Preisparitätsklauseln

Schweizer Parlament will Preisparitätsklauseln von Hotelbuchungsplattformen verbieten – Annahme der „Motion Bischof“


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In der Herbstsession hat nunmehr auch der Nationalrat die „Motion Bischof“ angenommen. Damit wird der Bundesrat beauftragt, der Bundesversammlung innert zwei Jahren gesetzliche Massnahmen gegen „Knebelverträge der Online-Buchungsplattform gegen die Hotellerie“ vorzuschlagen. Online-Buchungsplattformen für Hotels würden die unternehmerische Freiheit der Hoteliers spürbar einschränken. Zudem erleide die Schweizer Hotellerie gegenüber den europäischen Konkurrenten einen weiteren Wettbewerbsnachteil. Denn in den Nachbarländern seien Preisparitätsklauseln verboten. Der Bundesrat ist anderer Meinung. Seines Erachtens solle man der Wettbewerbskommission (WEKO) und dem Preisüberwacher als Aufsichtsbehörden mehr Vertrauen schenken und nicht voreilig mit gesetzgeberischen Verboten intervenieren. Gleichwohl wird er die Motion nun umsetzen müssen, wobei noch ungewiss ist, welche konkreten Massnahmen er vorschlagen wird.

Worum geht es?

Der Online-Vertrieb ist seit geraumer Zeit auch für die Hotellerie von grosser Bedeutung. Dabei wird bekanntlich ein Grossteil der Hoteldienstleistungen über internationale Online-Buchungsplattformen vertrieben. Die Aufnahme von Hotels auf solche Buchungsplattformen machen deren Betreiber oft von der Annahme sogenannter Paritätsklauseln bzw. Bestpreisklauseln abhängig. Die Hoteliers verpflichten sich damit, dass sie auf ihren eigenen Vertriebskanälen keine günstigeren Zimmerpreise anbieten, als das günstigste Angebot für die gleichen Zimmer auf den Online-Buchungsplattformen. Solche Bestpreisgarantien begründen die Buchungsportale mit dem Verhindern von Trittbrettfahrern. Hotels sollen ihre Dienstleistungen nicht gratis bewerben können und hinterher günstigere Zimmerpreise auf ihren eigenen Websites anbieten. Dagegen sind Hoteliers der Meinung, dass es sich um unzulässige Knebelverträge handelt.

Beurteilung durch die WEKO

Ende 2012 leitete die WEKO auf Initiative des Verbandes hotelleriesuisse ein Verfahren gegen die Online-Buchungsplattformen Booking.com, Expedia und HRS ein. Anlass dazu gaben einzelne Vertragsklauseln zwischen den Hotels und den Buchungsplattformen. Die betreffenden Vertragsklauseln sollen wettbewerbsbeschränkend wirken und die Buchungsplattformen würden ihre marktbeherrschende Stellung missbrauchen (vgl. MLL-News vom 12.12.2012).

Am 19. Oktober 2015 verfügte die WEKO ein Verbot sog.weiter Paritätsklauseln“. Somit können Hotels nicht mehr gezwungen werden, allen genannten Plattformen den gleich hohen Preis zu garantieren. Dies stelle eine unzulässige Wettbewerbsabrede nach Art. 5 Abs. 1 Kartellgesetz dar. Nicht untersagt wurde hingegen die Verwendung „enger Paritätsklauseln“. Die Online-Buchungsplattformen dürfen nach wie vor Vertragsklauseln mit den Hotels vereinbaren, wonach die Hotels auf ihrer eigenen Website keine günstigeren Zimmerpreise anbieten dürfen als auf der Buchungsplattform. Die WEKO liess jedoch die Einschätzung enger Paritätsklauseln in kartellrechtlicher Sicht ausdrücklich offen, da eine abschliessende Einschätzung zu den Auswirkungen noch nicht möglich sei (vgl. MLL-News vom 22. November 2015).

