Ihr Kontakt
Das Schweizer Urheberrecht soll revidiert und an die neuesten technologischen Entwicklungen angepasst werden. Der Bundesrat hat dazu vom 11. Dezember 2015 bis 31. März 2016 einen Entwurf der zu revidierenden Bestimmungen in die Vernehmlassung geschickt. Inhaltlich geht es vor allem darum, die Internetpiraterie schneller und gezielter zu bekämpfen sowie die Stellung der Rechteinhaber bei der Verwertung ihrer Urheber- und verwandten Schutzrechte zu verbessern, in dem beispielsweise neuartige Angebote wie Internetfernsehen oder Streamingdienste künftig kollektiv verwertet werden sollen. Darüber hinaus sind weitere wichtige Neuerungen wie die Einführung einer Bibliothekstantieme oder eines erweiterten Schutzes für Pressefotografen.
Hintergrund
Aufgrund der zunehmenden Digitalisierung laufen nicht nur in der Schweiz, sondern auch in der EU und insbesondere Deutschland derzeit Diskussionen für ein „modernes“ Urheber- und Urheberverwertungsrecht. Das Schweizer Urheberrecht gerät aktuell in den Fokus, weil die USA die Schweiz (und andere Staaten wie die Türkei, Ägypten oder Brasilien) wieder einmal auf eine schwarze Liste gesetzt hat. Die USA stört sich beispielsweise über das wenig dezidierte Vorgehen der Schweiz gegen die Internetkriminalität. Der Schweizer Revisionsentwurf sieht diesbezüglich neue Massnahmen wie die verstärkte Überwachung des Internets sowie die Sperrung von Internetangeboten vor, was sicherlich dem Gusto der USA entspricht. Allerdings kritisiert die USA bzw. insbesondere die dort ansässige Unterhaltungsindustrie-Lobby vor allem den in der Schweiz legalen Download von Büchern, Musik oder Fernsehfilmen zum privaten Gebrauch. Daran soll sich auch mit der Revision des Urheberrechts nichts ändern.
Effizientere Bekämpfung offensichtlicher Internetpiraterie
Die Internetwelt entwickelt sich in rasantem Tempo. Der unaufhaltsame technologische Fortschritt lässt täglich neue Angebote entstehen, die den Internetnutzern aus aller Welt zur Verfügung gestellt werden. Entsprechend sollen die gesetzlichen Rahmenbedingungen an die aktuellen Trends und die voraussehbaren Entwicklungen der Zukunft angepasst werden. Nach Ansicht der vom Bundesrat eingesetzten Arbeitsgruppe zur Modernisierung des Urheberrechts stellt heute insbesondere die Urheberrechtspiraterie im Internet ein grosses Problem dar, welche durch die Einführung von geeigneten Massnahmen besser bekämpft werden soll. Konkret sollen bereits die Internet Service Provider, welche die Verbindung zum Internet ermöglichen, verpflichtet werden, offensichtliche Piraterieangebote von Anfang an zu verhindern oder nachträglich zu entfernen (Art. 66b Abs. 1 des Revisionsentwurfes, rURG).
Nicht nur die Internet Service Provider, sondern auch die Hosting Provider sollen neue Pflichten erhalten. Unter Hosting Provider werden Internetdienstleister verstanden, welche die notwendige Infrastruktur sowie Verwaltungsinstrumente bereit stellen, damit z.B. Onlineshop-Betreiber ihre Angebote einem breiten Kundenkreis präsentieren und verschiedene Dienstleistungen wie die Pflege des Kundenstamms oder die Kontaktverwaltung in Anspruch nehmen können. Nach Gesetzesrevision sollen Hosting Provider mit Sitz in der Schweiz verpflichtet werden, rechtsverletzende Inhalte zu sperren und dafür zu sorgen, dass diese nicht erneut über ihre Server angeboten werden können (Art. 66b Abs. 1 rURG).
