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Auch wenn Personen private Informationen oder Bilder in Blogs, in einem jedermann zugänglichen Bereich eines sozialen Netzwerks oder einem öffentlichen Internetforum publizieren, kann daraus noch nicht geschlossen werden, dass sie dadurch auch in Bezug auf die Weiterverbreitung dieser Informationen durch Massenmedien auf den Schutz ihrer Privatsphäre verzichten. Dies betonte der Schweizer Presserat in einer kürzlich veröffentlichten Grundsatzerklärung. Danach dürfen die Massenmedien private Informationen aus dem Internet nur dann weiterverbreiten, wenn das öffentliche Interesse daran gegenüber dem Recht auf Privatsphäre überwiegt.
Der Schweizer Presserat ist ein Selbstkontrollorgan und steht dem Publikum sowie den Medienschaffenden als Beschwerdeinstanz für medienethische Fragen zur Verfügung. In jüngster Zeit hatte er sich vermehrt mit der Frage auseinander zu setzen, inwiefern Informationen oder Fotos aus sozialen Netzwerken, aus Blogs oder Internetforen durch die Massenmedien weiterverbreitet werden dürfen. Vor diesem Hintergrund veröffentlichte der Presserat aus eigener Initiative eine Grundsatzerklärung zu dieser Frage.
Darin wird festgehalten, dass private Informationen, die im Internet für jedermann sichtbar sind, zwar der öffentlichen Sphäre zuzurechnen seien. Jedoch kann nach Ansicht des Presserats daraus nicht abgeleitet werden, dass eine Person, die private Informationen im Internet publiziert, dadurch auch in Bezug auf die Weiterverbreitung dieser Informationen durch Massenmedien willentlich auf den Schutz ihrer Privatsphäre verzichtet. Begründet wird dies damit, dass sich ein erheblicher Teil der Nutzer nicht bewusst sei, in welchem Umfang eine Information im Internet verbreitet werde. Ferner seien viele Nutzer zu unbekümmert oder wüssten nicht, wie die Verbreitung ihrer Online-Daten beschränkt werden könnte.
Der Presserat hält ferner fest, dass genauso wie bei Informationen, die in einem öffentlichen Lokal oder auf der Strasse gesammelt werden, Informationen trotz der öffentlichen Wahrnehmbarmachung aufgrund ihres Inhalts ihren privaten Charakter behalten können. Eine solche Information dürfe nur dann weiterverbreitet werden, wenn das öffentliche Interesse daran gegenüber dem Recht auf Schutz der Privatsphäre überwiegt. Bei dieser Interessenabwägung sei entscheidend, in welchem Kontext eine Information ins Netz gestellt wird. Der Presserat nennt hierzu drei Aspekte, die von Bedeutung sind:
- Die Natur der Website (soziales Netzwerk wie Facebook, persönlicher Blog, institutionelle Website usw.);
- die Identität des Autors (Unbekannter, öffentliche Person, Journalist usw.); und
- die Intention der Publikation (grosses Publikum oder beschränkter Adressatenkreis).
In Bezug auf den letzten Punkt weist der Presserat darauf hin, dass es gerade bei privaten Bildern und Informationen oft schwierig sei, abzuschätzen, ob diese von den Betroffenen selbst ins Netz gestellt worden sind oder ob dies Dritte gegen deren Willen getan haben. Dementsprechend erhöhe sich dadurch die Gefahr von Persönlichkeitsverletzungen, sodass eine besonders sorgfältige Prüfung und Interessenabwägung erforderlich sei.
Ansprechpartner: Lukas Bühlmann