Neues aus Deutschland: Double-Opt-in-Verfahren angeblich unzulässig


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Gastautor: Martin Schirmbacher, HÄRTING Rechtsanwälte, Berlin

Schweizer Online-Händler und Marketing-Spezialisten sind bei dem Blick nach Deutschland Kummer gewohnt. Doch nun kommt es mal wieder besonders hart. Ein Urteil des Oberlandesgerichts München zum E-Mail-Marketing erschüttert die Branche. Das Münchener Gericht hat ein Urteil gefällt, wonach schon die Bestätigungs-E-Mail im Rahmen eines Double-Opt-in-Verfahrens als Spam anzusehen ist, wenn nicht nachgewiesen wird, dass der Empfänger in diese E-Mail eingewilligt hat.

Zum Hintergrund: Das Double-Opt-in-Verfahren

In Deutschland bedarf jede Werbung per E-Mail der vorherigen ausdrücklichen Einwilligung des Empfängers. Weil der Versender beweisen muss, dass sich gerade der Inhaber der E-Mail-Adresse mit dem Empfang der Werbung einverstanden erklärt hat, hat sich das Double-Opt-in-Verfahren etabliert. Hierbei trägt der spätere Empfänger seine E-Mail-Adresse in der Regel auf der Website des Versenders ein. Sodann wird an die eingegebene E-Mail-Adresse eine Bestätigungs-E-Mail gesandt. Nur wenn der Empfänger auf diese E-Mail noch einmal reagiert (zum Beispiel einen in diese Check-Mail integrierten Bestätigungs-Link anklickt), wird die fragliche E-Mail-Adresse tatsächlich in den Verteiler aufgenommen.

Die Entscheidung des Gerichts

Das Oberlandesgericht München hat entschieden, dass schon die erste Bestätigungs-E-Mail im Rahmen eines Double-Opt-In-Verfahrens unzulässig ist, wenn kein Nachweis über das Vorliegen einer Einwilligung geführt werden kann (OLG München vom 29.9.2012, Az. 29 U 1682/12). Ein Nachweis über das Vorliegen einer Einwilligung kann jedoch nicht erbracht werden. Jeder Internetnutzer kann in das Formular jede beliebige E-Mail-Adresse eintragen.

So war es auch in dem entschiedenen Fall, bei dem ein Steuerberatungsbüro wegen der Check-Mail gegen einen Anlageberater auf Unterlassung geklagt hatte. Die Beklagte machte lediglich geltend, ein Double-Opt-in-Verfahren eingesetzt zu haben, teilte aber nicht mit, wann die E-Mail-Adresse des Steuerberatungsbüros eingetragen wurde.

Weil der Beweis einer Einwilligung nicht geführt wurde, verurteilte das Gericht den Anlageberater zur Unterlassung.

Rechtslage in Deutschland

Qualifiziert man die im Anschluss an über ein Webformular generierte E-Mail-Adresse gesendete Check-Mail tatsächlich als Werbung, ist das Double-Opt-in-Verfahren praktisch tot. Dies ist jedoch weder zwingend noch gerechtfertigt. Der Werbebegriff darf nicht soweit verstanden werden, dass jede Kommunikation davon erfasst ist. Mit der gleichen Argumentation könnte man auch Eingangsbestätigungen und Abwesenheitsnotizen, Transaktionsmails, sogar beliebige Geschäftskorrespondenz als Werbung auffassen.

Letztlich bringt denn auch die Bestätigungs-E-Mail lediglich zum Ausdruck, dass die betreffende E-Mail in das entsprechende Formularfeld eingetragen wurde. Erfolgt darauf keine Reaktion, gibt es auch keine weitere Werbesendung.

Dies hat letztlich auch der BGH so entschieden, der das Double-Opt-in-Verfahren – allerdings in anderem Zusammenhang und ohne auf die Check-Mail explizit einzugehen – ausdrücklich als zulässige Form der Einholung der Einwilligung gewertet hat (BGH vom 10.2.2011, Az. I ZR 164/09 – Double-Opt-In).

Es bleibt zu hoffen, dass der BGH Gelegenheit haben wird, diese Ansicht zu bestätigen und endgültig Rechtssicherheit in das Double-Opt-in-Verfahren zu bringen.

Konsequenzen für E-Mail an Kunden in Deutschland

Wer werbende E-Mail an deutsche Kunden verschickt, muss damit nun nicht sofort aufhören. Zum einen ist das Urteil des Gerichts ein Einzelfall und keinesfalls sicher oder auch nur wahrscheinlich, dass andere Gerichte ähnlich entscheiden würden. Zum anderen sind bestehende Verteiler nicht betroffen. Wer auf den Bestätigungslink geklickt hat, hat seine Einwilligung erteilt. Ein Vorgehen gegen die Check-Mail, die dem Anklicken des Links zugrunde liegt, dürfte nur in krassen Ausnahmefällen noch in Betracht kommen.
Das Urteil gibt aber Anlass – aus deutscher Sicht – auf ein paar Punkte hinzuweisen:

(1) Der Anmeldeprozess sollte sorgfältig protokolliert, dokumentiert und ausdruckbar gespeichert werden. Insbesondere Zeitpunkt der Eintragung und IP-Adresse des Nutzers sollten gespeichert werden. Dies sollte dann auch in der Datenschutzerklärung auf der Website erwähnt werden.

(2) Die Bestätigungs-E-Mail darf lediglich informatorisch sein und darf keinerlei Werbung enthalten. Dazu zählt auch, dass weder Logos noch die Coprorate Identity des Unternehmens im Übrigen verwendet werden sollten.

(3) Die Reaktion auf die Bestäigungs-E-Mail muss sorgfältig protokolliert, dokumentiert und ausdruckbar gespeichert werden.

(4) Wer darlegen kann, wann und mit welcher IP-Adresse die E-Mail-Adresse des Empfängers eingetragen wurde, kann auch weiter davon ausgehen, dass das Double-Opt-in-Verfahren zulässig ist.

Anmerkungen zum schweizerischen Recht

Trotz der vergleichbaren Rechtsvorschriften im schweizerischen UWG dürften solche Fälle von Schweizer Gerichten anders beurteilt werden. In der Schweiz fehlt zwar bisher eine höchstrichterliche Rechtsprechung zum Thema Werbe-E-Mails bzw. Spam. In der Lehre herrscht aber weitgehend Einigkeit darüber, dass das Double-Opt-in-Verfahren datenschutzrechtlich und lauterkeitsrechtlich zulässig ist. Auch wenn eine Einwilligung für Werbemails nach Schweizer Recht nicht ausdrücklich erfolgen muss, ist es empfehlenswert, diese in nachweisbarer Form festzuhalten. Die Beachtung der oben beschriebenen Punkte ist deshalb auch für den Versand von Check-Mails innerhalb der Schweiz empfehlenswert.

Weitere Informationen: Einwilligung in E-Mail-Werbung in Deutschland – Alternativen zum Double-Opt-In

Ansprechpartner: Lukas Bühlmann


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