Lex Koller: Klärung des Begriffs der Betriebsstätte bei einem Gebäude, das aus Gewerbe- und Wohnflächen besteht


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Anlässlich zweier kürzlich ergangener Entscheide, nämlich Urteil BGer 2C_639/2019 vom 10. Juli 2020, das ein Projekt zur Aufstockung eines Gewerbegebäudes zur Schaffung von Wohneinheiten betrifft, und Urteil BGer 2C_589/2020 vom 22. März 2021, das zur amtlichen Publikation vorgesehen ist und ein Projekt zum Bau von Wohnungen für das Personal eines vom Antragsteller betriebenen Hotels auf einem Nachbargrundstück betrifft, hatte das Bundesgericht Gelegenheit, über die Anwendung des Bundesgesetzes über den Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland (BewG) im Rahmen von Bauvorhaben zur Schaffung von Wohnraum zu entscheiden. Dabei präzisierte es seine Rechtsprechung zum Begriff der Betriebsstätte im Sinne von Art. 2 Abs. 2 lit. a BewG.

Nach dem BewG unterliegt der Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland der Bewilligungspflicht durch die zuständige Behörde, ausser in den in Art. 2 Abs. 2 und Art. 7 BewG abschliessend geregelten Fällen. Das Bundesgericht ist der Ansicht, dass Art. 4 BewG keinen numerus clausus von Vorgängen enthält, die als Grundstückserwerb zu qualifizieren sind. Ebenso ist das Fehlen einer Eigentumsübertragung kein entscheidender Faktor bei der Beurteilung, ob die Transaktion genehmigungspflichtig ist oder nicht. Entscheidend ist hingegen die Vergrösserung der Wohnfläche des Gebäudes durch den Anbau von Wohnungen, was durch das BewG geregelt wird. Dies auch dann, wenn die Vergrösserung der Bruttogeschossfläche weniger als 10% beträgt und die Schaffung zusätzlicher Wohnungen daher nicht geeignet ist, die gewerbliche Nutzung des Gebäudes in Frage zu stellen. Die Richter von Mon-Repos sind der Ansicht, dass die Bestimmungen des BewG toter Buchstabe bleiben würden, wenn es möglich wäre, nach dem Kauf mit Arbeiten zur Vergrösserung der Wohnfläche eines der Genehmigungsregelung unterliegenden Gebäudes fortzufahren, ohne vorher eine neue Genehmigung zu beantragen. Dies ist die einzige Lösung, die die Einhaltung des Hauptzwecks des BewG garantiert, nämlich die Verhinderung der Überfremdung des Schweizer Bodens.

Somit ist das BewG im Zusammenhang mit der Schaffung von Wohnraum dann anwendbar, wenn der Bau auf einem Grundstück geplant ist, auf dem ein Gebäude zu gewerblichen Zwecken genutzt wird. Es findet sodann auf ein Grundstück Anwendung, das an dasjenige angrenzt, auf dem ein Gebäude zu gewerblichen Zwecken errichtet und von einer Person im Ausland erworben wurde.

Im Hinblick auf die Bewilligungspflicht erinnerte das Bundesgericht daran, dass der Begriff der Betriebsstätte restriktiv auszulegen ist.

Gemäss Art. 2 Abs. 2 lit. a BewG ist keine Bewilligung erforderlich, wenn das Grundstück als Betriebsstätte genutzt wird. Wird ein Grundstück nach der vorgenannten Vorschrift erworben, ermöglicht Art. 2 Abs. 3 BewG den gleichzeitigen Erwerb von durch Wohnanteilvorschriften vorgeschriebenen Wohnungen sowie der dafür reservierten Flächen. Gleiches gilt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichts für Wohnungen, die für den Betrieb des Unternehmens notwendig sind.

Die Errichtung von Wohneinheiten, auch auf einem Grundstück, auf dem sich ein Geschäftsgebäude befindet, ist nach dem BewG genehmigungspflichtig. Tatsächlich fallen die Flächen für Wohnzwecke aus Sicht der Richter in Mon-Repos nicht unter die Definition einer Betriebsstätte im Sinne von Art. 2 Abs. 2 lit. a BewG.

Ein ausländischer Investor, der beabsichtigt, ein Geschäftsgebäude zu erwerben, das zur Schaffung von Wohneinheiten aufgestockt werden soll, ist daher gut beraten, bei der Formulierung seines Kaufangebots zu prüfen, ob es wahrscheinlich ist, dass er die Voraussetzungen für die Erlangung der für die Durchführung des Aufstockungsvorhabens erforderlichen Bewilligung nach BewG erfüllt oder nicht.

Im Urteil 2C_589/2020 vom 22. März 2021 erinnert das Bundesgericht daran, dass nur der Erwerb von Grundstücken, die als ständige Betriebsstätte zu Geschäftszwecken dienen, nicht bewilligungspflichtig ist. Laut Bundesgericht ist der Wortlaut von Art. 2 Abs. 2 lit. a BewG eindeutig und bezieht sich nur auf Gebäude, die unmittelbar der gewerblichen Tätigkeit dienen. Mit anderen Worten: Die wirtschaftliche Tätigkeit muss im betroffenen Gebäude selbst stattfinden. Dabei ist der Erwerb von Wohneigentum durch eine Person im Ausland nur dann von der Bewilligung ausgenommen, wenn gleichzeitig der Erwerb von nach den Wohnanteilsvorschriften vorgeschriebene Wohnungen sowie von dafür reservierten Flächen im Sinne des Art. 2 Abs. 3 BewG vorliegt. Das Bundesgericht stellt klar, dass der gleichzeitige Erwerb auch für Wohnungen zulässig ist, die für den Betrieb des Unternehmens notwendig sind und für die eine Abtrennung vom Betriebsgebäude in ein separates Gebäude praktisch unmöglich wäre oder einen unverhältnismässigen Aufwand darstellen würde.

Da es sich im genannten Urteil um ein Bauprojekt handelt, ist die Ausnahme aufgrund der Gleichzeitigkeit des Erwerbs nicht anwendbar. Ausserdem stellt die Schaffung von Personalwohnungen keine Erweiterung des Hotels als Betriebsstätte für eine gewerbliche Tätigkeit dar. Bei solchen Wohnungen wird davon ausgegangen, dass sie einer Wohnfunktion dienen. Das Bundesgericht anerkennt jedoch, dass die Fähigkeit eines Hotels, Personal zu beschäftigen, grundsätzlich von der Bereitstellung von Personalwohnungen abhängt, dass es schwierig ist, auf dem lokalen Mietmarkt Wohnraum zu finden und dass das betreffende Hotel ohne die Bereitstellung von Personalwohnungen Schwierigkeiten haben kann, das erforderliche Personal zu rekrutieren. Dies ändert jedoch nichts an der Tatsache, dass nach dem BewG der Wohnteil der betreffenden Immobilie von einer Person im Ausland nicht ohne Bewilligung erworben werden kann, da es dafür keine gesetzliche Grundlage gibt.


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