Online Reservationen

“No Show” – und wieso Online-Reservationen dem Gastgewerbe dagegen helfen können


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In letzter Zeit beklagen sich vermehrt Gastwirtschaftsbetriebe über Einbussen, die sie aufgrund von Nichterscheinen der Gäste nach vorangehender Tischreservation erleiden. Der nachfolgende Beitrag, der in gekürzter Form im neuen Lifestyle-Magazin BMQ** erscheint, legt dar, welche Probleme bei der Geltendmachung von Schadenersatz auf die Gastwirtschaftsbetriebe zukommen und was sie dagegen tun können.

Gastwirte, Ärzte, Anwälte, Physiotherapeuten oder Coiffeursalons haben etwas gemeinsam – sie alle ermöglichen ihren Kunden, auf einfachste Art und Weise einen Tisch zu reservieren oder einen Behandlungs-/Besprechungstermin zu vereinbaren. Meistens erfolgt die Reservation bzw. Terminvereinbarung mittels Anruf durch den potentiellen Kunden. So lässt sich schnell und effizient einen für beide Seiten passenden Termin finden und vom Kunden werden in der Regel der Name sowie die Telefonnumer für allfällige Rückfragen notiert. Diese auch heute noch gebräuchliche Art der Terminvereinbarung ist grundsätzlich ebenso für die Dienstleistungserbringer von Interesse, weil sie ohne Aufbau einer (teuren) Reservations- bzw. Terminerfassungsplattform ressourcenschonend eine Vielzahl von Kundenanfragen bearbeiten können. Allerdings kommt es immer wieder vor, dass Kunden trotz einer Tischreservation bzw. Terminvereinbarung nicht zum gewünschten Zeitpunkt erscheinen („No Show“). Es fragt sich, welche Möglichkeiten die Dienstleistungserbringer in solchen Fällen haben, um allfällige finanzielle Schäden möglichst tief zu halten und unter welchen Bedingungen es sinnvoll wäre, neben oder anstatt der telefonischen Buchungsmöglichkeit eine Reservationsplattform anzubieten.

Nachfolgend beschränkt sich der Beitrag auf die Gastwirtschaftsbetriebe, welche wohl mit Abstand am häufigsten mit dem Problem und den Folgen von “No Shows” zu kämpfen haben.

Geltendmachung einer Reservations- oder Behandlungsgebühr bei einer “No Show”?

Heutzutage gibt es vereinzelt Gastwirtschaften, die eine Reservationsgebühr erheben, welche direkt von der Kreditkarte abgezogen wird, wenn der Gast den für ihn reservierten Tisch nicht in Anspruch nimmt. Oder sie stellen dem Gast nachträglich eine Rechnung für den nicht beanspruchten Tisch aus. Die Höhe der Gebühr wird entweder in Form einer Pauschale respektive Konventionalstrafe (eventuell in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Gastwirtschaft) oder aufgrund des tatsächlich oder mutmasslich eingetretenen finanziellen Schadens festgelegt. Doch ist dieses Vorgehen aus rechtlicher Sicht zulässig?

Wann kommt ein verbindlicher Vertrag zustande?

Im Allgemeinen gilt, dass Verträge bereits mündlich abgeschlossen werden können (Art. 1 Abs. 1 Obligationenrecht, OR). Ausnahmen von diesem Grundsatz der Formfreiheit sind gesetzlich geregelt (Art. 11 Abs. 1 OR) oder die Parteien vereinbaren, dass der Vertrag schriftlich abgeschlossen werden muss, um gültig zu sein. Bei der telefonischen Reservierung eines Restaurant-Tisches kommt zwischen der Gastwirtschaft und dem Gast ein verbindlicher (mündlicher) Bewirtungsvertrag zustande. Der Wirt verpflichtet sich, den Kunden zu bedienen, ihm einen Tisch zur Verfügung zu stellen, einen Garderobenplatz bereit zu halten, Essen anzubieten etc. Demgegenüber signalisiert der Besucher seine Bereitschaft, ein Entgelt für diese verschiedenen Dienstleistungen zu leisten. Der Gastwirt informiert sich in der Regel über die Anzahl der Gäste, damit er einen geeigneten Tisch reservieren kann. Für den Gast sind die Preise für Speis und Trank im ausgesuchten Restaurationsbetrieb bestimmt bzw. bestimmbar. Damit kommt ein verbindlicher Vertrag über die wesentlichen (unerlässlichen) Vertragsbestandteile zustande. Nur ausnahmsweise bleiben die Zahl der Gäste unklar und/oder die Preise für die Speisen und Getränke unbestimmt, womit nach einem Teil der Rechtslehre lediglich ein so genanntes reines Gefälligkeitsverhältnis ohne jegliche rechtliche Verbindlichkeit vorliegt. In diesem Fall könnte der Gastwirt über den Tisch trotz mündlicher Abrede grundsätzlich frei verfügen, währenddem der Gast bei Nichterscheinen nicht belangt werden könnte.

Und wie ist es mit Schadenersatzanspruch?

