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Mit dem Button „Spiel Spielen“ gibt ein Verbraucher auf Facebook die Erklärung ab, er sei damit einverstanden, dass der Betreiber einer Spiele-App seine auf dem Sozialen Netzwerk hinterlegten Daten erhält. Zudem ermächtigt er den Spielebetreiber durch das Anklicken des Buttons, Informationen in seinem Namen auf Facebook zu posten. Das Berliner Landgericht beurteilt diese Einwilligung als widerrechtlich. Das Gericht wies Facebook als Betreiberin des App-Zentrums zudem an, in den Nutzungsbedingungen von (Spiele-) Apps keine Vereinbarungen mit deutschen Verbrauchern zu treffen, die es der App erlauben, Statusmeldungen, Fotos und mehr im Namen des Nutzers zu posten. Auch ist es unzulässig, unter Berufung auf solche Vereinbarungen Daten an die Bertreiber der Spiele zu übermitteln.
Ausgangslage
Facebook betreibt ein App-Zentrum in dem Verbraucher die Möglichkeit haben, zahlreiche Apps von Drittanbieter zu nutzen. Bei der Mehrzahl der Apps handelt es sich um Spiele. Wählt ein Verbraucher ein solches Spiel an (bspw. FarmVille oder Candy Crush Saga) erscheint ein Button „Spiel Spielen“ oder „Play Now“. Wird dieser Button mit der Absicht das Spiel zu spielen betätigt, drückt der Verbraucher damit gleichzeitig sein Einverständnis mit einer umfassenden Datenbearbeitung durch Facebook und den App-Anbieter aus. Als Betreiberin des App-Zentrums will Facebook die Erlaubnis erhalten, die persönlichen Daten des Verbrauchers an die Betreiber der Apps weiterzuleiten. Zudem erhalten die App-Anbieter die Erlaubnis, im Namen des Nutzers zu Informationen zu posten und auf seine Kontaktdaten, den Chat und mehr zuzugreifen. Der Hinweis auf die Datennutzung und –wiedergabe erfolgt in halbtransparenter grauer Kleinschrift unterhalb des Buttons. Dieses Vorgehen erschien dem deutschen Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände, der als Dachverband die die Interessen der Verbraucher vertritt, als widerrechtlich. Im August 2012 liess man Facebook unter Gesichtspunkten des Lauterkeitsrechts und des Verbraucherschutzrechts eine Abmahnung zukommen.
Der Button: Irreführende Verknüpfung – belästigende Werbung – mangelhafte Einwilligung
Das Landgericht Berlin hielt schon in einem ersten Versäumnisurteil fest, dass die Verknüpfung zwischen dem Button „Spiel Spielen“ und der Zustimmung zu einem unbegrenzten Datentransfer als irreführend nach § 5 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) einzustufen ist. Die Irreführung rührt nach Ansicht des Gerichts daher, dass Facebook beim Nutzer den Anschein erweckt, seine Einwilligung sei wirksam, während dieser aber die Reichweite seiner Erklärung überhaupt nicht erkennen kann. Der Nutzer fällt in Wahrheit keine bewusste Entscheidung über die Bearbeitung und Weitergabe seiner Personendaten, womit auch keine wirksame Zustimmung diesbezüglich vorliegen kann. Die Voraussetzungen für eine wirksame Einwilligung nach § 4a Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) und § 13 Abs. 2 TMG sind nicht erfüllt.
Das Gericht führte weiter aus, dass die dem Nutzer und seinen Facebook Kontakten durch die App zugesandten Nachrichten Werbung durch elektronische Post darstellen. Solche Werbemassnahmen werden nach deutschem Lauterkeitsrecht dann als unzumutbare Belästigungen nach §7 Abs. 2 Nr. 3 UWG eingestuft, wenn der Adressat vorher nicht explizit dazu eingewilligt hat.
Der Unterlassungsanspruch ergibt sich sodann aus § 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit § 13 Abs. des Telemediengesetzes (TMG). Danach handelt insbesondere unlauter, wer eine gesetzliche Regelung missachtet, die dazu dient, im Interesse der Marktteilnehmer das Markverhalten zu regeln. Nach § 13 TMG gehört es zu den Pflichten des Dienstanbieters (hier Facebook) zu Beginn der Nutzung ihrer Dienste, die Nutzer vollumfänglich über die Art, Umfang und Zweck der Erhebung der Personendaten zu informieren. Den Nutzern des Facebook App-Zentrums muss klar sein, dass ihre Daten in beträchtlichem Ausmass durch Facebook und die App-Anbieter bearbeitet werden, wenn sie ein Spiel aus dem App-Zentrum spielen und dass sie dies durch das Betätigen des „Spiel Spielen“ Buttons erlauben. Die Einwilligung des Nutzers in die Erhebung und Verwendung seiner Personendaten darf auf elektronischem Weg erfolgen. Sie ist dann aber nur gültig, wenn der Anbieter gewährleistet, dass die Einwilligung bewusst und eindeutig erteilt wurde (§ 13 Abs. 2 TMG). Eine bewusste und eindeutige Einwilligung in die Bearbeitung von Personendaten kann nach Meinung der Berliner Richter nicht durch den Button „Spiel Spielen“ erfolgen.
