmempfindlichen Räume eingehalten wurden, hatte das Verwaltungsgericht des Kantons Aargau die Baubewilligungen mit Entscheiden vom 23. Januar 2015 aufgehoben. Gegen diese verwaltungsrechtlichen Entscheide erhoben die Grundeigentümer der projektierten Einfamilienhäuser Beschwerde beim Bundesgericht. Sie beriefen sich auf die von zahlreichen Kantonen angewandte «Lüftungsfensterpraxis», wonach die Lärm-Immissionsgrenzwerte nur an einem Fenster pro lärmempfindlichen Raum eingehalten werden müssen. Das Bundesgericht hat die Beschwerde mit Urteil vom 16. März 2016 abgewiesen. Es begründete seinen Entscheid damit, dass das Umweltschutzgesetz und die Lärmschutzverordnung entsprechend ihrem Schutzgedanken verlangen würden, dass die Immissionsgrenzwerte an allen Fenstern lärmempfindlicher Räume einzuhalten seien. Diese Voraussetzung sei bei allen drei Einfamilienhäusern nicht erfüllt. Die «Lüftungsfensterpraxis» gewisser Kantone führe damit zur Aushöhlung des vom Gesetzgeber angestrebten Gesundheitsschutzes und senke den Druck auf die Gemeinwesen, Massnahmen zur Verhinderung von schädlichen oder lästigen Lärmimmissionen an der Quelle zu prüfen und anzuordnen. Allerdings sei einzuräumen, dass Zielkonflikte zwischen dem Lärmschutz und dem raumplanerischen Interesse an einer haushälterischen Bodennutzung und der Siedlungsverdichtung bestünden. Erst wenn alle zumutbaren Lärmschutzmassnahmen ausgeschöpft seien und das Bauprojekt der qualitativ angemessenen Siedlungsentwicklung und -verdichtung diene, komme eine Ausnahmebewilligung durch die zuständige kantonale Behörde in Betracht. Dies sei vorliegend jedoch nicht der Fall.
3. Wohnungsmangel in Genf – der berüchtigte Art. 39 LDTR
Zu den Gesetzen, die in Genf kontrovers diskutiert werden, gehört das Gesetz über den Abbruch, die Umwandlung oder die Renovierung von Wohnungen (LDTR). Linke und rechte Parteien lancieren daher regelmässig Gesetzesvorlagen und Initiativen. Am 6. Juni 2016 wurde über eine Änderung des Art. 39 LDTR abgestimmt, der die Bedingungen für die Veräusserung von vermieteten Wohnungen regelt. Das Genfer Volk hat diese Gesetzesänderung abgelehnt. Weitere Änderungsvorschläge sind jedoch in der Pipeline.
Um dem Mangel an benötigten Mietwohnungen zu begegnen, legt Art. 25 Abs. 1 LDTR fest, dass Wohnungen, die bis anhin zur Vermietung vorgesehen waren, ihren Vermietungszweck beibehalten müssen.
Ergänzt wird diese Bestimmung durch den besagten Art. 39 LDTR, welcher vorschreibt, dass die Veräusserung einer vermieteten Wohnung, die zu einer bestimmten Wohnungskategorie gehört, einer Genehmigung durch das zuständige Departement für Raumplanung, Wohnungsbau und Energie bedarf. Das Departement kann die Genehmigung bei überwiegendem öffentlichen oder allgemeinen Interesse ablehnen, wobei in Zeiten des Wohnungsmangels die Erhaltung des Ver- mietungszwecks der vermieteten Wohnungen als ein öffentliches und allgemeines Interesse gilt. Art. 13 der Durchführungsverordnung zum LDTR präzisiert, dass bei der Prüfung eines Genehmigungsantrags die vorliegenden privaten und öffentlichen Interessen abzuwägen sind, wobei als überwiegende private Interessen die Notwendigkeit der güterrechtlichen Auseinandersetzung, die Notwendigkeit der Umsetzung eines Sanierungsplans und der Wechsel des Wohnsitzes in einen anderen Kanton gelten.