Des Weiteren sollen Hosting Provider durch die Beschränkung und Überwachung von Übertragungskapazitäten verhindern, dass grössere Piraterieangebote überhaupt ins Internet gelangen können. Hat ein Hosting Provider seinen Sitz im Ausland oder an einem unbekannten Ort und wird über dessen Infrastruktur urheberrechtsverletzendes Material in der Schweiz verbreitet, so soll neu auch der Access Provider (dieser stellt die Verbindungsknoten zum Internet bereit, an die der Kunde seinen Computer mittels Modem/Router anbinden kann) verpflichtet werden, den Zugang zu solchen rechtsverletzenden Angeboten auf Anweisung des Eidgenössischen Instituts für Geistiges Eigentum (IGE) zu sperren.
Das IGE soll nach Art. 66d rURG eine Sperrung des Angebots durch den schweizerischen Access Provider verfügen, wenn
- das Angebot in der Schweiz abrufbar ist,
- es das Werk oder ein anderes Schutzobjekt in offensichtlich widerrechtlicher Weise im Internet zugänglich macht,
- der Hosting Provider, auf deren Server sich das Angebot befindet, ihren Sitz im Ausland oder an einem unbekannten Ort hat und
- das geschützte Werk oder andere Schutzobjekte von der Schweiz aus rechtmässig zugänglich bzw. erhältlich sind.
Mit diesen neuen Überwachungs- und Sperrmassnahmen soll es künftig möglich sein, rasch auf offensichtliche Fälle von Internetpiraterie reagieren zu können. Den betroffenen Anbietern, die sich aufgrund von Sperrungen durch die Provider in ihren Rechten verletzt fühlen, soll ein Widerspruchsverfahren (bei Sperrungen durch Internet oder Hosting Provider, Art. 66b rURG) bzw. Einspracheverfahren (bei Sperrungen durch Access Provider, Art. 66e rURG) offen stehen, um sich angemessen dagegen zur Wehr setzen zu können.
Das revidierte URG auferlegt den Providern nicht nur Pflichten, sondern es enthält auch einen Haftungsauschluss für Provider in Bezug auf online gestellte Inhalte ihrer Kunden. Der Haftungsausschluss kommt allerdings nur für Provider in Frage, die den vorerwähnten gesetzlichen Sperr- und Informationspflichten nachkommen (Art. 66k rURG). Dieser Haftungsausschluss wäre eine willkommene Neuerung für die Provider, denn nach geltendem Recht können Internet Service Provider unter bestimmten Voraussetzungen haftbar gemacht werden, wenn Rechtsverletzungen durch ihre Kunden erfolgen (vgl. BR-News vom 7. Juni 2013). Um die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen sicherzustellen, können sich Schweizer Provider einer Selbstregulierungsorganisation in der Schweiz anschliessen. Diese Selbstregulierungsorganisationen werden vom IGE beaufsichtigt (Art. 66c rURG).
Nicht alle angefragten Schweizer Institutionen befürworten in ihren Vernehmlassungen den von der bundesrätlichen Expertengruppe gewählten Lösungsansatz. Es wird vereinzelt kritisiert, dass Sperrungen heute relativ problemlos technisch umgangen werden können, indem beispielsweise der DNS-Server geändert, das sog. „Tor“-Netzwerk genutzt oder andere Anonymisierungsmethoden angewendet werden. Zudem sei es problematisch, wenn der Staat in den privatrechtlichen Verträgen zwischen den Providern und ihren Kunden eingreife und Zwangsmassnahmen einführe.
