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Seit dem 1. Juli 2022 gilt eine revidierte Fassung der Schweizer Preisbekanntgabeverordnung (PBV). Mit der PBV-Revision werden die Anforderungen an die Preisbekanntgabe klarstellt. Demnach muss jede Preisbekanntgabe stets alle nicht frei wählbaren Zuschläge enthalten und somit dem tatsächlich zu bezahlenden Preis (sog. Detailpreis) entsprechen. In Abweichung von vereinzelten Stellungnahmen wurde damit bekräftigt, dass die Angabe von solchen Preiszuschlägen (wie z.B. Servicegebühren) erst am Ende des Online-Bestellprozesses unzulässig ist. Vielmehr sind nicht frei wählbare Zuschläge bereits von Beginn weg in den angebenden Preis einzubeziehen. Abweichende Stellungnahmen, die auf einer falschen Interpretation der bundesgerichtlichen Urteile in den Viagogo-Verfahren beruhten, werden damit obsolet. Nach der fortan geltenden Revision müssen Versandkosten zudem explizit nicht im Preis eingerechnet sein. Sie dürfen also weiterhin gesondert ausgewiesen werden, solange dies transparent erfolgt. Auch in diesem Punkt bleibt es bei der bisherigen Praxis und Sonderbehandlung. Die PBV-Revision bringt erfreulicherweise endlich Rechtssicherheit für diese in der Praxis wichtigen Fragen.
Grundlagen der Preisbekanntgabepflicht
Im Unterschied zu vielen anderen Rechtsbereichen gelten in der Schweiz detaillierte und strenge Vorschriften für die Preisbekanntgabe im B2C-Verkehr. Diese Vorschriften sind primär in der Preisbekanntgabeverordnung (PBV) verankert. Verstösse gegen die PBV können mit Bussen sanktioniert werden. Ausgehend davon und aufgrund der sektorübergreifenden Anwendung sind die Vorschriften der PBV in der Praxis von grosser Bedeutung.
Im Kern verlangt die PBV, dass beim Angebot von Waren zum Kauf und (gewissen) Dienstleistungen die tatsächlich zu bezahlenden Preise bekanntgegeben werden. Dieser Preis wird als Detailpreis bezeichnet. Verlangt wird also die Angabe des Preises mit allen öffentlichen Abgaben (insb. die MwSt) und allen nicht frei wählbaren Zuschlägen (vgl. Art. 3, 4 und 10 PBV; vgl. zum Ganzen auch unseren Leitfaden zur Preisbekanntgabe).
Fehlinterpretation der Viagogo-Urteile des Bundesgerichts
Auch wenn die PBV-Vorschriften vergleichsweise detailliert sind, ist die Regelung in Bezug auf den Zeitpunkt bzw. die Art und Weise der Bekanntgabe namentlich im Online-Kontext lückenhaft. Es fehlt jedenfalls eine explizite Regelung dazu, ob und wie Preisbestandteile und Zuschläge gesondert oder zu einem späteren Zeitpunkt im Bestellprozess ausgewiesen werden dürfen. Bedauerlicherweise hat das Bundesgericht die Gelegenheit in den zwei Verfahren zur Ticket-Vermittlungsplattform Viagogo nicht genutzt, um in dieser Hinsicht Klarheit zu schaffen (vgl. MLL-News vom 27.1.2022 und MLL-News vom 22.2.2021).
Im Gegenteil haben die Urteile vereinzelte falsche juristische Stellungnahmen hervorgerufen. So wurde behauptet, das Bundesgericht hätte festgehalten, dass es genüge, den Detailpreis online auch erst im letzten Bestellschritt aufzuführen, solange der Nutzer nur hinreichend Zeit für den Abschluss der Bestellung habe. Dass das Bundegericht keine solche Aussage gemacht hatte, haben wir bereits dargelegt. Bei richtiger Interpretation der Urteile galt die Praxis des SECO, welche unter anderem in Merkblättern und Wegleitungen verankert ist, deshalb unverändert weiter (vgl. zum Ganzen auch unseren Leitfaden zur Preisbekanntgabe).
Jede Preisbekanntgabe muss den Detailpreis enthalten
Diese Ausgangslage veranlasste das SECO nun dazu, den Bundesrat zu einer Klarstellung der Regelungen in der PBV zu bewegen. Mit der am 1. Juli 2022 in Kraft gesetzten Revision der PBV kam der Bundesrat diesem Anliegen nach. Bezeichnenderweise wird denn in der Pressemitteilung des Bundesrats auch nicht von einer «Änderung» der Rechtslage, sondern einer «Präzisierung» gesprochen, mit welcher wieder Klarheit geschaffen werden soll. Interessanterweise nimmt der Bundesrat dabei aber nur Bezug auf das erste Urteil des Bundesgerichts in Sachen Viagogo (4A_235/2020, MLL-News vom 22.2.2021), «dessen Publikation Unsicherheit betreffend den Zeitpunkt der Preisbekanntgabe im Onlinehandel hervorgerufen hat.«
Klargestellt wird mit der PBV-Revision somit der «Zeitpunkt» der Angabe des Detailpreises. Nach der geänderten Regelung muss der Detailpreis «stets» angegeben werden (Art. 3 und 10 PBV). Diese Pflicht gilt selbstredend nur dort, wo überhaupt eine Bekanntgabepflicht besteht, also beim Angebot von Waren zum Kauf und bei gewissen Dienstleistungen. In der Werbung gilt demgegenüber keine Preisbekanntgabepflicht. Allerdings müssen, wenn in der Werbung (freiwillig) Preise angegeben werden, diese den tatsächlich zu bezahlenden Preisen, also wiederum den Detailpreisen entsprechen (Art. 13 PBV).
