FinTech-Regeln

Schweizer Bundesrat verabschiedet ersten Teil der neuen FinTech-Regeln


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Anfang Mai hat der Bundesrat den ersten Teil der revidierten FinTech-Regeln verabschiedet, mit welchen der regulatorische Rahmen für FinTech-Unternehmen erleichtert wird. Die beschlossene Änderung der Bankenverordnung (BankV) tritt am 1. August 2017 in Kraft.

Nach der Bekanntgabe der revidierten Regeln hat die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht (FINMA) eine Aufsichtsmitteilung zu den neuen Regeln für Publikumseinlagen veröffentlicht. Die Revision soll einige der Barrieren für den Markzugang für FinTech-Unternehmen reduzieren. Die Revision folgt dem zu Jahresbeginn durchgeführten Vernehmlassungsverfahren, in welchem der Bundesrat mehrere Vorschläge für Änderungen der bestehenden Regeln für Schweizer Banken – sowohl des Bankengesetzes (BankG) als auch der BankV – zur Debatte stellte. Mit der vorgeschlagenen Revision sollen die Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz als wichtiger FinTech-Hub gestärkt und ein geeigneter Regulierungsrahmen für FinTech-Unternehmen, die ausserhalb des traditionellen Bankgeschäfts Dienstleistungen erbringen, geschaffen werden, indem insbesondere das spezifische Risikoprofil solcher Geschäftsmodelle und Dienstleistungsangebote berücksichtigt wird. Die Änderungen der BankV beinhalten insbesondere zwei wesentliche Neuerungen: Einerseits wird die Ausnahme vom Einlagenbegriff für Gelder auf Kundenkonten zu Abwicklungszwecken erweitert, indem die diesbezügliche maximale Haltedauer auf 60 Tage verlängert wird. Anderseits wird ein Innovationsraum geschaffen, der es FinTech-Unternehmen ermöglicht, ohne Banklizenz tätig zu werden, obwohl Publikumseinlagen in der Höhe von bis zu CHF 1 Million gehalten werden. Um den Wettbewerb nicht zu beeinträchtigen, werden diese Regeln jedoch nicht nur auf FinTech-Unternehmen beschränkt sein, sondern stehen allen Teilnehmern am Schweizer Finanzmarkt zur Verfügung, also auch etablierten Finanzdienstleistern.

Ausnahme für Abwicklungskonten

Nach der derzeitigen schweizerischen Regulierung benötigt grundsätzlich jeder Marktteilnehmer, der Gelder vom Publikum gewerbsmässig entgegennimmt, eine Bankenbewilligung. Diesbezüglich besteht bereits heute eine Ausnahme, die auf (nicht verzinsliche) Kundenkonten für die Abwicklung von Kundentransaktionen Anwendung findet. Da jedoch die FINMA die maximale Haltedauer unter der bestehenden Ausnahme auf sieben Tage beschränkt hat, war sie von begrenztem Nutzen und damit zu restriktiv für FinTech-Unternehmen. Die neuen Regelungen verlängern die maximale Haltedauer auf Abwicklungskonten auf 60 Tage, so dass z.B. die stapelweise Verarbeitung von Zahlungen durch Zahlungsdienstleister und längere Abwicklungsperioden für Crowdfunding-Plattformen oder bestimmte initial coin offerings möglich werden. Auch nach der überarbeiteten Regelung müssen die Abwicklungskonten zinsfrei sein, damit die Ausnahme anwendbar ist. Ferner bleibt die besondere Regelung für die Abwicklungskonten von Effektenhändlern weiterhin in Kraft.

Innovationsraum („Sandbox“)