Nutzeridentifikation nur bei schwerwiegenden Rechtsverletzungen über Peer-to-Peer (P2P) Netzwerke
Die Revision des URG zielt darauf ab, die Rechte der Inhaber von Urheber- und verwandten Schutzrechten auszubauen und die Rechtsverfolgung bei Verletzungen zu vereinfachen. Während einerseits den Providern die vorgenannten Überwachungsfunktionen und Sperrmöglichkeiten zukommen, soll den Rechteinhabern ermöglicht werden, unter bestimmten Voraussetzungen die Identität der rechtsverletzenden Internetnutzer zu erfahren. Diese sog. Teilnehmeridentifikation soll jedoch nur bei schwerwiegenden Rechtsverletzungen greifen, was insbesondere bei Online-Tauschbörsen in Peer-to-Peer Netzwerken der Fall sein kann. Der Download zum Privatgebrauch von urheberrechtlich geschützten Werken in solchen Netzwerken soll in der Schweiz nach wie vor zulässig bleiben, währenddem der Upload von urheberrechtlich geschütztem Material und das Anbieten dieses Materials in P2P-Netzwerken an eine Vielzahl von Personen als schwerwiegender Verstoss angesehen werden kann.
Nach der Definition von Art. 62a Abs. 4 rURG soll eine schwerwiegende Rechtsverletzung dann vorliegen, wenn
- ein Werk oder verwandtes Schutzobjekt vor seiner Veröffentlichung widerrechtlich zugänglich gemacht wird oder
- eine grosse Anzahl von Werken oder anderen Schutzobjekten, die rechtmässig zugänglich oder erhältlich sind, widerrechtlich zugänglich gemacht werden.
Als Beispiel kann das Anbieten eines unveröffentlichten Spielfilmes innerhalb der P2P-Community erwähnt werden. Das Gesetz spricht sich nicht klar darüber aus, wer als Verletzer in Frage kommt. Grundsätzlich könnten dies nicht nur die einzelnen Internetnutzer (Mitglieder des P2P-Netzwerkes) sein, sondern auch die Anbieter von Filesharing-Plattformen oder die Hosting Provider dieser Plattformen. Allerdings, wie bereits erwähnt, sieht der Gesetzesentwurf die Möglichkeit eines Haftungsausschlusses für die Provider vor. Deshalb wird ein geschädigter Rechteinhaber in aller Regel gegen die konkreten Inhaltsanbieter vorgehen wollen. Art. 62a Abs. 1 rURG spricht sich denn auch darüber aus, dass ein geschädigter Rechteinhaber im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens vom Access Provider die Bekanntgabe der Identität des Teilnehmers verlangen kann, dessen Anschluss für die Verletzung verwendet wurde. Anschliessend kann der geschädigte Rechteinhaber mit einer Zivilklage die Unterlassung der verletzenden Handlungen sowie allenfalls Schadenersatz fordern.
Ein gerichtliches Identifikationsverfahren soll dem geschädigten Rechteinhaber jedoch erst dann zur Verfügung stehen, wenn der betreffende Inhaltsanbieter zuvor zwei Mal durch den Access Provider über die schwerwiegende Rechtsverletzung und über deren Folgen informiert worden ist (Art. 66g rURG). Erst wenn der Nutzer sein Verhalten nach dem zweiten aufklärenden Hinweis nicht ändert und weiterhin schwerwiegende Urheberrechtsverletzungen über seinen Internetanschluss erfolgen, kann der geschädigte Rechteinhaber ein gerichtliches Identifikationsverfahren einleiten. Art. 66j rURG erlaubt dem Rechteinhaber in diesem Zusammenhang, nachfolgende Daten zu erheben und zu speichern bzw. erheben und speichern zu lassen, damit eine Identifikation möglich sein wird:
- die IP-Adresse des Nutzers, dessen Anschluss für die Verletzung verwendet wurde,
- das Datum und die Uhrzeit der Zugänglichmachung der Werke und anderer Schutzobjekte sowie die Dauer, während der das Werk oder andere Schutzobjekt zugänglich war sowie
- den elektronischen Fingerabdruck des Werks oder des anderen Schutzobjekts.