Die Klausel: irreführende allgemeine Geschäftsbedingung (AGB)
Neben dem „Spiel Spielen“ Button beurteilte das Landgericht zudem folgende Klausel der Nutzungsbedingungen: „Diese Anwendung darf Statusmeldungen, Fotos und mehr in deinem Namen posten.“ Weil diese Klausel die Bedingungen für das Spielen von einer Vielzahl von Spielen regelt, stellt sie nach Ansicht des Gerichts eine allgemeine Geschäftsbedingung (AGB) dar. § 307 Abs. 1 des deutschen Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) sieht eine Inhaltskontrolle für AGB vor. Demnach ist eine AGB-Bestimmung unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des AGB-Verwenders auf unangemessene Weise benachteiligt. Eine Benachteiligung ist dann gegeben, wenn die Bestimmung unklar oder unverständlich ist. Die von Facebook verwendete Bestimmung empfindet das Landgericht als intransparent weil insbesondere ihre Reichweite unbestimmt ist. Auch wird der Anschein erweckt, der Nutzer sei mit der Weitergabe seiner Daten einverstanden, da er dieser Art von Datenbearbeitung wirksam zustimme.
Facebook sagt, der Nutzer ist sensibilisiert
Gegen das Versäumnisurteil hat Facebook Einspruch erhoben. Die Betreiberin des grössten sozialen Netzwerks beantragte das Urteil sei aufzuheben und die Klage abzuweisen. Insbesondere stellt sich Facebook auf den Standpunkt, dass ihr keine Aufklärungspflicht hinsichtlich der Wirksamkeit der Einwilligungserklärung zukomme. Weiter sei der Vorwurf der Belästigung durch unerwünschte Werbung nicht hinreichend mit Tatsachen belegt und folglich unbegründet. In der Einsprache bekräftig Facebook zudem, dass die Nutzer des sozialen Netzwerks sehr wohl auf datenschutzrechtliche Belange sensibilisiert seinen, dies schon ab dem Tag, an dem sie sich registrieren. Alle Informationen über die Datennutzung und Datenverwendungsrichtlinien sind von Beginn an und jederzeit abrufbar und auf eine verständliche Art und Weise verfasst. Ein durchschnittlicher Nutzer erteilt folglich eine bewusste Einwilligung, weil dieser von Anfang an erkennen kann, dass er rechtsverbindlich einer Verarbeitung seiner persönlichen Daten zustimmt. Bezüglich der fraglichen allgemeinen Bestimmung der Nutzungsbedingungen lässt Facebook verlauten, es fehle ihr schon an der Passivlegitimation, da die Bestimmung vom Spieleanbieter alleine, als Vertragspartner des Nutzers verwendet wird. Ferner könne der Nutzer selber darüber entscheiden, für welches Publikum die vom Spielebetreiber geposteten Beiträge ersichtlich sind (Öffentlich, Freunde, Nur Ich,…).
