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Gemäss einer Medienmitteilung vom 25. September 2013 hat die Schweizer Verwertungsgesellschaft SUISA mit YouTube einen Lizenzvertrag abgeschlossen. Dieser sieht vor, dass die von der SUISA vertretenen Urheber eine Vergütung für die Nutzung ihrer Musik auf YouTube erhalten. Im Gegenzug dafür wird YouTube die Erlaubnis bzw. die Lizenz für das Zugänglichmachen der in den Videos enthaltenen Musik der Urheber erteilt. Die Einzelheiten der geschuldeten Vergütung sind geheim. Die Totalsumme der Vergütungen sei jedoch teilweise abhängig vom Umsatz von YouTube. Mit dem Abschluss des Vertrags, der ab dem 1. September 2013 gilt, hat nun auch die SUISA nach langen Verhandlungen eine Einigung mit YouTube erzielt. Demgegenüber scheint man in Deutschland davon noch immer weit entfernt zu sein.
Hintergrund: Kollektivverwertung von Urheberrechten
Das Schweizer Urheberrechtsgesetz (URG) verleiht den Urhebern von Musikwerken exklusive Nutzungsrechte. Grundsätzlich ist es somit ausschliesslich der Urheber, der darüber bestimmen kann, wer unter welchen Bedingungen seine Werke verwenden darf. Da jedoch die individuelle Erteilung von Lizenzen an sämtliche interessierten Nutzer und die Überwachung und Durchsetzung der Rechte sehr aufwendig ist, werden die Nutzungsrechte vielfach vertraglich oder von Gesetzes wegen an sog. Kollektivverwertungsgesellschaften übertragen. Diese Gesellschaften, in der Schweiz insb. die Genossenschaft der Urheber und Verleger von Musik (SUISA), verwalten die Rechte ihrer Mitglieder bzw. der Urheber, erteilen Lizenzen an Nutzer und verteilen letztlich die eingenommenen Lizenzgebühren unter den Mitgliedern.
Urheberrechtsverletzungen auf YouTube
Die auf den Plattformen von YouTube hochgeladenen Videos enthalten häufig urheberrechtlich geschützte Musik. Für die durch den Upload erfolgte Vervielfältigung und öffentliche Zugänglichmachung solcher Videos fehlt jedoch vielfach die Zustimmung der jeweiligen Rechteinhaber. Da ein Vorgehen gegen die einzelnen Nutzer, welche Videos mit geschützter Musik hochladen und damit Urheberrechtsverletzungen begehen, mit erheblichem Aufwand verbunden ist, liegt es nahe, den Plattformbetreiber in Anspruch zu nehmen.
Unabhängig davon, ob man YouTube als Plattformbetreiber eine eigenständige Urheberrechtsverletzung vorwirft oder nicht, haftet das Unternehmen zumindest als „Mitwirkender“ bei den Urheberrechtsverletzungen ihrer Nutzer. Anders als bspw. in Deutschland kann nach geltendem Schweizer Recht von YouTube allerdings auch in diesem Fall grundsätzlich unabhängig von der Kenntnis dieser Rechtsverletzungen die Entfernung von urheberrechtsverletzenden Videos verlangt werden (vgl. BR-News vom 7.6.2013).
Lizenz für Zugänglichmachung
Die SUISA scheint jedenfalls davon auszugehen, dass YouTube die Videos ausserhalb der Privatsphäre zugänglich macht und daher selbst eine Urheberrechtsverletzung begeht. Für dieses zeit- und ortsunabhängige Zugänglichmachen benötige YouTube als Plattformbetreiber eine Lizenz der Urheber. In der Vereinbarung mit der SUISA wurde YouTube nun per 1. September 2013 eine entsprechende Lizenz erteilt. Im Gegenzug werden die Urheber für die Nutzung ihrer Musik auf YouTube eine Vergütung erhalten.
Die Lizenz gilt jedoch nur für die Nutzung der Musik von Komponisten und Textautoren, für welche die SUISA in der Schweiz die Urheberrechte wahrnimmt. Nicht abgedeckt vom Vertrag sind deshalb die Rechte an Musikwerken, für deren Wahrnehmung die SUISA nicht beauftragt ist. Die Werke derjenigen Urheber, für deren Vertretung die SUISA ermächtigt ist, werden mit dem Vertrag sodann aber gleichzeitig auch für die Nutzung auf der YouTube-Plattform in mehreren Ländern ausserhalb der Schweiz lizenziert. Patrick Warnking, Country Director Google Schweiz fasst dies in der Medienmitteilung folgendermassen zusammen: „Schweizer und internationale Komponisten können jetzt über die SUISA Erlöse für die Nutzung ihrer Werke in der Schweiz erzielen und Schweizer auch für die Nutzung in ganz Europa.“
Keinen Einfluss auf Haftung der Uploader
Hervorzuheben ist, dass der Lizenzvertrag keinen Einfluss hat auf die Haftung des Nutzers, der ein Video mit urheberrechtlich geschützter Musik auf YouTube hochlädt. Erfolgt der Upload ohne Zustimmung des jeweiligen Rechtsinhabers, begeht der Nutzer nach wie vor eine Urheberrechtsverletzung. Der Lizenzvertrag ändert insofern nichts daran, dass der Nutzer zivilrechtlich auf Beseitigung, Unterlassung oder Schadenersatz verklagt werden kann und dass er sich bei nachgewiesenem Vorsatz auch strafbar macht.
