Lex-Weber

Lex Weber: Aktuelle Situation und Zukunftsaussichten


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Der Erwerb und Verkauf von Immobilien in der Schweiz wird u.a. durch zwei wichtige Bundesgesetze beeinflusst: das Zweitwohnungsgesetz (ZWG oder Lex Weber) und das Gesetz über den Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland (BewG oder Lex Koller).

1. Vorbemerkung

Dieser Beitrag beschränkt sich darauf, die Einschränkungen, die durch die Lex Weber auferlegt werden, zu erläutern. Es wird hier nicht weiter auf die Lex Koller eingegangen, die beim Erwerb von Grundstücken durch eine Person, die Staatsangehörige eines ausländischen Staates ist und keine C-Bewilligung (Niederlassungserlaubnis) besitzt, Anwendung findet.

2. Einführung und Geschichte

Am 11. März 2012 nahm das Schweizer Volk knapp die «Franz-Weber-Initiative» an, die einen neuen Verfassungsartikel (Art. 75b BV) einführen wollte, um den Bau von Zweitwohnungen auf 20 % der Wohnungen in Schweizer Gemeinden zu beschränken.

Die Initianten waren der Ansicht, dass die bis dahin bestehenden kantonalen Normen nur punktuell und nicht harmonisiert waren und daher nicht ausreichten, um die Zersiedelung zu bremsen und sie reichten 2007 daher die Initiative ein.

Die beiden Instrumente zur Umsetzung dieser Volksinitiative, nämlich das ZWG und seine Verordnung (ZWV), traten am 1. Januar 2016 in Kraft.

3. Prinzip

Das ZWG verbietet die Schaffung neuer Zweitwohnungen in Gemeinden mit einem Anteil von mehr als 20%. Diese Beschränkung gilt vor allem für Schweizer Alpengemeinden.

Ein Zweitwohnsitz wird im Gesetz negativ definiert und ist eine Wohnung, die weder ein Hauptwohnsitz noch eine Wohnung ist, die einem Hauptwohnsitz gleichgestellt ist (Art. 2 Abs. 4 ZWG). Ein Hauptwohnsitz ist eine Wohnung, die von mindestens einer Person bewohnt wird, die in der Gemeinde ansässig ist, in der sich die Wohnung befindet (Art. 2 Abs. 2 ZWG).

Wohnungen, die als Hauptwohnsitz qualifizieren, unterliegen einer Nutzungsbeschränkung in diesem Sinne. Dies bedeutet, dass die Wohnung nur als Hauptwohnsitz genutzt werden darf. Die Beschränkung wird im Grundbuch in Form eines Vermerks eingetragen (Art. 3 Abs. 1 GSchV).

In diesem Zusammenhang sind alle Schweizer Gemeinden verpflichtet, jedes Jahr ein Wohnungsinventar zu erstellen, das auf das Eidgenössische Gebäude- und Wohnungsregister (GWR) Bezug nimmt. Dieses Inventar muss zumindest die Gesamtzahl der Wohnungen und die Zahl der Hauptwohnsitze (die mit den Daten der Einwohnerkontrolle abgeglichen wird) enthalten. Die Gemeinde kann auch Wohnungen, die gemäss Art. 2 Abs. 3 lit. a-h ZWG als Hauptwohnsitz gelten, gesondert ausweisen und diese Kategorie von Wohnungen den Hauptwohnsitzen zurechnen (Art. 4 Abs. 3 ZWG).

4. Ausnahmen

Die Lex Weber sieht mehrere Ausnahmen vor, welche die Renovation altrechtlicher Wohnungen (unten 4.1.) sowie den Bau touristisch bewirtschafteter Wohnungen (unten 4.2.) betreffen.

4.1 Altrechtliche Wohnungen

Eine altrechtliche Wohnung ist jede Wohnung, die vor dem 11. März 2012 rechtwirksam bestand oder rechtskräftig bewilligt war (Art. 10 ZWG).

Diese Wohnungen sind frei nutzbar und können als Haupt- oder Zweitwohnsitz genutzt werden. Der Eigentümer kann seine Immobilie an eine Person vermieten, die sie als Hauptwohnsitz nutzt, ohne befürchten zu müssen, dass sie ihren Status als Zweitwohnsitz verliert. Auch wenn er die Immobilie selbst als Hauptwohnsitz genutzt hat, ist er nicht von der Möglichkeit ausgeschlossen, sie später als Zweitwohnsitz zu verkaufen.

