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Vor kurzem musste sich das Oberlandesgericht Köln mit Nachahmungen der Bounty- und Snickers-Verpackungen befassen. Ein Türkischer Süsswarenhersteller hatte diese im Rahmen einer Süsswarenmesse in Deutschland präsentiert. Das OLG Köln kam zum Schluss, dass die Gestaltung der Verpackung des bounty-ähnlichen „Wish“-Riegels nicht zu beanstanden sei, da sie sich weit genug von der Bounty-Verpackung abhebe. Hingegen stelle die Verpackungsgestaltung des snickers-ähnlichen „Winergy“-Riegels als unlautere Nachahmung der Snickers-Produktaufmachung dar und sei deshalb wettbewerbswidrig.
Rechtlicher Hintergrund
Gegen die Nachahmung von Produkten oder deren Verpackungen können die Betroffenen sowohl in der Schweiz als auch in Deutschland insbesondere lauterkeits- oder immaterialgüterrechtlich vorgehen. In der Schweiz sind entsprechende Klagen in den einzelnen immaterialgüterrechtlichen Gesetzen und im Lauterkeitsrecht vorgesehen. Selbst wenn kein Immaterialgüterrechtsschutz besteht, bleibt dem Verletzten immerhin die Möglichkeit, gestützt auf das Bundesgesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) gegen unlautere Anlehnungen vorzugehen (vgl. Art. 3 Abs. 1 Bst. d UWG; sog. Ausstattungsschutz).
Bei der Frage, ob die Gestaltung der Verpackung eines Produkts durch die Anlehnung an eine fremde Verpackungsgestaltung immaterialgüterrechtsverletzend oder unlauter ist, ist immer eine Einzelfallbetrachtung notwendig. Dies verdeutlicht ein aktuelles Urteil des Oberlandesgerichts Köln, in welchem das Gericht differenziert zu den Unterschieden und Gemeinsamkeiten zwischen den „Originalverpackungen“ und den „Nachahmungen“ Stellung nimmt und schliesslich nur in einem Fall eine wettbewerbsrechtlich unzulässige Anlehnung erblickt.
Anlehnen an bekannte Produktverpackungen
Was war passiert? Anlässlich einer Süsswarenmesse in Köln präsentierte ein Türkischer Süsswarenhenhersteller im Jahr 2012 die unten abgebildeten Schokoriegel, wobei der eine („Winergy“) mit einer Erdnuss-Karamell-Nougat-Füllung, der andere („Wish“) mit einer Kokos-Füllung angeboten wurde.
Da sowohl die Formen als auch die Verpackungen dieser Schokoriegel ihren eigenen (Bounty, Snickers) zu ähnlich waren, ging ein deutscher Süsswarenhersteller (auch im Namen seiner amerikanischen Muttergesellschaft) gegen diese vor. In seiner Klage vor dem Landgericht Köln forderte er insbesondere ein Verbot des Angebots, des Vertriebs, des Inverkehrbringens sowie der Bewerbung der oben abgebildeten Schokoriegel und Verpackungen.
Das Landgericht hiess die Klage gut und verbot dem türkischen Unternehmen, diese weiterhin in Deutschland anzubieten, zu vertreiben, in Verkehr zu bringen oder zu bewerben. Gegen dieses Urteil erhob das unterlegene Unternehmen Berufung und gelangte so an das Oberlandesgericht Köln. Vor diesem forderte es die Abweisung der Klage. Das Oberlandesgericht hiess die Berufung teilweise gut und wies damit die Klage teilweise ab.
Südsee-Landschaft fehlt: „Wish“-Verpackung nicht mit „Bounty“-Verpackung verwechselbar
Als erstes untersuchte das Oberlandesgericht die Verpackung des „Wish“-Riegels und verglich diese mit derjenigen des bekannten Produktes „Bounty“. Das Gericht stellte dabei in seinen Vorbemerkungen fest, dass die Bounty-Verpackung ihre Eigenart nicht allein oder hauptsächlich aus der blau-weissen Hintergrundgestaltung beziehe, sondern vom Gesamteindruck der Verpackung, also dem Zusammenspiel der aufgebrachten Produktbezeichnung, den bildlichen Darstellungen und der farblichen Ausgestaltung geprägt werde.
Die Bounty-Verpackung zeichne sich einerseits optisch dadurch aus, dass das Wort „Bounty“ in aufrechten weissen Druckgrossbuchstaben gehalten sei, welche sich über nahezu die gesamte Höhe und Breite der Oberseite ziehen und aufgrund ihrer dunkelblauen und goldfarbenen Schattierung dreidimensional wirken.
Ergänzt werde diese Produktbezeichnung durch eine grünfarbige Palmenlandschaft an der linken Seite sowie, auf einem grünen Palmwedel drapiert, eine Hälfte sowie ein weiteres Stück einer aufgeschlagenen Kokosnuss an der rechten Seite. Farblich hinterlegt seien diese Gestaltungselemente durch eine Darstellung, die den Eindruck einer Landschaft aus Strand, Meer und Himmel vermittle. Insgesamt weise die Verpackungsgestaltung die charakteristische „Anmutung“ einer Südsee-Landschaft auf.
