Piraterie: Letzter Entwurf des ACTA-Abkommens veröffentlicht


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Am 2. Oktober 2010 wurde die letzte Verhandlungsrunde zur Ausarbeitung des umstrittenen Anti-Piraterie-Abkommens (ACTA) abgeschlossen. In dem dabei ausgehandelten Entwurf sind zahlreiche umstrittene Passagen nicht mehr enthalten. Insbesondere im Abschnitt über die Durchsetzung von Immaterialgüterrechten wird den Vertragsstaaten ein grosser Spielraum bei der Umsetzung belassen, da nur noch wenige verpflichtende Vorschriften bestehen. Eine Pflicht zur Einführung der Haftung von Internetprovidern für Verletzungshandlungen ihrer Kunden oder zur Einführung einer «Three-Strikes-Regelung» besteht anders als nach dem vorangegangenen Entwurf nicht. Auch in Bezug auf die Bestimmungen über die Umgehung technischer Massnahmen, die dem Schutz von Immaterialgüterrechten dienen, wurde das Abkommen so abgeschwächt, dass den Parteien keine neuen Pflichten auferlegt werden. Offen ist insbesondere noch die Frage, ob die Vertragsstaaten verpflichtet sein sollen, die unberechtigte Aufnahme von Filmen während der Aufführung im Kino unter Strafe zu stellen.

Die Vertragsstaaten, darunter die EU, die USA und die Schweiz, haben zum Abschluss der letzten ACTA-Verhandlungsrunde einen weiteren Entwurf vorgelegt, in welchem lediglich noch vereinzelte Punkte offen sind. Das Ziel von ACTA ist es, einen umfassenden und wirksamen internationalen Rahmen im Sinne eines Katalogs von «best practices» zu schaffen, um den Vertragsstaaten die Bekämpfung von Immaterialgüterrechtsverletzungen in Ergänzung zum TRIPS-Abkommen der WTO zu erleichtern. Demnach soll ACTA die Regeln harmonisieren, die bestimmen wie ein Rechteinhaber gegen Verletzungen vorgehen kann. Der Entwurf enthält hierzu Bestimmungen über zivilrechtliche, strafrechtliche und zollrechtliche Massnahmen, Bestimmungen über Rechtsdurchsetzung im Internet sowie Bestimmungen über die Zusammenarbeit der Vertragsstaaten. Anders als noch im vorangegangenen Entwurf (vgl. BR-News vom 21.4.2010) wird den Vertragsstaaten allerdings ein grösserer Spielraum belassen, sodass zumindest in der EU und in der Schweiz keine einschneidenden Gesetzesänderungen nötig sind, weil die Regelwerke bereits weiter gehen als die nun vorliegende Form von ACTA.

Heftig umstritten waren bislang vor allem die Bestimmungen über die Rechtsdurchsetzung im Internet. Vorgesehen war die Verpflichtung, eine Haftung von Internetprovidern für die Immaterialgüterrechtsverletzungen ihrer Kunden einzuführen. Diese Passage wurde aus dem Abkommenstext gestrichen. Die Staaten haben lediglich die Möglichkeit, sind aber nicht verpflichtet, den zuständigen Behörden das Recht zu geben, einen Internet Service Provider zur Herausgabe von Daten für die Identifizierung des Anschlussinhabers zu zwingen. Problematisch wäre dies insbesondere dann, wenn die Herausgabe ohne gerichtliche Verfügung angeordnet werden könnte. Der Entwurf verzichtet ferner darauf, eine sog. «Three-Strikes-Regelung» einzuführen, wonach einem User nach wiederholten Verletzungen von Immaterialgüterrechten der Zugang zum Internet gesperrt wird.

Auch in Bezug auf die rechtliche Behandlung von Personen, die technische Massnahmen zum Schutz von Immaterialgüterrechten (Bsp. Kopierschutz bei DVDs) umgehen oder Produkte anbieten, die dies ermöglichen, wurde das Abkommen so abgeschwächt, dass den Vertragsstaaten keine neuen Pflichten auferlegt werden. Im Ergebnis verfügen die Staaten über den gleich grossen Spielraum wie bereits nach dem WIPO-Internetabkommen (vgl. BR-News vom 14.3.2010).

Verpflichtende Besitmmungen sind demgegenüber insbesondere im strafrechtlichen Bereich enthalten. Einzige Ausnahme ist dabei die Regelung zur Bestrafung der unberechtigten Aufnahme von Filmen in Kinos. Die Staaten konnten sich bis anhin noch nicht darüber einigen, dass eine Pflicht zur Bestrafung auch hier bestehen soll.

Insgesamt haben sich die Befürchtungen über zu weitgehende Eingriffe in die Grundrechte von Usern und Internet-Providern nicht bewahrheitet. Auch wenn der bestehende Rechtsrahmen innerhalb der EU und der Schweiz nicht ändern wird, wird es den europäischen Inhabern von Immaterialgüterrechten erleichtert, gegen Verletzungen ihrer Rechte in Ländern wie Marokko, Korea oder Mexiko vorzugehen, weil sich diese mit ACTA verpflichtet haben, Regelungen, die mit dem europäischen Schutzniveau zumindest vergleichbar sind, zu übernehmen. Zu hoffen bleibt, dass sich künftig auch weitere Staaten wie Russland oder China dem Abkommen anschliessen werden.

Eine Einigung über die offenen Punkte und damit über den definitiven Vertragstext wird in den kommenden Wochen erwartet. Erst dann kann die Ratifizierung durch die einzelnen Länder erfolgen.

Weitere Informationen:

Ansprechpartner: Lukas Bühlmann


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