Art. 39 LDTR selbst sieht ferner einen Sondertatbestand eines privaten Interesses vor: Falls ein Mieter seine Wohnung, die er seit mindestens drei Jahren effektiv bewohnt, erwerben möchte, hat diese Erwerbsabsicht vor dem öffentlichen Interesse Vorrang, sofern 60% der anderen Mieter sich mit diesem Erwerb einverstanden erklären, nachdem sie die Garantie erhalten haben, dass sie nicht gezwungen werden, ihre Wohnung zu kaufen oder zu verlassen.
Das Bundesgericht hat in einem Entscheid Anfang 2013 die Bewilligungspraxis des Departements für diesen Sondertatbestand umgestossen, indem es das Urteil der zweiten kantonalen Instanz bestätigte. Dieses hielt fest, dass zwar davon auszugehen sei, dass das Privatinteresse des Mieters, der seine Wohnung erwerben möchte, das öffentliche Interesse grundsätzlich überwiege, dass Art. 39 LDTR diesbezüglich jedoch nur eine Vermutung aufstelle und die Behörde nicht von der Pflicht einer Abwägung sämtlicher vorhandener Interessen befreie. Die Folgen dieses Entscheids waren für die Privatpersonen einschneidend, da das Department systematisch das Vor- liegen eines überwiegenden öffentlichen Interesses (in Form eines Wohnungsmangels in Genf) geltend machte und zahlreiche auf diesen Sondertatbestand gestützte Genehmigungsanträge ablehnte. Aufgrund dieses Entscheids war eine Revision von Art. 39 vorgesehen, gemäss der bei Erfüllung des Sondertatbestands eine Interessensabwägung verboten sein sollte und der betroffene Mieter die Wohnung kaufen könne. Die Revision wurde jedoch in der Volksabstimmung vom Juni 2016 abgelehnt.
Eine erfreuliche Entwicklung zeigt sich allerdings in einem neueren Entscheid des Bundesgerichts, in welchem es seine strenge, oben ausgeführte Praxis etwas lockerte. So führte es aus, dass die Behörde zwar eine vollständige Abwägung der vorhandenen Interessen vornehmen müsse (Art. 13 der Durchführungsverordnung zum LDTR). Die Behörde dürfe sich aber nicht damit begnügen, sich auf den allgemeinen Ablehnungsgrund der Notwendigkeit zur Erhaltung der Wohnung zu stützen.
Ansonsten sei es so gut wie nie möglich, eine Verkaufsgenehmigung zu erhalten. Die Behörde müsse konkrete Umstände nachweisen, aus denen hervorgehe, dass der Verkauf keinem realen Bedürfnis des Erwerbers oder des Verkäufers entspreche, sondern beispielsweise zu spekulativen Zwecken erfolge.
Art. 39 LDTR sieht ferner Gründe vor, bei deren Vorliegen die Veräusserung einer vermieteten Wohnung zu genehmigen ist. Insbesondere ist gemäss Abs. 4 die Veräusserung zu genehmigen, wenn die Wohnung (a) seit ihrer Erbauung dem Rechtsstatus des Stockwerkseigentums oder einem ähnlichen Eigentumsstatus unterliegt; (b) am 30. März 1985 dem Rechtsstatus des Stockwerkseigentums oder einer ähnlichen Form des Eigentumsstatus unterlag und bereits in individualisierter Form veräussert worden ist; (c) nie vermietet worden ist; oder (d) mindestens einmal Gegenstand einer Veräusserungsgenehmigung nach LDTR war, wobei eine Genehmigung grundsätzlich jeweils nur für eine Wohnung erteilt werden kann und nicht für Verkäufe von mehreren Wohnungen.
