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Seit dem 1. Juli 2022 sieht das deutsche Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) mit § 312k eine neue Regelung zur Kündigung von Verbraucherverträgen im elektronischen Geschäftsverkehr vor. Unternehmen, die es ermöglichen, einen Vertrag über ein entgeltliches Dauerschuldverhältnis online abzuschliessen, sind angehalten, eine Kündigungsschaltfläche bereitzustellen. Diese Verpflichtung gilt nicht nur in Bezug auf die eigene Website. Auch Dritte, die die Möglichkeit des Abschlusses eines solchen Vertrags auf ihrer Website vermitteln, müssen die Regelung umsetzen.
Grundvoraussetzungen für die Bereitstellung eines Kündigungsbuttons: Entgeltliches Dauerschuldverhältnis
Unternehmen haben einen Kündigungsbutton auf ihrer Website bereitzustellen, wenn sie auf eben dieser Website den Abschluss eines Vertrags über ein entgeltliches Dauerschuldverhältnis (z.B. ein Abonnement oder einen Versicherungsvertrag über eine bestimmte Zeitdauer) ermöglichen. Ob der zu kündende Vertrag tatsächlich auf der Website im elektronischen Geschäftsverkehr abgeschlossen wurde, spielt keine Rolle. Entscheidend ist lediglich, dass die Möglichkeit des Vertragsabschlusses besteht.
Als Entgelt im Sinne von §312k ist jede Gegenleistung in Geld zu verstehen – kostenlose Abonnements oder Mitgliedschaften fallen nicht in den Anwendungsbereich der Vorschrift. Die Regelung erfasst nur Dauerschuldverhältnisse, d.h. Verträge, die die regelmässige Lieferung von Waren oder Erbringung von Dienst- oder Werkleistungen zum Gegenstand haben. Die Beschränkung auf Dauerschuldverhältnisse lässt sich gemäss der Gesetzesbegründung darauf zurückführen, dass sich diese aufgrund der langfristigen Bindung für Verbraucher häufig als «Kostenfalle» erweisen. Auch Dritte, die die Möglichkeit des Abschlusses eines solchen Vertrags auf ihrer Website vermitteln, wie bspw. Vermittlungsportale oder Plattformen (vgl. MLL-News vom 14.05.2020), haben einen Kündigungsbutton aufzuschalten. Diese Unternehmen haben die Drittanbieter vertraglich zur Bereitstellung der Kündigungsschaltfläche zu verpflichten.
Die Vorschrift gilt nicht für Verträge, für deren Kündigung gesetzlich ausschliesslich eine strengere Form als die Textform vorgesehen ist. Ebenso findet die Regelung keine Anwendung in Bezug auf Webseiten, die Finanzdienstleistungen betreffen, oder auf Verträge über Finanzdienstleistungen.
Ausgestaltung des Kündigungsbutton
Der Websitebetreiber hat für Verbraucher ein Kündigungsverfahren vorzusehen, das folgende Vorgaben umsetzt:
- Zurverfügungstellung eines Kündigungsbuttons;
- Bestätigungsseite, in welcher bestimmte Angaben durch den Verbraucher gemacht werden können, und eine Bestätigungsschaltfläche; und
- Speicherungsmöglichkeit und Kündigungsbestätigung.
Der Kündigungsbutton muss gut lesbar mit nichts anderem als den Wörtern «Verträge hier kündigen» oder einer ebenso eindeutigen Formulierung beschriftet sein. Andere Angaben sind zulässig, sofern aus ihnen gleichermassen deutlich wird, dass mit Betätigung des Kündigungsbuttons die Kündigung noch nicht abgegeben wird, sondern nur der Vorgang eingeleitet wird. Zugleich muss Verbrauchern durch die Formulierung verdeutlicht werden, dass sie bei Betätigen des Kündigungsbuttons noch weitere Angaben machen können, bevor die Kündigungserklärung abgegeben wird. Durch die Betätigung des Kündigungsbuttons müssen die Verbraucher unmittelbar auf die Bestätigungsseite weitergeleitet werden. Diese muss den Verbraucher ermöglichen Angaben zu machen:
- zur Art der Kündigung sowie im Falle der ausserordentlichen Kündigung zum Kündigungsgrund;
- zu seiner eindeutigen Identifizierung;
- zur eindeutigen Bezeichnung des Vertrags;
- zum Zeitpunkt, zu dem die Kündigung das Vertragsverhältnis beenden soll; sowie
- zur schnellen elektronischen Übermittlung der Kündigungsbestätigung an ihn.
