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Der EU-Ministerrat hat sich am 25. Mai 2018 auf einen Entwurf für die neue EU-Urheberrechtsrichtlinie geeinigt. Dieser sieht unter anderem vor, dass Online-Plattformen das Hochladen von Inhalten überwachen müssen, und dass Presseverleger für ihre Online-Inhalte ein Leistungsschutzrecht erhalten. Der Entwurf wird in einem nächsten Schritt vom Rechtsausschuss des EU-Parlaments behandelt. Anschliessend folgen die Verhandlungen zwischen Rat, Parlament und Kommission.
Strenge Vorgaben für Online-Tauschplattformen
Ein zentrales Anliegen der neuen EU-Urheberrechtsrichtlinie ist die Herstellung einer gerechten Balance zwischen Werbeeinnahmen von Online-Plattformen wie YouTube und den Vergütungen für die Künstler und Produzenten, deren Inhalte auf den Plattformen zugänglich gemacht werden. Diese Lücke wird vielfach als «Value Gap» bezeichnet. Der Entwurf des EU-Rats, der am 25. Juni 2018 vorgestellt wurde, will deshalb Online-Tauschplattformen stärker in die Verantwortung miteinbeziehen, um den Schutz für die Urheber zu gewährleisten.
Die Betreiber der Plattformen werden verpflichtet, von den jeweiligen Rechteinhabern eine Genehmigung für das Teilen der Inhalte auf der Online-Plattform einzuholen. Wurde keine solche Genehmigung eingeholt, so hat der Plattformbetreiber zu beweisen, dass er grösstmögliche Anstrengungen unternommen hat («best efforts»), um nichtgenehmigte Inhalte von der Plattform zu entfernen. Was unter grösstmöglichen Anstrengungen zu verstehen ist, hängt insbesondere von der Art und Grösse der Online-Plattform ab. Leistet der Betreiber nicht die grösstmögliche Anstrengung, wird er für das Darstellen von urheberrechtlich geschützten Inhalten auf seiner Plattform haftbar.
Insbesondere bei grösseren Plattformen ist es nur schwierig vorstellbar, dass weltweit bei unzähligen Urhebern Genehmigungen für das Anbieten der Inhalte eingeholt werden können. Im Ergebnis wird dies daher darauf hinauslaufen, dass Upload-Filter eingesetzt werden müssen, um zu entscheiden, was auf den Plattformen zugänglich gemacht wird und was nicht.
Welche Plattformen sind betroffen?
Diese hoch umstrittenen Vorgaben sollen nach dem Entwurf, der aktuell erst in Englisch vorliegt, für «online content sharing service provider» gelten. Diese werden folgendermassen definiert:
«a provider of an information society service whose main or one of the main purposes is to store and give the public access to a large amount of works or other subject-matter uploaded by its users which it organises and promotes for profit-making purposes.»
Dass hiervon Plattformen wie Youtube erfasst werden, erscheint offensichtlich. In Bezug auf andere Anbieter belässt insbesondere das Element “large amount” viel Interpretationsspielraum. Um der Kritik entgegenzuwirken will der EU-Rat allerdings verschiedene Plattformen von den neuen Pflichten befreien. Diese werden wie folgt umschrieben:
«Providers of services such as non-for-profit online encyclopaedias, non-for-profit educational and scientific repositories, non-for-profit open source software developing platforms, as well as internet access service providers, online marketplaces and providers of cloud services which allow users, including businesses for their internal purposes, to upload content for their own use»
In Bezug auf Online-Marktplätze geht allerdings aus den Erwägungsgründen der Richtlinie wiederum hervor, dass diese nicht stets von den Vorgaben befreit sind. Vielmehr soll dies nur gelten für «online marketplaces whose main activity is online retail and not giving access to copyright protected content».
Schutz für Presseverleger
Ein weiteres Ziel der EU-Urheberrechtsrichtlinie ist die Verbesserung des Schutzes für journalistische Online-Inhalte. Verboten werden soll die kostenfreie Übernahme von Pressinhalten auf Webseiten Dritter. Anders als im Vorschlag der EU-Kommission soll dieser Schutz nur zwölf Monate statt 20 Jahre gelten. Der ursprüngliche Entwurf wurde stark kritisiert, weil auch automatische Link-Vorschauen (sog. „snippets“ mit Titel, Bild und kurzem Textausschnitt), wie sie häufig in sozialen Netzwerken Anwendung finden, entgeltlich bzw. verboten würden.
Der Entwurf des EU-Rats sieht nun vor, dass unerhebliche Bestandteile eines Pressinhalts vom Verbot nicht erfasst sind. Was unter einem unerheblichen Bestandteil zu verstehen ist, kann jeder Mitgliedstaat selbst bestimmen. Berücksichtigt werden sollen dabei der intellektuelle Gehalt oder die Grösse des Textausschnitts. Da somit die Abgrenzung zwischen verbotenen und erlaubten unerheblichen Inhalten den Mitgliedsstaaten vorbehalten wurde, dürfte die Anwendung dieses Artikels innerhalb der Europäischen Union sehr unterschiedlich ausfallen und die Handhabung dadurch erschwert werden.
Text und Data Mining
Die Richtlinie sieht darüber hinaus eine europaweite Ausnahme vom Urheberrechtsschutz für moderne Recherchemethoden (Text and Data Mining) vor, sofern sie von Forschungseinrichtungen durchgeführt werden. Bei einer solchen Recherche kann somit entschädigungslos auf urheberrechtlich geschützte Inhalte zugegriffen werden.
Forschungseinrichtungen sind nur solche, welche entweder nicht auf Gewinnbasis agieren oder ein vom Staat anerkanntes öffentliches Interesse verfolgen (z.B. durch öffentliche Finanzierung, öffentlich-rechtliche Organisationsform).
Ausblick
Der EU-Rat versucht mit dem neuen Entwurf eine Kompromisslösung zu finden und der anhaltenden Kritik zum ursprünglichen Entwurf Rechnung zu tragen. Die Reaktionen der betroffenen Kreise machen aber deutlich, dass dies, wenn überhaupt, nur sehr begrenzt gelungen ist. Ferner unterstützen verschiedene Mitgliedstaaten, darunter Deutschland, den nun vorgestellten Kompromiss nicht. Gleichwohl wird der Vorschlag nun als Mandat dienen, um in die abschliessenden Verhandlungen mit dem Parlament und der Kommission einzutreten. Bis ein gemeinsamer Standpunkt für die neue EU-Urheberrechtsrichtlinie gefunden wird, dürfte es daher noch eine Weile dauern.
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