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Mit dem gestrigen Ablauf der Referendumsfrist zum Bundesgesetz über den internationalen automatischen Informationsaustausch in Steuersachen steht der Einführung des automatischen Informationsaustausches (AIA) nichts mehr im Weg. Die Schweizer Steuerbehörden werden in Zukunft detaillierte Angaben über ausländische Vermögenswerte von Schweizerinnen und Schweizern erhalten. Soweit solche ausländischen Vermögenswerte nicht in der Schweizer Steuererklärung der betroffenen Person enthalten sind, bietet sich im Kalenderjahr 2016 wohl die letzte Chance, diese Werte straffrei offenzulegen und nachzuversteuern.
Funktionsweise des automatischen Informationsaustausches
Unter den Regelwerken zum automatischen Informationsaustausch sind ausländische Finanzinstitute sowie bestimmte kollektive Anlagevehikel und Versicherungsgesellschaften verpflichtet, gewisse Finanzinformationen ihrer Schweizer Kunden zu sammeln. Neben den persönlichen Kundendaten umfassen diese Informationen auch die Erträge und Jahresendsaldi der entsprechenden Konten oder Versicherungspolicen. Das Finanzinstitut übermittelt die gesammelten Daten an die Steuerbehörden seines Landes, welche die erhaltenen Informationen wiederum an die Eidgenössische Steuerverwaltung weiterleiten. Die Eidgenössische Steuerverwaltung ihrerseits stellt diese Daten dem zuständigen kantonalen Steueramt zur Verfügung. Diese überprüft, ob die entsprechenden Vermögenswerte und Einkünfte in der Steuererklärung der betroffenen Person enthalten sind. Ist dies nicht der Fall, wird ein Nachsteuer- und Bussenverfahren, allenfalls auch ein Strafverfahren eröffnet. Damit sind die Zeiten, in welchen Vermögenswerte im Ausland vor dem Schweizer Fiskus versteckt werden konnten, wohl endgültig vorbei. Die erstmalige Anwendung des AIA wird das Jahr 2017 betreffen. Wer also am 1. Januar 2017 ein undeklariertes Bankkonto im Ausland unterhält, wird diese Information nicht mehr länger vor den Schweizer Steuerbehörden geheim halten können.
Auszutauschende Informationen
Die auszutauschenden Informationen sind umfassend. Neben dem Kontosaldo per Jahresende, den Erträgen unter dem Jahr und der Kontoinhaberschaft sind auch Angaben zum wirtschaftlich Berechtigten zu übermitteln, wenn der Kontoinhaber eine Gesellschaft, eine Stiftung oder ein Trust ist. Der Steuerhinterzieher wird sich daher nicht mehr hinter derartigen Strukturen verstecken können. Ebenfalls ist zu melden, wenn ein Konto im Laufe des Jahres geschlossen wurde. Daraus folgt, dass eine Kontoschliessung im Jahr 2017 die Entdeckung der unversteuerten Vermögenswerte durch den Schweizer Fiskus nicht verhindern kann.
Kreis der teilnehmenden Staaten
Die Schweiz wird den AIA zu Beginn voraussichtlich mit mindestens 38 Staaten pflegen. Neben den EU-Staaten (inkl. Gibraltar) umfasst dieser Kreis auch Länder wie Australien, Japan, Kanada, Norwegen und Südkorea sowie typische Offshore-Standorte wie Guernsey, Isle of Man und Jersey. Da sich weltweit über 100 Staaten grundsätzlich zur Einführung des AIA verpflichtet haben, ist es nur eine Frage der Zeit, bis dieser Kreis grösser wird und alle grossen und weniger grossen Finanzplätze der Welt umfassen wird. Es ist davon auszugehen, dass die Schweiz den AIA auf das gleiche Datum oder dann kurz danach auch mit weiteren klassischen Bank- und Vermögensverwaltungsstandorten wie Liechtenstein, Monaco oder Singapur pflegen wird. Wann und mit welchen übrigen Staaten der AIA eingeführt wird, kann aber noch nicht mit ausreichender Sicherheit vorausgesagt werden.
Konsequenzen für Schweizer mit nicht deklarierten Vermögenswerten im Ausland
Ein in der Schweiz Steuerpflichtiger, welcher Vermögenswerte in einem Staat besitzt, welches den AIA mit der Schweiz pflegt, und diese hier nicht deklariert, kann sich daher schon bald mit unangenehmen Fragen konfrontiert sehen. Wesentlich unangenehmer als die Fragen dürften jedoch die finanziellen Konsequenzen sein, welche damit verbunden sind: Erhält die Schweizer Steuerbehörde Angaben über ein bisher nicht deklariertes Konto, wird sie ein Nachsteuer- und Bussenverfahren eröffnen. Dabei werden auf zehn Jahre zurück die Steuern erhoben, welche bei korrekter Deklaration geschuldet gewesen wären. Neben dem Verzugszins für die verspätete Begleichung der Steuerschuld – welcher angesichts des vor wenigen Jahren noch deutlich höheren Zinsniveaus ebenfalls sehr schmerzhaft sein kann – droht dem Steuerhinterzieher auch eine Busse in Höhe von bis zum Dreifachen des nachzuentrichtenden Steuerbetrages. Im Einzelfall ist sogar denkbar, dass ein Steuerbetrugsverfahren eröffnet wird, wobei dieses für den Beschuldigten im schlimmsten Fall mit einer Freiheitsstrafe enden kann.