Einzelheiten der Vergütung sind geheim
Die Einzelheiten über die von YouTube geschuldete Vergütung unterstehen einer Gemeinhaltevereinbarung. Die Totalsumme der ausbezahlten Vergütungen ist jedoch nach Angaben der SUISA teilweise abhängig vom Umsatz und damit primär von den Werbeeinnahmen von YouTube. Anhand von Statistiken über die Nutzung der Musikwerke, welche YouTube regelmässig zu erstellen und abzuliefern hat, sollen sodann der Vergütungsanteil für die einzelnen Werke berechnet werden. Die SUISA wird die Vergütungen gestützt darauf halbjährlich an die Urheber weiterleiten.
Noch keine Einigung in Deutschland
YouTube hat bereits mit über 40 weiteren Verwertungsgesellschaften vergleichbare Lizenzverträge abgeschlossen. Dazu gehören namentlich die Gesellschaften der Nachbarländer der Schweiz: die SACEM in Frankreich, die SIAE in Italien und die AKM/austro Mechana in Österreich.
Demgegenüber sind die Verhandlungen zwischen der deutschen Verwertungsgesellschaft GEMA und YouTube vorerst gescheitert. Nachdem im Jahre 2009 ein erster Vertrag ausgelaufen war, konnten sich die Parteien seither nicht mehr über eine neue Vereinbarung einigen. Die Verhandlungen scheiterten insbesondere an Meinungsverschiedenheiten über das Vergütungssystem. Anders als im Vertrag mit der SUISA und anderen Verwertungsgesellschaften will die GEMA, dass eine Bezahlung (von 0,00375 Euro) pro Klick bzw. Videoabruf erfolgt. Dies akzeptiert YouTube jedoch nicht, da das Geschäftsmodell der Plattform auf Werbung basiere und die Einnahmen deshalb schwankend und nicht abhängig von der Anzahl Klicks seien.
Laufende Auseinandersetzungen zwischen der GEMA und YouTube
Die Auseinandersetzungen zwischen der GEMA und YouTube wurden auch bereits vor verschiedenen Gerichten ausgetragenen. Um die grundsätzliche Frage der Haftung von YouTube für urheberrechtsverletzende Videos ging es beispielsweise in einem Verfahren vor dem Landgericht Hamburg. Da YouTube die betreffenden Videos weder selbst hochgeladen, noch sich deren Inhalt zu eigen gemacht habe, verneinte das Gericht eine sog. „Täterhaftung“, also vereinfacht gesagt eine eigenständige Urheberrechtsverletzung durch YouTube. Das Unternehmen treffe jedoch eine sog. „Störerhaftung“, weil es mit dem Bereitstellen und dem Betrieb der Plattform einen Beitrag zu den Rechtsverletzungen leiste. YouTube hafte deshalb für Urheberrechtsverletzungen, sobald das Unternehmen auf rechtsverletzende Videos hingewiesen werde und diese nicht unverzüglich sperre. Des Weiteren wurde YouTube verpflichtet, einen Wortfilter zu installieren, mit welchem neu eingestellte Videos herausgefiltert werden sollen, deren Titel sowohl den Titel als auch den Interpreten der in einem Video beanstandeten Musikaufnahme enthält. Beide Parteien legten gegen das Urteil Berufung ein.
Vor diesem Hintergrund ist auf der deutschen YouTube-Plattform derzeit ein Grossteil der Musikvideos gesperrt. Die von YouTube dabei eingeblendeten Sperrhinweise erachtet die GEMA als irreführend und hat deshalb gegen YouTube eine weitere Unterlassungsklage eingereicht. Schliesslich ist die GEMA mit einem Antrag auf Schadenersatz an die Schiedsstelle nach dem Urheberrechtswahrnehmungsgesetz gelangt und will von dieser die Angemessenheit der geforderten Vergütung klären lassen. Auf die weitere Entwicklung der Auseinandersetzung darf man deshalb gespannt sein.
Weitere Informationen:
- Schweizer Urheberrechtsgesetz (URG)
- Medienmitteilung der SUISA vom 25.9.2013
- Pressemitteilung des LG Hamburg vom 20.4.2012 zum Urteil in Sachen GEMA gegen YouTube
- Chronik des Rechtsstreits zwischen der GEMA und YouTube
Ansprechpartner: Lukas Bühlmann