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In einem am 28. Januar 2010 veröffentlichten Urteil bestätigt der deutsche Bundesgerichtshof seine Auffassung, dass es in einem Online-Shop nicht genügt, einen Hinweis auf die anfallenden Versandkosten erst zu geben, wenn die Waren in den virtuellen Warenkorb eingelegt worden sind. Allerdings kann es genügen, wenn im Online-Shop jedes einzelne Produkt den Hinweis „zuzüglich Versandkosten“ trägt und dies mit einer übersichtlichen und verständlichen Erläuterung der allgemeinen Berechnungsmodalitäten für die Versandkosten verlinkt ist. Unter Schweizer Recht fehlen bisher entsprechende explizite Regelungen oder Entscheidungen.
Dem Streit vor dem Bundesgerichtshof lag der Online-Shop eines Fotohändlers zugrunde. Dort waren Angaben zu Versandkosten erst aufrufbar, wenn der potenzielle Kunde tatsächlich Ware in den virtuellen Warenkorb eingelegt hatte. Dies reiche, so der BGH, nicht aus (Urteil vom 16. Juli 2009, Az.: I ZR 50/07). § 1 Abs. 2 Satz 2 der deutschen Preisanagbenverordnung verlange eine Information zu einem Zeitpunkt, in dem der Bestellvorgang noch nicht eingeleitet wurde.
Allerdings verschließt sich der BGH dem Argument vieler Online-Händler nicht, dass eine zuverlässige Angabe der Versandkosten in der Regel erst möglich ist, wenn feststeht, welcher Art und welcher Menge die Bestellung des Verbrauchers ist. Deshalb müssten nicht bei jeder Ware die tatsächlich anfallenden Versandkosten benannt werden. Es kann genügen, wenn ein Link angegeben wird, aus dem sich ergibt, dass zusätzlich Versandkosten anfallen (zzgl. Versandkosten). Dieser Link muss dann aber zu einem Fenster mit einer übersichtlichen und verständlichen Erläuterung der allgemeinen Berechnungsmodalitäten für die Versandkosten führen. Zudem müssen diese bei Aufruf des virtuellen Warenkorbes genau ausgewiesen werden.
Martin Schirmbacher: «Das Urteil gibt Anlass, noch einmal darauf hinzuweisen, dass Online-Händler die Versandkostenangabe diesen Anforderungen anzupassen haben. Ein Hinweis auf die Versandkosten muss abrufbar sein, ohne dass der Kunde Ware in den Warenkorb legt. Immerhin ist es nicht erforderlich, dass bei jeder Ware die zu erwartenden Versandkosten angegeben werden.»
In der Schweiz fehlen entsprechende ausdrückliche Regelungen oder Entscheidungen. Grundsätzlich muss gemäss Art. 7 Abs. 1 Preisbekanntgabeverordnung (PBV) der Detailpreis unmittelbar beim Angebot angegeben werden, wobei dieser Detailpreis grundsätzlich sämtliche Preisbestandteile, also auch die Versandkosten bereits beinhalten muss (Art. 3 Abs. 1 PBV). Dies gilt auch im Internet, macht jedoch gerade bei Versandkosten in einem Online-Shop, die ja je nach Destination der Lieferung unterschiedlich sein können, keinen Sinn. Diese können regelmässig erst bei Abschluss des Kaufvorganges, nämlich wenn auch die Adressdaten des Empfängers bekannt sind, ermittelt werden. Es wäre sicherlich sachgerecht, sich hier an den pragmatischen deutschen Regelungen zu orientieren. Insbesondere im E-Commerce ist es den Anbietern nicht zuzumuten, die Versandkosten in jedem Fall direkt in den unmittelbar beim im Shop angegebenen Produkt bekannt zu gebenden Detailpreis einzurechnen. Die Lösung, der unmittelbaren Anschriftspflicht durch einen Hinweis «zuzüglich Versandkosten» inklusive verständlicher Offenlegung der Berechnungsmodalitäten Genüge zu tun, erscheint sinnvoll und umsetzbar. Schlussendlich könnte sich diese Lösung auch auf die Bestimmung in Art. 7 Abs. 2 PBV stützen, die eine Ausnahme von der unmittelbaren Anschriftspflicht vorsieht, falls letztere aus technischen Gründen nicht angemessen erscheint.