Nach heutiger Rechtslage ist die Identifizierung eines fehlbaren Internetnutzers einzig im Rahmen eines Strafverfahrens zulässig. Im bekannt gewordenen Urteil gegen die Logistep AG, welche IP-Adressen in P2P-Netzwerken sammelte und an die Rechteinhaber weiterleitete, qualifizierte das Schweizer Bundesgericht die Tätigkeit der Logistep AG als Verletzung des Schweizer Datenschutzrechts. Es untersagte damit Sammeln von IP-Adressen durch private Unternehmen (vgl. BR-News vom 8. September 2010). Mit dem revidierten URG soll nun eine zivilrechtliche Verfolgung möglich werden.
Download oder Streaming zu Privatzwecken bleibt zulässig
Das vorerwähnte Mitteilungs- und Identifikationsverfahren bei schwerwiegenden Verstössen gegen Urheber- und verwandte Schutzrechte dient einerseits dazu, die krassen Fälle der Internetpiraterie einfacher zu bekämpfen und die betreffenden Nutzer zivilrechtlich zur Rechenschaft ziehen zu können. Andererseits will das zweistufige Verfahren die Internetnutzer nicht durch ein Verbot von Download oder Streaming zum Eigengebrauch ab einer illegalen Quelle kriminalisieren. Nur wenn ein schwerwiegender Fall nach Art. 62a Abs. 4 rURG vorliegt (siehe oben) und nur wenn der betreffende Nutzer sein Verhalten spätestens nach der zweiten Mitteilung durch den Access Provider nicht ändert, kann eine Nutzeridentifikation erfolgen und der Nutzer für sein Fehlverhalten verantwortlich gemacht werden. Der Download und das Streaming von geschützten Werken zu Privatzwecken bleibt also weiterhin zulässig.
Weitere nennenswerte Neuerungen (Auswahl)
Freiwillige Kollektivverwertung: Das heutige Urheberrechtsgesetz geht allgemein von einer individuellen Verwertung eines Werks aus. Ein Buchautor schliesst beispielsweise einen Verlagsvertrag mit einem Buchverlag ab, der das Werk verwertet und dem Autor eine Vergütung leistet. Oder es werden vergütungspflichtige Lizenzen für die Nutzung einer Software verteilt. Wird ein Werk durch eine Vielzahl von Personen genutzt, stösst eine individuelle Verwertung der Nutzungsrechte allerdings an ihre Grenzen. Für solche Fälle haben Urheber und Verleger private Verwertungsgesellschaften gegründet, welche ihre Rechte kollektiv wahrnehmen. Art. 40 URG sieht für bestimmte Rechte eine zwingende kollektive Verwertung durch Verwertungsgesellschaften vor, wobei diese gestützt auf genehmigte Tarife Nutzungslizenzen erteilen. Daneben können heute Verwertungsgesellschaften auf freiwilliger privatrechtlicher Basis Verträge abschliessen und eine Kollektivverwertung der Rechte ihrer Vertragspartner vornehmen. Da im Onlinebereich (z.B. bei Streamingdiensten) jedoch oftmals Massennutzungen von urheberechtlich geschützten Leistungen erfolgen, ohne dass entsprechende Vergütungen geleistet werden, legt der neue Art. 43a Abs. 1 rURG nun fest, dass Verwertungsgesellschaften bei Massennutzungen (d.h. bei der Nutzung einer grösseren Anzahl von Werken oder geschützten Leistungen) selber eine freiwillige Kollektivverwertung vornehmen dürfen, und zwar selbst dann, wenn die Rechteinhaber keiner Verwertungsgesellschaft angeschlossen sind. Diese Tätigkeit soll unter der Aufsicht des IGE stehen. Die Einnahmen aus dieser freiwilligen Kollektivverwertung sollen an die Rechteinhaber verteilt werden. Nach Art. 43a Abs. 2 rURG haben die Rechteinhaber jederzeit die Möglichkeit, diese „automatische“ Verwertung ihrer Urheberrechte durch Verwertungsgesellschaften auszuschliessen. Die Einführung dieser neuen Möglichkeit der Kollektivverwertung durch Verwertungsgesellschaften ist zu begrüssen, da einerseits die Interessen und Rechte der Inhaber von urheberrechtlich geschützten Werken besser geschützt werden. Andererseits kann damit auf neue technologische Entwicklungen schneller reagiert werden.