Das ZWG erlaubt die Änderung bzw. den Abriss oder Wiederaufbau dieser Wohnungen unter der Bedingung, dass die bereits vorhandene Hauptnutzfläche, die u.a. Wohnräume, Küche, Sanitäranlagen, Gemeinschaftsräume, Esszimmer und Erholungsräume umfasst, nicht vergrössert wird. Die auf diese Weise neu geschaffenen Wohnungen können ebenfalls frei genutzt werden. Diese Wohnungen können jedoch nicht mehr als altrechtliche Wohnungen bezeichnet werden.

Darüber hinaus erlaubt das Bundesgesetz die Änderung – ohne Abriss – von Wohnungen, die unter dem alten Recht gebaut wurden, mit einer Vergrösserung der Hauptnutzfläche um 30%, vorausgesetzt, dass dadurch keine zusätzlichen Wohneinheiten entstehen. Diese beiden Möglichkeiten sind Gegenstand einer umfangreichen Rechtsprechung unseres höchsten Gerichts, wobei die Bauherren viel mit den Grenzen dieser Möglichkeiten spielen.

So entschied das Bundesgericht im Jahr 2020, dass die Kombination des Abrisses mit dem Wiederaufbau und der Vergrösserung einer Wohnung nach altem Recht gegen das Bundesrecht verstösst: Das ZWG erlaubt nur die Vergrösserung der Hauptnutzfläche um 30%, ohne die bestehende Wohnung abzureissen (Entscheid des Bundesgerichts 1C_478 und 479/2020 vom 8. Mai 2020, c. 4).

Als Reaktion auf diese restriktive Auslegung wurde eine parlamentarische Initiative eingereicht (siehe unten 6.), um die Kombination von Abriss mit Wiederaufbau und Vergrösserung um 30% sowie die Schaffung von zusätzlichem Wohnraum zu ermöglichen (Parlamentarische Initiative von Herrn Martin Candinas, Nr.o 20.456).

4.2 Touristische Unterkünfte

Touristisch bewirtschaftete Wohnungen fallen nicht unter die Beschränkungen der Lex Weber (Art. 7 ZWG), sofern sie in eine der beiden vom Gesetz vorgesehenen Kategorien fallen: Wohnungen, die für kurze Zeiträume im Rahmen eines strukturierten Beherbergungsbetriebs vermietet werden (insbesondere Hotels) und Wohnungen, die sich im selben Gebäude befinden, in dem der Eigentümer seinen Hauptwohnsitz hat.

In diesem Zusammenhang reicht es nicht aus, dass die Wohnung auf einer kommerziell betriebenen Plattform wie «Airbnb» aufgeführt ist. Darüber hinaus muss die Dauer der Vermietung insbesondere in der touristischen Hochsaison liegen und die Vermietung muss für kurze Aufenthalte angeboten werden, d.h. im Durchschnitt zwischen einer und zwei Wochen pro Mieter.

5. Kontrollen und Risiken bei Nichteinhaltung

Da die Kantone in den meisten Fällen bereits über ausreichende Mittel verfügen, um die von der Lex Weber geforderten Kontrollen durchzuführen, schreibt dieses Gesetz nur eine minimale Kontrolle vor (Art. 16 ff. ZWG).

Das Bundesgesetz erlaubt es dem Kanton, verschiedene Verwaltungsmassnahmen im Falle einer unrechtmässigen Nutzung zu ergreifen (Art. 17, 18 ZWG). In diesem Zusammenhang kann die zuständige kantonale Behörde die Nutzung der Wohnung verbieten und sie versiegeln, wenn der betreffende Eigentümer den unrechtmässigen Zustand nicht innerhalb einer zuvor gesetzten Frist beendet. Die Behörde kann die Wohnung unter den Bedingungen der Beschränkung auch ohne die Zustimmung des Eigentümers, der sich in einer rechtswidrigen Situation befindet, weitervermieten. Dies sind sehr weitreichende und einschneidende Befugnisse, die jedoch in erster Linie präventiver Natur sind.

Das Bundesgesetz sieht parallel dazu strafrechtliche Bestimmungen vor (Art. 21, 22 ZWG), insbesondere bei Nichtbeachtung von Nutzungsbeschränkungen und der Mitteilung unrichtiger Angaben über Tatsachen, die für die Erteilung einer Baugenehmigung relevant sind. Gemäss diesen beiden Bestimmungen kann der Täter mit einer Geldstrafe oder in schweren und/oder wiederholten Fällen mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren bestraft werden. Darüber hinaus können Unternehmen auch strafrechtlich verantwortlich sein, wenn es aufgrund mangelnder Organisation nicht möglich ist, die natürliche Person innerhalb des Unternehmens zu ermitteln, welche die Straftat begangen hat (Art. 102 Abs. 1 StGB). Aufgrund der ausschliesslichen Zuständigkeit des Bundesrechts kann das kantonale Recht keine weiteren Strafbestimmungen mit dem gleichen Ziel enthalten.