Regularisierung der Vergangenheit
Im Schweizer Steuerrecht hat jeder Steuerpflichtige das Recht auf eine einmalige straflose Selbstanzeige. Wer also undeklarierte Vermögenswerte im Ausland oder in der Schweiz besitzt, kann mit diesem Instrument eine Busse wegen Steuerhinterziehung sowie allfällige weitere (strafrechtliche) Sanktionen vermeiden. Nachsteuern und Zinsen müssen aber selbstverständlich auch bei einer straflosen Selbstanzeige bezahlt werden. Damit eine solche Selbstanzeige straflos ist, müssen neben der Erstmaligkeit der Selbstanzeige drei Voraussetzungen erfüllt sein:
- Die Steuerhinterziehung darf keiner Steuerbehörde bekannt sein;
- Die steuerpflichtige Person muss die Behörde in der Festsetzung der Nachsteuer vorbehaltlos unterstützen; und
- Die steuerpflichtige Person muss sich ernstlich um die Bezahlung der geschuldeten Nachsteuer bemühen.
Die Bezahlung der geschuldeten Nachsteuer bereitet in der Praxis wenig Probleme. Auch die vorbehaltlose Unterstützung der Behörde lässt sich in aller Regel ohne Schwierigkeiten bewerkstelligen, wenn der Steuerpflichtige zeitnah sämtliche erforderlichen Unterlagen einreicht. Im Hinblick auf den AIA ist aber das erste Kriterium entscheidend und könnte ein sich schliessendes Zeitfenster für eine straflose Selbstanzeige bedeuten:
Entscheidend für die Straflosigkeit der Selbstanzeige ist nämlich, dass diese aus eigenem Antrieb, spontan und freiwillig erfolgt. In einzelnen Fällen wurde die Straflosigkeit daher nicht gewährt, wenn die Entdeckung der Steuerhinterziehung durch die Steuerbehörden unmittelbar bevorstand, ohne dass der Steuerpflichtige diesen Lauf der Dinge noch hätte aufhalten können. Die Selbstanzeige erfolgt dann nämlich nicht aus eigenem Antrieb, sondern eben ausschliesslich zur Vermeidung einer Busse, welche aufgrund der ohnehin erfolgenden Entdeckung der Hinterziehung durch die Behörde ausgefällt wird. Wenngleich diese restriktive Handhabung teilweise kritisiert wird, lässt sich nicht mit Sicherheit sagen, ob sie sich unter dem AIA durchsetzen wird. Mit dessen Einführung ab 1. Januar 2017 kann der „Steuersünder“, welcher undeklarierte Vermögenswerte in einem Staat, der ab diesem Datum den AIA mit der Schweiz praktiziert, hält, nämlich gerade nicht mehr verhindern, dass der Schweizer Fiskus von der Unterbesteuerung Kenntnis erhalten wird. Eine nach dem 1. Januar 2017 eingereichte Selbstanzeige bezüglich ausländischer Vermögenswerte erfüllt daher das Kriterium der Freiwilligkeit nicht zwingend.
In jedem Fall gilt aber, dass die Schweizer Behörden mit dem AIA Kenntnis von bisher unversteuerten Vermögenswerten im Ausland erhalten werden. Sobald die entsprechenden Daten beim Schweizer Fiskus eingetroffen sind (was für die vorgenannten Staaten und das Kalenderjahr 2017 voraussichtlich in der ersten Hälfte 2018 der Fall sein wird), ist die Hinterziehung den Behörden bekannt. Eine straflose Selbstanzeige ist dann keinesfalls mehr möglich.
Wiederholungstäter
Selbst wenn jemand bereits von seinem Recht auf eine einmalige straflose Selbstanzeige Gebrauch gemacht hat, kann sich eine erneute Selbstanzeige dennoch auszahlen: Die Busse beträgt dann nämlich lediglich ein Fünftel der hinterzogenen Steuer, und nicht wie bei Entdeckung des Sachverhaltes durch die Steuerbehörden bis zum Dreifachen des Steuerbetrages.
Fazit
In der Schweiz steuerpflichtige Personen, welche über unversteuerte Vermögenswerte im Ausland verfügen, sollten sich umgehend mit einer Bereinigung dieser Situation auseinandersetzen. Unsere Experten haben schon zahlreiche Selbstanzeigen in unterschiedlichsten Höhen begleitet und stehen Ihnen für ein beratendes Gespräch gerne zur Verfügung. Selbstverständlich unterstehen wir auch diesbezüglich dem Anwaltsgeheimnis, so dass absolute Vertraulichkeit gewahrt ist.