Verleihrecht: Wer heute Bücher, Musik-CDs, Film-DVDs etc. vermietet, muss dem Rechteinhaber der vermieteten Werke eine Vergütung leisten (Art. 13 Abs. 1 URG). Beim Verleihen dieser Werke ist eine Vergütung hingegen gesetzlich nicht vorgesehen. Bibliotheken, Archive oder Bildungseinrichtungen müssen demnach heute beim Verleihen von Werken keine Vergütung an die Rechteinhaber bezahlen. Nach dem Revisionstext soll neben dem Vermieten von Werkexemplaren auch das Verleihen vergütungspflichtig werden (sog. Blibliothekstantieme, Art. 13 Abs. 1 rURG). Nach dem Gesetzesentwurf soll jedoch nur dann eine Vergütung geschuldet sein, wenn der Verleih eine Haupt- oder Nebentätigkeit darstellt, wie dies bei Bibliotheken oder Archiven regelmässig der Fall ist. Mit dieser neuen Regelung passt sich das Schweizer Recht an die bestehende Vermiet- und Verleih-Richtlinie der EU an. Die betroffenen Institutionen werden einen erhöhten finanziellen und administrativen Aufwand haben und eine Mehrbelastung des Budgets könnte zu schlechteren Angeboten führen. Der Gesetzesentwurf legt jedoch den Fokus klar auf den Ausbau des Schutzes der Rechteinhaber sowie auf eine Angleichung an die europäischen Richtlinien.
Leerträgervergütung: Mit Einführung von Art. 19 Abs. 3bis rURG sollen Mehrfachzahlungen von Urheberrechtsvergütungen künftig vermieden werden. Diese entstehen heute, weil neben einer Lizenz für die Werknutzung (z.B. Download von Musik) auch eine Vergütung beim Erwerb von Leerträgern und anderen Speichergeräten wie CD, MP3-Player oder Tablet geleistet wird (im Kaufpreis inbegriffen). Die Leerträgervergütung bezweckt, die gesetzlich erlaubte Vervielfältigung von Werken zum Eigengebrauch zusätzlich zu vergüten. Aufgrund des digitalen und technologischen Fortschritts werden heute Werke immer weniger heruntergeladen und auf Speichermedien aufbewahrt. Es werden vermehrt Streaming-Angebote genutzt, mit denen Musik gehört oder Filme angesehen werden können, ohne sie auf Leerträger herunterladen zu müssen. Oder es werden die Werke auf Daten-Clouds anstatt auf Leerträger gespeichert. Die Gesetzesrevision verlangt daher, dass nur noch eine Vergütung für die Werknutzung zu bezahlen ist; diese soll neu bereits die erlaubte Vervielfältigung der Werknutzung beinhalten. Eine zusätzliche Vergütung beim Erwerb von Leerträgern entfällt. Diese Regelung trägt der heutigen technologischen Entwicklung Rechnung.
Schutz der Pressefotografen: Bilder von aktuellen Ereignissen werden heute vor allem über Social Media Plattformen rasant in der ganzen Welt verteilt. Pressefotografien haben oftmals keinen individuellen Charakter, so dass sie urheberrechtlich nicht geschützt sind und grundsätzlich frei verbreitet werden dürfen. Allerdings können Pressefotografien, die ein aktuelles Thema dokumentieren, für Print- und Onlinemedien einen Wert haben, den sie gerne bereit sind zu bezahlen. Folglich kann einem Pressefotografen eine wichtige Einnahmequelle entgehen, wenn seine Bilder über aktuelle Geschehen ungefragt verwendet werden. Nach Art. 37a rURG soll nun dem Fotografen das ausschliessliche Recht zustehen, seine Pressefotografien zu vervielfältigen, anzubieten, zu veräussern oder sonstwie zu verbreiten – und zwar so lange, als seine Pressefotografie für aktuelle Berichterstattungen von Interesse ist. Diese Neuerung ist begrüssenswert, da sie dem Pressefotografen einen gewissen Rechtsschutz bei der Verwendung seiner fotografischen Leistungen gewährt. Es bleibt zu hoffen, dass künftig die Anzahl von Rechtsverfahren über die Frage des urheberrechtlichen Schutzes von Pressefotografien abnimmt.