6. Ausblick

Als Reaktion auf die restriktive Auslegung der Lex Weber durch unseren höchsten Gerichts wurde im Juni 2020 eine parlamentarische Initiative von Herrn Martin Candinas eingereicht, die darauf abzielt, die Kombination von Abriss mit Wiederaufbau und Vergrösserung um 30% sowie die Schaffung von zusätzlichem Wohnraum zu ermöglichen (parlamentarische Initiative Nr.o 20.456).

Die Ausschüsse der beiden Parlamentskammern begrüssen diese Initiative. Sie beabsichtigen, auf diese Weise zur Verdichtung und Modernisierung des Wohnraums und zur Entwicklung der Bergregionen beizutragen und hoffen, dass diese Änderung neue Finanzierungsmöglichkeiten für energetische Sanierungen eröffnen wird. Für weitere Einzelheiten verweisen wir auf unsere Veröffentlichung vom 24. November 2022 zu diesem Thema1.

Der Bericht des Ausschusses für Umwelt, Raumplanung und Energie des Nationalrates (UREK-N) wurde am 24. April 2023 veröffentlicht2. Dieser schlägt vor, die beantragten Änderungen anzunehmen.

Am 16. August 2023 veröffentlichte der Bundesrat seine Stellungnahme zum Bericht der UREK-N3, in welcher er die Auffassung vertritt, dass die Kombination der beiden Umwandlungsmöglichkeiten nicht mit der einschlägigen Verfassungsbestimmung, Art. 75b Abs. 1 BV, vereinbar ist. Er befürchtet ausserdem, dass diese Änderung die Situation der lokalen Bevölkerung verschlechtern wird, da Wohnungen, die unter dem alten Recht geschaffen wurden, aus finanzieller Sicht sehr attraktiv zu verkaufen sind und daher bereits heute für die lokale Bevölkerung unerschwinglich sind.

Der Bundesrat schlug daher eine eigene Änderung der Lex Weber unter Berücksichtigung der Wohnungsnot vor: die Vergrösserung von altrechtlichen Wohnungen bei Umbau, aber auch bei Abriss und Wiederaufbau, sofern dadurch kein neuer Zweitwohnsitz geschaffen wird.

Die UREK-N beschloss mit 13 zu 12 Stimmen, an ihrer Version4 festzuhalten: Bei einer Vergrösserung einer altrechtlichen Wohnung um bis zu 30 % soll es nunmehr möglich sein, die Wohnung ohne Nutzungseinschränkungen in mehrere Wohnungen zu unterteilen. Darüber hinaus ist der Ausschuss der Ansicht, dass es im Falle des Abrisses und Wiederaufbaus einer altrechtlichen Wohnung möglich sein sollte, die Fläche der Wohnung um bis zu 30% zu vergrössern und zusätzliche Wohnungen ohne Nutzungseinschränkungen zu schaffen.

Der Wortlaut von Art. 11 ZWG steht somit noch nicht fest, da die beiden Versionen der UREK-N und des Bundesrates nun beim zuständigen Ausschuss des Ständerates liegen.

7. Schlussfolgerung

Auch heute noch versuchen einige Bauherren, das Gesetz zu umgehen, obwohl das Bundesgericht die Maschen des Netzes immer enger zieht. Bevor jedoch ein Rechtsmissbrauch festgestellt werden kann, müssen die Bundesrichter davon überzeugt werden, dass eine klare Absicht bestand, das Gesetz zu umgehen. Darüber hinaus kann ein Ehepaar weiterhin seine Immobilie im Grundbuch als Hauptwohnsitz eines der beiden Ehepartner eintragen lassen.

Letztendlich sind es die kommunalen Behörden, welche die Nutzung kontrollieren und Missbrauch ahnden müssen, aber angesichts der wirtschaftlichen Bedeutung des Tourismus für die Gemeinden stellt sich die Frage, ob sie dies durchsetzen können.

Zehn Jahre nach der Annahme der Initiative durch das Schweizer Volk entwickelt sich die Lex Weber weiter, um sich an die sich ändernden Bedürfnisse der Gemeinden in den Alpenkantonen anzupassen, die am stärksten von den Einschränkungen betroffen sind.

1 Jacques Johner, Avant-Projet de modification de la loi fédérale sur les résidences secondaires, in: MLL News Portal, veröffentlicht: 24. November 2022

2 BBl 2023 1480.

3 BBl 2023 2025.

4 Pressemitteilung der UREK-N vom 22. August 2023.


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