Mit anderen Worten muss jede Preisangabe, sowohl in Angeboten als auch in der Werbung, den Detailpreis enthalten. Es genügt somit (auch künftig) nicht, einen Preis anzugeben, der noch nicht alle nicht frei wählbaren Zuschläge enthält. Solche Zuschläge müssen von Beginn an im angegebenen Preis enthalten sein. Unzureichend ist es, Gebühren und Zuschläge, die nicht frei wählbar sind, erst am Ende eines Bestellprozesses auszuweisen. Wie bis anhin ist daher der Detailpreis in Online-Shops spätestens auf der Produktdetailseite anzugeben.
Sonderbehandlung der Versandkosten bekräftigt – Unterschied zu Servicegebühren und Bearbeitungszuschlägen
Erfreulich im Sinne der Rechtsklarheit ist ferner auch die Klarstellung in Bezug auf die Versandkosten. Nach der Praxis des SECO war anerkannt, dass diese nicht in den anzugebenden Preis einzubeziehen waren. Vielmehr wurde toleriert, dass die Versandkosten gesondert neben dem Detailpreis ausgewiesen wurden. Mit der Revision wurde diese Praxis und die Sonderbehandlung von Versandkosten nun auch ausdrücklich in der Verordnung verankert.
Auch wenn die Behörden die gesonderte Angabe tolerierten, ist die Klarstellung namentlich für all diejenigen Fälle zu begrüssen, wo Versandkosten bei jeder Bestellung und stets in gleicher Höhe anfallen. Denn in diesen Fällen wäre fraglich, inwieweit Versandkosten als «frei wählbar» bezeichnet werden können und wieso diese anders behandelt werden als andere Zuschläge. So müssen nach Art. 4 und 10 Abs. 2 PBV alle nicht frei-wählbaren Zuschläge im Detailpreis enthalten sein. In dieser Hinsicht wird mit der Revision präzisiert, dass auch Service- und Bearbeitungsgebühren Beispiele für solche Zuschläge sein können. Dies ist ebenfalls vor dem Hintergrund der Viagogo-Verfahren zu sehen, wo solche Zuschläge beanstandet wurden (vgl. MLL-News vom 27.1.2022 und MLL-News vom 22.2.2021).
Für alle frei wählbaren Zuschläge und nicht in den Detailpreis einzubeziehenden Preisbestandteile gilt weiterhin, dass sie transparent auszuweisen sind. Es ist deshalb grundsätzlich ein Hinweis in unmittelbarer Nähe zur Angabe des Detailpreises zu empfehlen.
Grundpreis ebenfalls «stets» anzugeben
Eine weitere Änderung betrifft die Angabe des sogenannten Grundpreises. Dabei handelt es sich um den Preis bspw. je Liter, Kilogramm oder Meter, der dem Detailpreis zugrunde liegt. Der Grundpreis ist bei messbaren Waren anzugeben, wobei im Falle von vorverpackten Waren sowohl der Grundpreis als auch der Detailpreis anzugeben sind und zugleich zahlreiche Ausnahmen von der Grundpreisangabe bestehen (vgl. Art. 6 und 7 PBV).
Die Regelungen zur Art und Weise der Preisbekanntgabe betreffen jeweils auch den Grundpreis. Es gelten somit grundsätzlich die gleichen Regeln wie für die Bekanntgabe des Detailpreises. Insoweit ist es folgerichtig, dass auch die mit der PBV-Revision eingeführte Präzisierung in Bezug auf den «Zeitpunkt» der Bekanntgabe für den Grundpreis gleich lautet wie für den Detailpreis. Folglich ist nun ausdrücklich festgelegt, dass der Grundpreis (ebenfalls) «stets» auszuweisen ist, wo eine Pflicht dazu besteht. Es genügt daher auch bei diesem nicht, wenn er erst am Ende des Bestellprozesses ausgewiesen wird.
Fazit
Zusammenfassend bringt die Revision der PBV somit wenig Überraschendes oder Neues mit sich. Sie stellt vielmehr die Rechtslage klar und räumt falsche Interpretationen der Viagogo-Urteile des Bundegerichts aus dem Weg. Mit anderen Worten wird die Rechtsklarheit geschaffen, welche das Bundesgericht mit seinen zwei Entscheidungen bedauerlicherweise nicht selbst hergestellt hatte. Die klargestellte Rechtslage steht sodann nicht nur im Einklang mit den Zielen der PBV und der bisherigen Praxis, sondern auch mit der Lehre und Rechtsprechung zu Blickfangwerbung. Unabhängig davon, wie man zu diesem Ergebnis steht oder es als zu einschränkend einstuft, ist sie deshalb zumindest konsequent.
Zu bedauern ist jedoch, dass nicht auch Klarstellungen in anderer Hinsicht vorgenommen wurden. So spricht die Pressemitteilung des Bundesrats zwar davon, dass die PBV technologieneutral formuliert und sowohl auf den stationären Handel wie auch auf den Onlinehandel anwendbar sei. Allerdings ist die Regelung zur Art und Weise der Preis-Bekanntgabe nach wie vor auf den stationären Handel zugeschnitten. Wo genau der Preis in Online-Shops anzugeben ist, ergibt sich daraus nicht explizit. Auch wenn die korrekte Interpretation und Übertragung auf den Online-Kontext in der Regel keine Schwierigkeiten bereitet (vgl. hierzu insb. unseren Leitfaden zur Preisbekanntgabe und den Leitfaden des SECO), begegnet man in der Praxis gleichwohl gelegentlich anderen (unzureichend) begründeten Auffassungen. Folglich hätte man namentlich auch in diesem Punkt weitere Klarheit schaffen können.
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