Als zweites Element der neuen Regelung wird ein auch unter dem Stichwort „Sandbox“ bekannter Innovationsbereich geschaffen, welcher die Entgegennahme von Publikumseinlagen bis zu CHF 1 Million ohne vorherige Bankenbewilligung durch die FINMA ermöglicht. Das Halten von Kundengeldern in der maximalen Höhe von CHF 1 Million wird somit nicht mehr als „gewerbsmässiges Handeln“ qualifiziert. Diese neue Ausnahme gilt parallel zur oben beschriebenen Ausnahme für Abwicklungskonten. Gemäss der zurzeit geltenden Regelung für Schweizer Banken wird ein Marktteilnehmer, der Kundengelder von mehr als 20 Personen entgegennimmt, unabhängig von der Höhe der involvierten Beträge automatisch als „gewerbsmässig handelnd“ qualifiziert. Mit dieser Änderung der Definition von «gewerbsmässigem Handeln» wird es Unternehmen ermöglicht, unabhängig von der Kundenzahl oder den Gegenparteien, die Gelder zur Verfügung stellen, Kundengelder in einer Höhe von bis zu CHF 1 Million entgegenzunehmen, sofern diese Gelder weder investiert noch verzinst werden. Die Verwendung dieser Gelder vorwiegend für die eigene gewerbliche oder industrielle Tätigkeit gilt nicht als Investitionstätigkeit, d.h. die Mittelbeschaffung durch crowd-lending zur Finanzierung des eigenen Handelsgeschäfts ist erlaubt, aber ebenfalls auf CHF 1 Million begrenzt (es sei denn, sie wird als Anleiheemission strukturiert und dokumentiert). Darüber hinaus müssen die Personen, welche die Gelder zur Verfügung stellen, d.h. die Investoren bzw. Einleger, vor der Tätigung der Einlage schriftlich oder in einer anderen Form, die den Nachweis durch Text ermöglicht, darüber informiert werden, dass der Empfänger nicht von der FINMA beaufsichtigt wird und dass die Einlage nicht von der Einlagensicherung erfasst wird. Mit anderen Worten wird der Investor bzw. Einleger nicht durch das Einlagensicherungssystem geschützt. Diese Änderung schafft einen auch „Sandbox“ genannten regulatorischen Innovationsraum, der es FinTech-Unternehmen ermöglicht, neue Geschäftsmodelle auszuprobieren, bevor sie eine mit aufwändigen Organisationsstrukturen, langwierigen Verfahren, grossem Administrationsaufwand und hohen Kosten verbundene Bankenbewilligung einholen müssen. Falls ein solch freigestelltes Unternehmen die Schwelle von CHF 1 Million übersteigt, muss es dies der FINMA innerhalb von 10 Tagen mitteilen und innerhalb von 30 Tagen die Erteilung einer Bankenbewilligung (oder, falls die Voraussetzungen erfüllt sind, für eine andere Bewilligung, einschliesslich der voraussichtlich in naher Zukunft eingeführten FinTech-Bankenbewilligung «light) zu beantragen. Auch hier gilt die neue Ausnahme nicht nur für FinTech-Unternehmen, sondern auch für etablierte Finanzdienstleister. Die Änderungen haben ausserdem keinen Einfluss auf die Anwendbarkeit des Geldwäschereigesetzes, da dieses für jeden Finanzintermediär unabhängig von einer prudentiellen Beaufsichtigung gilt.

Geplante Änderung des Bankengesetzes

Das dritte Element der vorgeschlagenen FinTech-Regelung, das eine neue Art von Bewilligung für FinTech-Gesellschaften vorsieht, bedarf einer Änderung des BankG, die gegenwärtig bereits im Rahmen der Debatte über das Finanzdienstleistungsgesetz (FIDLEG) und das Finanzinstitutsgesetz (FINIG) durch das Schweizer Parlament behandelt wird. Im Dezember 2016 befürwortete der Ständerat die Schaffung einer neuen Bewilligungskategorie für kleinere Marktteilnehmer, die Publikumseinlagen bis zu einem Höchstbetrag von CHF 100 Millionen entgegennehmen, sofern sie solche Gelder weder anlegen noch verzinsen. Im Vergleich zur gegenwärtigen Bankenbewilligung sollen für die neue Bewilligungskategorie vereinfachte Bewilligungs- und Betriebsvoraussetzungen in den Bereichen Rechnungslegung, Prüfung und Einlagensicherung vorgeschlagen.

Die Verabschiedung dieser Änderungen der BankV und die vorgeschlagene neue Bewilligung „light“ für FinTech-Unternehmen werden dazu beitragen, die Gründung und die Geschäftstätigkeit von FinTech-Unternehmen in der Schweiz zu erleichtern. Weitere Analysen und Bemühungen zur Anpassung von Regulierungsbestimmungen an die legitimen Bedürfnisse einer breiten Palette von sich schnell entwickelnden neuen Geschäftsmodellen werden notwendig sein. Gerade auch im crowd-lending-Bereich werden weitere Revisionen erforderlich sein, insbesondere weil die Mittelbeschaffung im Rahmen von crowd-financings zur Finanzierung von eigenen Unternehmenstätigkeiten auf CHF 1 Million. begrenzt bleibt, ohne offensichtliche aufsichtsrechtliche Notwendigkeit für eine solche Begrenzung. Überdies scheinen Verbraucherschutzorganisationen Druck in Richtung Anwendung der Konsumkreditgesetzgebung auf crowd-lending Akteure auszuüben. In seinem Bericht hat der Bundesrat versprochen, die Auswirkungen der revidierten Regeln zu überwachen und weitere potenzielle Änderungen zu einem späteren Zeitpunkt vorzuschlagen. Überdies lädt die FINMA Unternehmen, sich für eine zukünftige FinTech-Bewilligung interessieren, zur Teilnahme an einer Umfrage, um die Zahl der möglichen Interessenten und die Geschäftsfelder, in welchen diese tätig sind, zu ermitteln.

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