SLK-Entscheid zum Spam-Artikel: Automatisierung und nicht Anzahl versandter Mails entscheidend


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Die Schweizerische Lauterkeitskommission (SLK) befasste sich kürzlich mit der Frage, wann der Versand elektronischer Werbenachrichten als «Massenwerbung» im Sinne des Spam-Artikels im Schweizer UWG gilt. Die SLK kam zum Schluss, dass die Anzahl der versandten E-Mails irrelevant ist und auf die Automatisierung des Versandes abzustellen sei. Dabei spiele es keine Rolle, ob ein E-Mail personalisiert sei oder nicht. Es genüge, dass die Individualisierung automatisiert erfolgt.

Sachverhalt und Verfahrensablauf

Auslöser des Entscheids war eine Beschwerde einer Privatperson an die Schweizerische Lauterkeitskommission, dem Selbstkontrollorgan der Schweizer Kommunikationsbranche. Der Beschwerdeführer machte darin geltend, dass er wiederholt und ohne Zustimmung E-Mail-Werbung von der Beschwerdegegnerin erhalten habe. Dies verstosse gegen Art. 3 Abs. 1 lit. o UWG (den sog. Spam-Artikel). Die Beschwerdegegnerin entgegnete, dass sie die E-Mail-Adresse des Beschwerdeführers öffentlich im Internet gefunden habe. Sie habe dem Beschwerdeführer anschliessend einzelne E-Mails gesendet, weil er aufgrund seiner Tätigkeit im Bereich IT-Support ggf. an einer Zusammenarbeit interessiert sein könnte.

Das Verfahren der SLK wurde zwischenzeitlich sistiert, da in derselben Sache ein Strafverfahren hängig war. Dieses wurde von der Staatsanwaltschaft allerdings mit einer Nichtanhandnahmeverfügung rechtskräftig abgeschlossen.

Argumentation der Staatsanwaltschaft und deren (Ir-)Relevanz für Entscheidungen der SLK

Die SLK weist in ihrer Entscheidung (Nr. 172/20) zunächst darauf hin, dass sie ihr unterbreitete Massnahmen frei und unabhängig beurteile. An die Nichtanhandnahme der Staatsanwaltschaft sei sie nicht gebunden. Entsprechend hinderte die Nichtanhandnahmeverfügung der Staatsanwaltschaft die SLK nicht, die Angelegenheit materiell wie folgt zu beurteilen:

Gemäss Art. 3 Abs. 1 lit. o UWG handelt unlauter, wer «Massenwerbung ohne direkten Zusammenhang mit einem angeforderten Inhalt fernmeldetechnisch sendet oder solche Sendungen veranlasst und es dabei unterlässt, vorher die Einwilligung der Kunden einzuholen, den korrekten Absender anzugeben oder auf eine problemlose und kostenlose Ablehnungsmöglichkeit hinzuweisen

Die Staatsanwaltschaft Lenzburg-Aarau verneinte das Vorliegen von Massenwerbung mit folgender Begründung: Die Beschwerdegegnerin habe gezielt Branchenverzeichnisse nach potenziellen Kunden durchsucht und E-Mails an ca. 50 Empfänger versendet. Sie habe somit «einen relativ grossen menschlichen Aufwand getätigt» und zudem lediglich eine «geringe Anzahl Empfänger» angesprochen.

Entscheidung der SLK

In ihrer Entscheidung prüft die SLK sodann, inwiefern dieser Argumentation gefolgt werden kann und wie der Begriff «Massenwerbung» ausgelegt werden müsse. In einem ersten Schritt verweist die SLK auf die Botschaft zur Revision des Fernmeldegesetzes (FMG), in deren Rahmen auch der Spam-Artikel ins UWG eingefügt wurde. Die Botschaft umschreibt den Begriff der Massenwerbung als «Werbung […], die automatisiert, d.h. ohne massgeblichen menschlichen Aufwand» erfolgt.

Dies wird als sog. «qualitativer» Ansatz verstanden, wobei auf den Vorgang des Versandes der Werbebotschaft abgestellt wird. Es spiele dabei keine Rolle, dass das Sammeln der Empfängeradressen mit menschlichem Aufwand erfolge. Gemäss der SLK sei einzig und allein relevant, ob der nachfolgende Versand automatisch erfolge, und zwar auch dann, wenn nur eine geringe Anzahl an E-Mails versendet werde. Ein Versand sei ausserdem automatisch, wenn die E-Mails personalisiert werden, solange diese Personalisierung automatisiert erfolge.

Für den vorliegenden Fall sei demnach das Tatbestandselement der «Massenwerbung» entgegen der Auffassung der Staatsanwaltschaft erfüllt. Dies ergebe sich insbesondere aus der Gestaltung der zwei werblichen E-Mails, welche gemäss der SLK aus einer unpersönliche Ansprache verbunden mit allgemeinen, unpersönlichen Inhalten und Botschaften bestanden. Aufgrund dieser Ausgestaltung der E-Mails sowie dem Fehlen von widersprechenden Anhaltspunkten in der Nichtanhandnahmeverfügung der Staatsanwaltschaft sei ausreichend glaubhaft gemacht, dass der Versand automatisiert im Sinne des UWG erfolgte. Im Übrigen war auch unbestritten, dass die Beschwerdegegnerin keine vorgängige Einwilligung für den Versand der werblichen E-Mails einholte und es sich beim Beschwerdeführer auch nicht um einen sog. Bestandeskunden handelte.

Fazit und Auswirkungen auf die Praxis

Zusammenfassend kam die SLK folglich zum Schluss, dass es bei der Auslegung des Begriffs der «Massenwerbung» nicht auf quantitative Kriterien (z.B. die Anzahl der versandten E-Mails) ankomme, sondern darauf, ob der Vorgang des Versandes automatisiert oder eben «von Hand» erfolge.

Für die Praxis bedeutet dies, dass u.U. auch einzelne Werbemails als Spam qualifizieren können, sofern diese automatisiert versandt werden. Insbesondere spielt es keine Rolle, ob die E-Mails personalisiert werden, solange diese Individualisierung automatisiert erfolgt. Beim Versand von werblichen E-Mails sollte der Entscheid der SLK somit Berücksichtigung finden und auch geprüft werden, ob ggf. vor dem Versand eine Einwilligung bei den betroffenen Personen eingeholt werden müsste oder ob es sich allenfalls bereits um einen Kunden handelt und die weiteren (strengen) Voraussetzungen für die sog. Bestandeskundenaufnahme erfüllt sind.

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