Keine informierte Entscheidung
Im Urteil vom 28. Oktober 2014 führten die Berliner Richter nun aus, dass personenbezogene Daten nur dann an Dritte weitergebeben werden dürfen, wenn die betroffene Person in diese Art der Bearbeitung eingewilligt hat. Grundsätzlich dürfen Personendaten nur dann bearbeitet werden, wenn dies gesetzlich erlaubt ist, oder die betroffene Person dazu eingewilligt (sog. Verbot mit Erlaubnisvorbehalt). Eine wirksame Einwilligung kann nur dann vorliegen, wenn der Zweck der Datenbearbeitung von Beginn weg klar ist. Welche Daten aber zu welchem Zweck bearbeitet und insbesondere an wen sie weitergeleitet werden, bleibt nach Ansicht des Gerichts völlig offen. Der Nutzer, der den Button betätigt um das Spiel zu spielen, verliert in diesem Moment jegliche Kontrolle über den Verbleib und die Nutzung seiner Daten. Auch die Verlinkung auf die AGB bzw. die Datenschutzerklärung (DSE) des Spieleanbieters vermag den Nutzer aufgrund der fehlenden räumlichen Nähe und inhaltlichen Bezugnahme nicht ausreichend über die Verwendung seiner Daten informieren, sodass nicht von einer wirksamen Einwilligung ausgegangen werden kann. Weiter gibt das Gericht zu bedenken, dass die Freigabemöglichkeiten für bestimmte Nutzergruppen (Öffentlich, Freunde, Nur Ich, usw.), entgegen der Darstellung von Facebook, die Aufmerksamkeit des Nutzers gerade in eine andere Richtung lenken und ihm das Gefühl vermitteln, er habe nun alles Notwendige für die Teilnahme am Spiel geregelt. Schon deshalb wird sich der Nutzer danach nicht mehr mühsam durch die Nutzungsbedingungen des Spieleanbieters klicken. Von einer informierten Entscheidung kann nach alledem nicht die Rede sein. Schliesslich erläutert das Gericht, dass kein gesetzlicher Erlaubnistatbestand (Datenverarbeitung als Mittel zum Zweck, bspw. Weitergabe im Zusammenhang mit Schuldverhältnissen) vorliegen kann, solange Facebook seine Verpflichtungen gegenüber seiner Nutzer auch wahrnehmen könne, ohne Daten an Dritte weiterzugeben.
Die Daten der Verbraucher sind geschützt
Das in § 4 Abs. 1 BDSG enthaltene Verbot der Datenübermittlung entspringt dem Recht der Europäischen Union und hat seine Wurzeln in der Datenschutzrichtlinie. Laut den Ausführungen des Berliner Landgerichts schütz das BDSG sowohl als auch die Datenschutzrichtlinie vorderhand die einzelnen Bürger in seinen Persönlichkeitsrechten, jedoch dienen die Datenschutznormen auch dem Verbraucherschutz. Der Bürger sei nicht einzig in seiner Persönlichkeit zu schützen, sondern auch dann, wenn er als Verbraucher einer wirtschaftlichen Betätigung nachgehe. Dass im Fall des Spiels die Einwilligung ein kommerzielles Verhalten des Nutzers darstellt, ist anzunehmen, auch wenn Facebook dies bestreitet, sagt das Gericht. Denn wer Daten ohne die Angabe eines bestimmten Zwecks sammelt, soll im Ergebnis nicht besser dastehen als derjenige, der damit einen bestimmten (wirtschaftlichen) Zweck (z.B. Werbung) verfolgt.
Irreführende Klausel benachteiligt Nutzer in unangemessener Weise
Am Schluss äussert sich das Gericht ausführlich zur eingangs Erwähnten irreführenden AGB-Bestimmung. Festgehalten wird, dass die fragliche Klausel von Facebook vorgegeben wird. Aus der Klausel ergibt sich laut Erwägung des Gerichts, dass Facebook nicht nur Daten an den Spielanbieter übertragen darf, sondern diesen auch dazu ermächtigt, die Daten im Namen des Nutzers an Dritte zu übermitteln und damit zu verbreiten. Die Norm wird von Facebook selber verwendet, weil der Nutzer der Bertreiberin des sozialen Netzwerks quasi eine „Generalvollmacht“ über die Versendung von Informationen erteilt, so die Richter. Eine solche Bestimmung ist für den Nutzer schon deshalb unangemessen benachteiligend, weil er keine informierte Entscheidung über die Weitergabe seiner Daten treffen kann.
Fazit
Das Landgericht Berlin sieht durch die Verwendung des „Spiel spielen“-Buttons die lauterkeitsrechtlichen Tatbestände der Irreführung und der unzumutbaren Belästigung durch Werbung als erfüllt. Zudem liegt dem Urteil folgend keine gültige Einwilligung in die Bearbeitung von personenbezogenen Daten vor. Eine wirksame Einwilligung in die Bearbeitung seiner Personendaten kann die betroffene Person nur dann geben, wenn von Beginn weg klar ist, zu welchem Zweck die Daten erhoben und verwendet werden. Dieser Grundsatz (Zweckbindungsgrundsatz) gilt im Übrigen auch im Schweizer Datenschutzrecht. Das Urteil des Landgerichts Berlin ist noch nicht rechtskräftig. Es ist zu erwarten, dass Facebook Berufung gegen das Urteil einlegen wird.
Weitere Informationen
- Bundesdatenschutzgesetz (BDSG)
- Datenschutzrichtlinie (Richtlinie 95/46/EG)
- Urteil 16 O 60/13 des Landgerichts Berlin vom 28.10.2014
- BR-News vom 22. November 2014 «ÜBERBLICK BIG DATA: Big Data und die Grundsätze des schweizerischen Datenschutzgesetzes»
Ansprechpartner: Lukas Bühlmann