Verwendung verwaister Werke: Bei Werken, die einen unbekannten oder nicht auffindbaren Urheber haben, ist eine rechtmässige Nutzung grundsätzlich nicht möglich, da keine vorgängige Zustimmung zur Werkverwendung beim Rechteinhaber eingeholt werden kann. Bibliotheken und Archive können beispielsweise keine Vervielfältigung von alten Zeitschriften oder Büchern genehmigen, da sie die Zustimmung beim unbekannten Rechteinhaber nicht einholen können. Die im Revisionsentwurf vorgeschlagene Lösung für dieses Problem sieht vor, dass verwaiste Werke unter bestimmten Voraussetzungen verwendet werden dürfen, wobei eine Nutzungsvergütung geschuldet ist, die von einer Verwertungsgesellschaft eingesammelt wird (Art. 22b rURG). Sollte einmal der Rechteinhaber eines verwaisten Werks bekannt oder auffindbar werden, würde ihm der Vergütungsanspruch für die Werknutzung zustehen.
Verbesserter Informationsfluss an der Grenze: Schliesslich soll nach Art. 75 Abs. 1 rURG die Eidgenössische Zollverwaltung ermächtigt werden, die Rechteinhaber sowie die Verwertungsgesellschaften zu informieren, wenn der Verdacht aufkommt, dass eine Einfuhr/Ausfuhr/Durchfuhr von Waren bevorsteht, deren Verbreitung gegen das Schweizer Urheberrechtsgesetz verstossen würde.
Fazit
Mit den revidierten Bestimmungen wird das Urheberrechtsgesetz an die technischen Möglichkeiten von heute angepasst und für voraussehbare künftige Entwicklungen vorbereitet. Es werden Lösungen für ein effizienteres Vorgehen gegen die Internetpiraterie vorgeschlagen und die Rechteinhaber erhalten eine Möglichkeit, unter bestimmten Voraussetzungen die Identität der Verletzer ihrer Urheberrechte zu erfahren und zivilrechtlich gegen sie vorzugehen. Der Revisionstext schliesst darüber hinaus bekannte Lücken beim Schutz der Urheber- und verwandten Schutzrechte, indem beispielsweise das Verleihrecht eingeführt und für vergütungspflichtig erklärt wird oder die Schutzrechte von Pressefotografen ausgebaut werden. Im Revisionsentwurf stehen aber nicht nur die Wahrung und der Ausbau der Urheberrechte im Vordergrund, sondern es wird auch ein wesentliches Anliegen der Nutzer eisern verteidigt: der Download von urheberechtlich geschützten Werken zum Privatgebrauch soll in der Schweiz (trotz teils massiver Kritik insbesondere aus den USA) legal bleiben.
Weitere Informationen:
- Entwurf des revidierten Urheberrechtsgesetzes vom 11. Dezember 2015
- BR-News vom 8. September 2010, Bundesgericht beurteilt Vorgehen von Logistep gegen „Internet-Piraten“ als unzulässig
- BR-News vom 7. Juni 2013, Aufsatz zu Beseitigungs- und Unterlassungsklagen gegen Internet-Provider im Immaterialgüter- und Wettbewerbsrecht
- Richtlinie 2006/115/EG vom 12. Dezember 2006 zum Vermiet- und Verleihrecht sowie zu bestimmten dem Urheberrecht verwandten Schutzrechten im Bereich des geistigen Eigentums
- 2016 Special 301 Report von April 2016 der USA