Preisüberwacher schaltet sich ebenfalls ein

Seit Anfang dieses Jahres untersucht der Schweizer Preisüberwacher die Kommissionen, welche Booking.com von den Hotels für die Aufnahme in die Online-Buchungsplattform pro gebuchtem Zimmer verlangt. Es lägen konkrete Hinweise auf Preismissbrauch durch das Unternehmen vor. Nach Preisüberwachungsgesetz muss der Preisüberwacher bei einer Feststellung von Preismissbrauch mit dem betreffenden Unternehmen Verhandlungen mit dem Ziel einer einvernehmlichen Lösung führen. Laut Medienmitteilung des Preisüberwachers vom 12. September 2017 zeige das Unternehmen kein Interesse an einer gütlichen Einigung. Aus diesem Grund war der Preisüberwacher gezwungen am 8. September 2017 ein formelles Verfahren gegen Booking.com einzuleiten.

„Motion Bischof“

Am 30. September 2016 reichte der Ständerat Pirmin Bischof eine Motion für ein «Verbot von Knebelverträgen der Online-Buchungsplattformen gegen die Hotellerie“ ein. Es wird angeführt, Hotels seien auf den Vertrieb im Internet via Online-Buchungsplattformen angewiesen. Dafür würden allerdings teilweise exorbitante Kommissionen verlangt. Da die WEKO die engen Paritätsklauseln noch nicht für unzulässig erklärt habe, können die Hotels auf ihren eigenen Websites keine günstigeren Angebote für Zimmer machen, als auf den Buchungsplattformen. Dies schränke die unternehmerische Freiheit der Hotelbetreiber spürbar ein. Zudem seien in den Nachbarländern Preisparitätsklauseln bereits verboten worden. Daraus erwachse der Schweizer Hotellerie „neben der Hochpreisinsel Schweiz“ ein weiterer wachsender Wettbewerbsnachteil gegenüber den europäischen Konkurrenten.

Blick auf die Rechtslage in Nachbarländern

In der Motion wird zutreffend darauf hingewiesen, dass die Gesetzgeber in den Nachbarländern bereits aktiv geworden sind. So wurde in Frankreich im Rahmen des sog. „Loi Macron“ 2015 eine Bestimmung eingeführt, nach welchem auch enge Paritätsklauseln unzulässig sind. In Österreich ist auf den 1. Januar 2017 im Rahmen einer UWG-Revision ebenfalls ein solches Verbot in Kraft getreten, das sogar rückwirkend gilt. Eine gegen die Gesetzesänderung erhobene Beschwerde wurde vom österreichischen Verfassungsgerichtshof zudem kürzlich abgewiesen. Sodann hat im August auch das italienische Parlament eine Änderung des Wettbewerbsgesetzes beschlossen, worin Bestpreisklausen verboten werden.

Rechtslage in Deutschland

In Deutschland präsentiert sich die Ausgangslage allerdings anders. Hier wurden bislang noch keine besonderen gesetzlichen Regelungen erlassen. Vielmehr gelten die mit dem Schweizerischen Kartellgesetz vergleichbaren Vorgaben des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB). Gestützt darauf verbot das Bundeskartellamt bereits Ende 2013 dem Hotelbuchungsportal HRS die Verwendung von weiten Bestpreisklauseln (vgl. MLL-News vom 13.3.2014). Die hiergegen erhobene Beschwerde wurde vom OLG Düsseldorf abgewiesen (vgl. MLL-News vom 12.2.2015). In einem weiteren Verfahren erklärte das Bundeskartellamt zwar auch die „engen Paritätsklauseln“ der Plattform Booking für kartellrechtswidrig. Die hiergegen erhobene Beschwerde ist vor dem OLG Düsseldorf allerdings nach wie vor hängig und das Gericht liess bereits durchblicken, dass die Klauseln zulässig sein könnten. Insbesondere aufgrund der zwischenzeitlich eingetretenen Markentwicklungen seien weitere Abklärungen erforderlich.

Das Gericht führte aus, dass die wettbewerbsbeschränkenden Auswirkungen der engen Bestpreisklausel bei den heutigen Marktgegebenheiten sehr komplex sei. Die Hotels hätten ihren Vertrieb inzwischen auf die durch die Hotelportale veränderten Marktgegebenheiten eingestellt. Ferner hätten auch die Hotelportale ihre Geschäftsmodelle fortentwickelt, um trotz der durch den Wegfall der weiten Bestpreisklauseln veränderten Marktgegebenheiten weiter zu wachsen. Es prüft deshalb insbesondere die Frage, ob die Paritätsklauseln für die Plattformen nicht sogar notwendig sind, um dem „Trittbrettfahren“ durch die Hotels zu begegnen.