Die Verpackung des Wish-Riegels hingegen übernehme zwar die Grundlagen der Bounty-Verpackung, unterscheide sich jedoch deutlich genug von dieser „Vorlage“. Der weiss-blau verwischte Schriftzug der Produktbezeichnung sei in schwungvollen, nicht dreidimensional ausgeformten Buchstaben mit einem grossen Anfangs- und nachfolgenden Kleinbuchstaben gehalten. Darüber hinaus fehle der Wish-Verpackung das Gestaltungselement einer grünen Palmenlandschaft. Stattdessen verleihe der blaue Hintergrund, der durch weisse Sterne ergänzt wird, der Darstellung „die Anmutung eines Sternenhimmels bzw. eines Weltraums“. Die beanstandete Verpackung habe deshalb einen insgesamt deutlich anderen Gesamteindruck als die „BOUNTY“-Verpackungen.
Unter Berücksichtigung des Gesamteindrucks der beiden Verpackungsgestaltungen weist die Verpackung des Wish-Riegels somit laut Oberlandesgericht ein eigenständiges Erscheinungsbild auf. Die Konsumenten würden somit nicht über die betriebliche Herkunft der Ware getäuscht. Das Gericht wies die Klage diesbezüglich ab.
Verwendung einer ähnlichen Form ist vorliegend keine Markenrechtsverletzung
Zum gleichen Ergebnis kam das Gericht in Bezug auf die Form des Wish-Riegels. Ein Verbot dieser Form sei nicht gerechtfertigt, da sie einerseits nicht mit der eingetragenen Formmarke identisch sei. Andererseits stellen die Abweichungen der beiden Formen laut Oberlandesgericht keine derart geringfügigen Abwandlungen dar, dass sie einem Durchschnittskonsumenten entgehen könnten. Ausserdem habe das türkische Unternehmen die Form des Schokoladenriegels nicht als Herkunftshinweis und damit auch nicht markenmässig gebraucht. Eine Markenrechtsverletzung liege deshalb nicht vor. Hinzu komme, dass es sich bei der Form grundsätzlich lediglich um eine Variante der üblichen Form bei Schokoladenriegeln handle, die nur als dreidimensionale Marke eingetragen werden konnte, weil sie sich im Verkehr als Marke durchgesetzt hatte.
Snickers- Verpackung in Winergy-Verpackung deutlich erkennbar
Anders beurteilte das Gericht jedoch die Verpackung des Winergy-Schokoriegels. Diese weise deutliche Parallelen zur bekannten Snickers-Verpackung auf. Sie sei deshalb wettbewerbswidrig.
Charakteristisch für die Snickers-Verpackung sei der auf der Oberseite mittig angeordnete, in blauen, leicht nach rechts geneigten Grossbuchstaben gehaltene Schriftzug „SNICKERS“, welcher auf einer länglichen weissen, von einer roten Linie umrandeten Fläche angebracht sei. Auf der daran angrenzenden dunkelbraunen Fläche fänden sich zudem verstreute Abbildungen von halben und ganzen geschälten gelbbraunen Erdnüssen.
Die Verpackung des Winergy-Riegels lehne sich erkennbar an diese Verpackung an, indem sie die prägenden Gestaltungsmerkmale übernommen habe.
So ist gemäss Oberlandesgericht die nahezu mittig angeordnete Produktbezeichnung „Winergy“ ebenfalls in nach rechts geneigten Druckbuchstaben gehalten, die sich über einen Grossteil der Oberseitenfläche erstrecken. Die Lilafärbung der Buchstaben könne von den Konsumenten kaum von der blauen Farbe des „SNICKERS“-Schriftzugs unterschieden werden. Auch die Tatsache, dass die Produktbezeichnung „Winergy“ nicht mit einer weissen, rotfarbig eingerahmten Fläche hinterlegt sei, ändere nichts an der Ähnlichkeit der Verpackungen, da die Verwendung einer weissen und roten Umrandung der Einzelbuchstaben deutlich an die optische Untermalung des „SNICKERS“-Schriftzugs erinnere. Darüber hinaus seien auf der schwarzbraunen Grundfläche verstreut halbe und ganze geschälte gelbbräunliche Erdnüsse abgebildet, weshalb die Snickers-Verpackung klar erkennbar bleibe. Der durchschnittliche Konsument gehe laut Oberlandesgerichts deshalb davon aus, dass es sich beim Winergy-Riegel um eine Zweitmarke handle und nehme an, dass die beiden Schokoriegel vom gleichen Unternehmen hergestellt würden. Die Konsumenten würden somit über die betriebliche Herkunft der Ware getäuscht. Das türkische Unternehmen nutze den Ruf des Snickers-Herstellers in unangemessener Weise aus. Daran ändere auch das Anbringen des Unternehmenskennzeichens „Sölen“ nichts, denn diese Bezeichnung sei den deutschen Konsumenten nicht ohne weiteres als Herstellerbezeichnung bekannt, namentlich weil das Unternehmen bisher auf dem deutschen Markt kaum präsent gewesen sei.
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