Eine Volksinitiative vom 23. Mai 2014 bedarf in diesem Kontext der Beachtung. Sie betrifft die Änderung des Gesetzes über die Entwicklungszonen (LGZD), welche ebenfalls eine Änderung von Art. 39 Abs. 4 nach sich ziehen würde, indem sie für Erwerber einer Wohnung in der Entwicklungszone eine Wohnpflicht vorschreibt. Somit könnte die Veräusserung einer solchen Wohnung, falls sie während der Periode der staatlichen Kontrolle (10 Jahre) nicht durch den Erwerber selbst bewohnt wurde, nicht aufgrund dieser Bestimmung genehmigt werden, was grundsätzlich jeden Verkauf ausschliessen würde, solange ein Wohnungsmangel vorliegt und keine wichtigen Gründe gegeben sind. Sollte diese Initiative nicht in einen Gesetzesentwurf umgewandelt und vom Grossen Rat angenommen werden, wird sie wahrscheinlich Gegenstand eines Gegenentwurfs, der wiederum einem Volksentscheid unterliegen wird. Das Seilziehen um die LDTR hält somit an.
4. Sachliche Zuständigkeit im Mietausweisungsverfahren
Das Bezirksgericht Rheinfelden hat sich am 2. Oktober 2015 beispielhaft zur Frage der sachlichen Zuständigkeit in einem Mietausweisungsverfahren geäussert. Es hat festgehalten, dass der Vermieter unter gegebenen Umständen die sachliche Zuständigkeit (Bezirks- oder Handelsgericht) durch die Wahl der Verfahrensart beeinflussen könne.
Bei Streitigkeiten aus Miete und Pacht von Wohn- und Geschäftsräumen, bei Verfahren betreffend die Hinterlegung von Miet- und Pachtzinsen, beim Schutz von missbräuchlichen Miet- und Pachtzinsen, beim Kündigungsschutz oder bei der Erstreckung des Miet- oder Pachtverhältnisses, d.h. bei der zum Kernbereich des Miet- und Pachtrechts zählenden Materie, wozu auch das Ausweisungsverfahren zählt, ist unabhängig vom Streitwert grundsätzlich das vereinfachte Verfahren anwendbar. Da das vereinfachte Verfahren gemäss Art. 243 der Zivilprozessordnung (ZPO) vor dem Handelsgericht keine Anwendung findet, ist für eine Mietausweisung das Bezirksgericht (und nicht das Handelsgericht) sachlich zuständig. Anders verhält es sich lediglich dann, wenn die Mietausweisung im Verfahren betreffend Rechtsschutz in klaren Fällen beantragt wird. In einem solchen Fall wird der Prozess im summarischen Verfahren (und nicht im vereinfachten Verfahren) durchgeführt. Sofern die übrigen Voraussetzungen erfüllt sind, d.h. insbesondere, wenn die Streitwertgrenze von CHF 15‘000 erreicht wird, fällt das Verfahren in die sachliche Zuständigkeit des Handelsgerichts. Für die sachliche Zuständigkeit ist daher mitentscheidend, ob das Verfahren durch den Vermieter auf dem Weg des Rechtsschutzes in klaren Fällen beantragt wird oder nicht.
5. Lex Koller
Die Eröffnung der Vernehmlassung zur Änderung des Bundesgesetzes über den Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland (BewG) ist nun Ende 2016 geplant.
6. Lancierung von IMMOVESTORE
An dieser Stelle möchten wir auf die Lancierung der ersten digitalen Immobilien-Plattform für institutionelle Investoren hinweisen: www.IMMOVESTORE.ch
IMMOVESTORE (Immobilien, Investor, Store) bietet den registrierten Teilnehmern eine einfache, übersichtliche und transparente Plattform, um Immobilienobjekte kostenbewusst anzubieten und zielgerichtet zu finden. Zudem will IMMOVESTORE der Treffpunkt für institutionelle Anleger sein, welche sich für Schweizer Immobilienfonds und Immobilienaktiengesellschaften interessieren.
Schauen Sie doch einmal rein.