In den allermeisten Fällen kommt ein verbindlicher Bewirtungsvertrag zwischem dem Gastwirt und seinem Gast zustande. Dieser wird verletzt, wenn der Gast trotz Reservation nicht zum vereinbarten Zeitpunkt erscheint. In einem solchen Fall hat der Gastwirt nach Wahl einerseits die Möglichkeit, entweder sofort vom Vertrag zurückzutreten und den reservierten Tisch einem anderen Gast zu offerieren, um seinen Schaden möglichst gering zu halten. Oder aber er hält am Vertrag fest und fordert vom nicht erschienenen Gast eine Entschädigung für den frei gebliebenen Tisch bzw. Raum (Art. 107 Abs. 2 OR). Dazu ist erforderlich, dass dem Gastwirt gewisse Informationen des Gastes wie sein vollständiger Name und seine Wohnadresse vorliegen, um den Entschädigungsanspruch überhaupt einfordern zu können. Vorteilhaft wäre insbesondere, die Kreditkartendaten des Gastes vorab, beispielsweise anlässlich der Tischreservation, erhältlich zu machen. Betreibt die Gastwirtschaft eine Online-Reservationsplattform, kann sie eine Tischreservation von der Angabe des Namens, der Wohnadresse und Kreditkartendaten abhängig machen. Um klare Verhältnisse zu schaffen wäre es zudem von Vorteil, dem Gast darauf hinzuweisen, dass bei einem Nichterscheinen eine Reservationsgebühr anfallen würde. Doch auch ohne diesen Hinweis bleibt der Entschädigungsanspruch des Gastwirts bestehen, zumal der Gast davon ausgehen muss, dass ein nicht besetzter Tisch grundsätzlich zu einem Schaden beim Gastwirt führen kann

Durchsetzung des Schadenersatzanspruchs

Bei einer Tischreservation begnügen sich Gastwirte meistens damit, nach dem Namen und allenfalls der Telefonnummer des Gastes zu fragen. In diesen Fällen ist dem Gastwirt bei Nichterscheinen des Gastes in der Regel die erste der oben erwähnten Varianten, nämlich den sofortigen Vertragsrücktritt und das Anbieten des Tisches an andere Gäste zu empfehlen, womit der mit Zeit und regelmässig auch mit Zusatzkosten verbundene Aufwand für die Geltendmachung der Entschädigung entfällt. Auch lohnt sich der Aufwand meistens nicht, wenn es sich um eine Tischreservation für eine oder zwei Personen handelt. Wird jedoch ein Raum oder ein grösserer Teil des Gastwirtschaftsbetriebs z.B. für eine Hochzeitsgesellschaft oder einen anderen grösseren Anlass reserviert, lohnt sich in aller Regel die Geltendmachung des Entschädigungsanspruchs bei einer “No Show”.

Zu beachten ist allerdings, dass den Gastwirt eine sog. Schadensminderungspflicht trifft (Art. 44 Abs. 1 OR), was bedeutet, dass er alles Zumutbare unternehmen muss, um seinen Schaden möglichst klein zu halten. Er sollte also den frei gebliebenen Tisch bei einer „No Show“ einem anderen Gast anbieten, wenn er die Möglichkeit dazu hat. Falls nicht, kann er vom fehlbaren Gast eine Entschädigung fordern, die seinem Ausfallbetrag entspricht und deren Höhe er im Streitfall nachweisen müsste. Bucht der Gastwirt den Ausfallbetrag von der Kreditkarte des Gastes ab, so hätte letzterer die Möglichkeit, sich über die Abbuchung innerhalb einer Frist von in der Regel 30 Tagen beim Kreditkartenunternehmen zu beschweren. Tut er dies nicht, müsste der Gast gerichtlich gegen die Abbuchung vorgehen und eine Klage einreichen. Dabei hat der Gast die Wahl, die Klage bei der Schlichtungsbehörde an seinem Wohnsitz oder am Sitz des Gastwirtschaftsbetriebs einzureichen (Art. 32 Abs. 1 lit. a und 197 Zivilprozessordnung, ZPO). Klagt hingegen der Gastwirt auf Schadenersatz, so steht ihm einzig die Einreichung der Klage bei der Schlichtungsbehörde am Wohnsitz des Gastes zur Verfügung (Art. 32 Abs. 1 lit. b ZPO).

Erleichterungen und Vorteile beim Aufbau einer Online-Reservationsplattform

Aufgrund der technischen Möglichkeiten und der vernetzten und nahezu jederzeit erreichbaren Gesellschaft bietet es sich heute an, über den Aufbau einer Reservationsplattform nachzudenken. Diese kann grundsätzlich in die bestehende Webseite der Gastwirtschaft integriert werden. Insbesondere bei mehreren zusammengehörenden Betrieben kann es sinnvoll sein, in eine Reservationsplattform zu investieren, um so unter anderem besser gegen „No Shows“ vorgehen zu können. Über die Webseite oder App müssten sich potentielle Gäste mit vollständigem Namen, aktueller Wohnadresse, gültiger Email-Adresse, Telefonnummer und mit weiteren Angaben (bspw. Zahlungsinformationen) ins Buchungssystem registrieren, um einen Tisch reservieren zu können. Beim Anwählen eines Tisches könnte die Reservationsgebühr angezeigt werden, die im Falle des Nichterscheinens verrechnet werden würde. Die registrierten Gäste könnten weiter mit einem Newsletter über Neuigkeiten, Aktionen oder Änderungen beispielsweise in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) oder in den Datenschutzbestimmungen informiert werden. Plant ein Gastwirt, eine Reservationsgebühr in Form einer Pauschale bzw. einer Konventionalstrafe bei Nichterscheinen eines Gastes zum vereinbarten Zeitpunkt gemäss den eigenen AGB zu verrechnen, ist es unerlässlich, dass der Gast vorgängig über den Inhalt der AGB Kenntnis erhält, andernfalls diese nicht Vertragsbestandteil des Bewirtungsvertrags werden und nicht zur Anwendung gelangen.

Der vorliegende Beitrag zu «No Shows» von RA Giuseppe Di Marco basiert auf einem Beitrag zum gleichen Thema im Rahmen einer von Bühlmann Rechtsanwälte AG im Rahmen des Lifestyle-Magazin BMQ betreuten Rechtskolumne.


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