Ausgehend davon ist die Rechtslage in Deutschland noch keineswegs abschliessend geklärt. Dies gilt umso mehr, als die Bestpreisklauseln im Fall von Expedia in einem erstinstanzlichen (Zivil-)Verfahren, allerdings insbesondere aufgrund der tiefen Marktanteile, für zulässig erklärt wurden. Das (Verwaltungs-)Verfahren des Bundeskartellamts gegen Expedia ist ferner nach wie vor nicht abgeschlossen.

Bundesrat ist gegen eine voreilige Marktintervention

Im Hinblick auf die Entwicklung in der Schweiz ist schliesslich zu beachten, dass der Bundesrat der „Motion Bischof“ kritisch gegenüber steht und dessen Ablehnung beantragte (Stellungnahme des Bundesrates vom 16.11.2016). Er weist auf die Vorteile hin, von denen auch die Hoteliers profitieren. Durch Online-Buchungsplattformen erlangen Schweizer Hotels grössere Sichtbarkeit im Internet. Einen erheblichen Mehrwert bringe dies auch den Nutzern. Die Angebote sind so viel transparenter und vergleichbarer bezüglich Preis und Qualität der Dienstleistungen.

Der Bundesrat stellt zudem fest, dass es fraglich sei, ob enge Paritätsklauseln den wirksamen Wettbewerb erheblich und ungerechtfertigterweise behindern. Er warnt auch davor, voreilig mit gesetzgeberischen Massnahmen einzuschreiten, ohne zunächst die vorhandenen rechtlichen Mittel auszuschöpfen. Die WEKO habe die Möglichkeit einzugreifen, falls sie zum Schluss komme, dass enge Paritätsklauseln den Wettbewerb behindern. Bezüglich den weiten Paritätsklauseln habe sie das bereits getan. Die Aufsicht durch die Wettbewerbsbehörden reiche aus und das Kartellgesetz schütze den Wettbewerb bereits ausreichend, weshalb ein neu einzuführendes Verbot zurzeit nicht gerechtfertigt sei.

Konkrete Umsetzung noch ungewiss

Der National- und Ständerat haben nun entgegen der Empfehlung des Bundesrates die Motion angenommen. Somit ist der Bundesrat beauftragt, innert zwei Jahren der Bundesversammlung einen Entwurf zu einem Erlass vorzulegen (vgl. Art. 120 Abs. 1 und Art. 122 Abs. 1 ParlG). Mit der Annahme der „Motion Bischof“ ist es also noch nicht getan. Es bleibt abzuwarten, was für Lösungen und Vorschläge der Bundesrat zur Umsetzung der Motion vorschlagen wird.

Zusammenfassung

Abschliessend erscheinen zur Thematik von Preisbindungsklauseln zwischen Hoteliers und Online-Buchungsplattformen also folgende Punkte wichtig:

  • In der Schweiz stehen nach Ansicht des Bundesrates mit der WEKO und dem Preisüberwacher wirksame Aufsichtsmittel zur Verfügung, um wettbewerbsschädliche Vereinbarungen zu überprüfen und Massnahmen zu ergreifen.
  • Weite Paritätsklauseln sind in der Schweiz bereits von der WEKO verboten worden.
  • Bei engen Paritätsklauseln ist fraglich, ob sie den Wettbewerb überhaupt erheblich behindern. Gleichwohl wurden in Frankreich, Österreich und Italien auch diese Klauseln gesetzlich verboten. In Deutschland ist die Rechtslage mangels spezieller gesetzlicher Vorgaben noch nicht geklärt.
  • Die „Motion Bischof“ wurde von der Bundesversammlung angenommen. Der Bundesrat hat nun zwei Jahre Zeit, um einen Gesetzesentwurf auszuarbeiten.

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