In der Regel erfordert die eindeutige Identifizierung den Namen und die Anschrift. Zur Bezeichnung des Vertrags kann das Unternehmen nach der Kunden-, Bestell- oder Vertragsnummer fragen. Der Zeitpunkt, zu dem die Kündigung das Vertragsverhältnis beenden soll, stellt keine Pflichtangabe dar. Fehlt eine solche, so ist die Kündigungserklärung im Zweifel zum frühestmöglichen Zeitpunkt wirksam. Schliesslich muss es dem Verbraucher möglich sein, seine E-Mail-Adresse zu hinterlassen, die dem Unternehmen eine schnelle elektronische Übermittelung der Kündigungsbestätigung ermöglicht.
Des Weiteren muss auf der Bestätigungsseite eine Bestätigungsschaltfläche mit der Beschriftung «jetzt kündigen» zu finden sein. Anderweitige Bezeichnungen sind nur zulässig, wenn sie ebenso eindeutig sind.
Der Kündigungs- und Bestätigungsbutton sowie die Bestätigungsseite müssen ständig verfügbar und leicht zugänglich sein. Demnach müssen Verbraucher ohne vorherige Anmeldung auf der Website und jederzeit Zugriff auf die Kündigungsmöglichkeit haben. Davon ausgenommen sind nur vorübergehende technisch bedingte Unerreichbarkeiten wegen Wartungsarbeiten.
Den Verbrauchern muss die Möglichkeit offenstehen, die Abgabe der Kündigung zu dokumentieren. Die über die Bestätigungsschaltfläche abgegebene Kündigungserklärung muss also vom Verbraucher mit dem Datum und der Uhrzeit der Abgabe auf einem dauerhaften Datenträger gespeichert werden können. Zusätzlich trifft das Unternehmen die Pflicht, den Zugang der Kündigungserklärung sofort auf elektronischem Wege in Textform zu bestätigen. Dies kann im elektronischen Geschäftsverkehr durch eine automatisiert versendete E-Mail erfolgen. Die Bestätigung muss den Inhalt sowie Datum und Uhrzeit des Zugangs der Kündigungserklärung sowie den Zeitpunkt, zu dem das Vertragsverhältnis beendet werden soll, enthalten. Der Zugang der Kündigungserklärung beim Unternehmen unmittelbar nach der Abgabe wird fingiert. Bei Bedarf kann diese Vermutung durch eine entsprechende Bestimmung bezüglich des effektiven Zugangs der Kündigung beim Anbieter in den AGB widerlegt werden.
Folgen eines fehlenden Kündigungsbuttons und Fazit
Unterlässt ein Unternehmen das Bereitstellen der Schaltflächen und der Bestätigungsseite gemäss § 312k BGB, kann ein Verbraucher einen Vertrag, für dessen Kündigung diese Vorkehrungen zu treffen sind, jederzeit und ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen. Dies gilt auch im Hinblick auf Verträge, die vor dem 1. Juli 2022 begründet worden sind.
Zusammenfassend kann somit festgehalten werden, dass Online-Händler, die mit Verbrauchern im elektronischen Geschäftsverkehr Verträge über Dauerschuldverhältnisse abschliessen seit dem 1. Juli 2022 auf ihren Onlineauftritt, d.h. den Onlineshop oder Online-Marktplatz, eine besondere Kündigungsmöglichkeit anbieten müssen, welche es den Verbrauchern ermöglicht geschlossene Verträge problemlos zu kündigen. Um Sanktionen ¬– insb. auch der Möglichkeit einer fristlosen Kündigung – zu entgehen, müssen die betroffenen Unternehmen nicht nur selbst einen Kündigungsbutton vorsehen, sondern auch beigezogene Vermittlungsplattformen, die den Vertragsabschluss anbieten, zur entsprechenden Umgestaltung des Onlineauftritts anhalten. Überdies ist auch an eine allfällige Anpassung der AGB zu denken, um der Zugangsfiktion der Kündigungserklärung entgegenzuwirken.
Eine sorgfältige Umsetzung der Anforderungen des § 312k BGB ist auch Unternehmen in der Schweiz zu empfehlen, welche mit ihrem Onlineshop (oder über eine Drittplattform) den deutschen Markt bearbeiten und z.B. Abonnemente anbieten oder andere Dauerschuldverhältnisse mit Verbrauchern eingehen. Vor diesem Hintergrund sollte der Onlineshop geprüft und ggf. angepasst bzw. die Drittplattform zur entsprechenden Umsetzung der Kündigungsmöglichkeit nach § 312k BGB vertraglich verpflichtet werden.
Weitere Informationen:
- Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) § 312k Kündigung von Verbraucherverträgen im elektronischen Geschäftsverkehr
- Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz
- MLL-News vom 14.05.2020: «P2B-Verordnung gilt ab dem 12. Juli 2020 – neue EU-Vorschriften für Online-Plattformen und Suchmaschinen»