Dopingvergehen

Sportrecht: Bundesgericht erachtet Sanktionen für Dopingvergehen während einjähriger Wettkampfpause als zulässig


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Mit seinem Entscheid vom 9. Dezember 2016 bestätigte das Schweizerische Bundesgericht die von Swiss Olympic gegen einen Gewichtheber verhängten Sanktionen. Der Gewichtheber (mehrfacher Schweizer Meister und Schweizer Rekordhalter) wurde 2002 während einer einjährigen Wettkampfpause positiv getestet. Er argumentierte vergebens, dass er aufgrund der fehlenden Lizenzierung nicht unter das Doping-Statut von Swiss Olympic falle.

Sperre und Aberkennung von Titeln wegen Dopingvergehen

Weil er sich vermehrt seinem Studium widmen wollte, verzichtete der Gewichtheber und vorliegende Beschwerdeführer im Dezember 2001 darauf, seine Wettkampf-Lizenz zu erneuern. Trotz der fehlenden Lizenzierung wurde er am 27. Mai 2002 einer Dopingkontrolle unterzogen, welche positiv ausfiel. Der Schweizerische Gewichtheber Verband (SAGV) verzichtete zunächst auf die Einleitung eines Verfahrens. Der SAGV begründete den Verzicht damit, dass der Gewichtheber aufgrund der fehlenden Lizenzierung kein Mitglied des Verbandes sei.

Dagegen klagte Swiss Olympic beim Court of Arbitration for Sport (CAS), welcher den SAGV mit Entscheid vom 8. April 2004 zur Einleitung eines Verfahrens verpflichtete. Im August 2004 wurde der Gewichtheber im Rahmen einer Delegiertenversammlung des SAGV für zwei Jahre gesperrt. Seine nach dem 27. Mai 2002 errungenen Titel wurden ihm ebenfalls aberkannt. Mit Entscheid vom 25. Februar 2005 erklärte das Bezirksgericht Brugg die Beschlüsse des SAGV allerdings aus formellen Gründen als nichtig.

Im Januar 2008 eröffnete schliesslich die Disziplinarkammer für Dopingfälle von Swiss Olympic eine Disziplinarverfahren gegen den Beschwerdeführer. Die Disziplinarkommission sanktionierte den positiven Dopingbefund vom 27. Mai 2002 mit einer zweijährigen Sperre (beginnend am 23. Januar 2008) und der Aberkennung sämtlicher Titel, Medaillen und Preisen seit dem 27. Mai 2002.

Erfolglose Argumentation des Gewichtshebers vor den Vorinstanzen

Gegen diesen Entscheid klagte der Gewichtheber vor Zivilgerichten gestützt auf Persönlichkeitsrecht. Er verlangte u.a. die Feststellung der Widerrechtlichkeit der Entscheidung. Aufgrund dessen, dass er zum Zeitpunkt der Dopingkontrolle nicht im Besitz der Swiss Olympic Legitimationskarte gewesen sei und an keinen Wettkämpfen teilgenommen habe, sei erstens die Dopingkontrolle ohne gesetzliche, statutarische oder vertragliche Grundlage durchgeführt worden und zweitens die Disziplinarkammer für Dopingfälle von Swiss Olympic nicht zuständig.

Die Klage des Beschwerdeführers wurde sowohl erstinstanzlich wie auch zweitinstanzlich abgewiesen. Am 22. Juni 2015 verfügte das Bundesgericht die Rückweisung mit der Aufforderung zur Untersuchung, ob der Gewichtheber gültigerweise dem Doping-Statut von Swiss Olympic unterworfen werden und gestützt darauf sanktioniert werden kann (BGer 5A_805/2014). Das zuständige Gericht wies die Klage erneut ab, wogegen der Beschwerdeführer wiederum Beschwerde ans Bundesgericht erhob.

Argumentation des Bundesgerichts

In seinem Entscheid vom 9. Dezember 2016 (BGer 5A_982/2015) folgte das Bundesgericht weitgehend der Argumentation der Vorinstanzen. Unbestritten war, dass die Sanktionen die Persönlichkeitsrechte des Gewichthebers im Sinne von Art. 28 ZGB verletzten. Zu prüfen war deshalb, ob diese Persönlichkeitsverletzung mangels Rechtfertigungsgrund, namentlich einer Einwilligung des Gewichthebers, auch widerrechtlich war.

Aufgrund dessen, dass der Gewichtheber sowohl vor als auch nach der Dopingkontrolle vom 27. Mai 2002 seinen Sport auf hohem Leistungs- und Wettkampfniveau ausübte (Schweizermeister 1997-2001, 2003 und 2005-2007, Schweizer Rekordhalter 1999 und 2001) habe er seine Unterwerfung unter die Regeln des SAGV manifestiert, welcher – auch aufgrund seiner Statuten – seinerseits gehalten war, die Regeln von Swiss Olympic einzuhalten. Diese Tatsachen führen zu einer ausreichenden Verbindung, um auch für das Jahr 2002 (Wettkampfpause) die Unterwerfung unter die Regeln des SAGV und insoweit unter diejenigen von Swiss Olympic zu rechtfertigen. Das Bundesgericht führt dies folgendermassen aus:

  • «En outre, la régularité avec laquelle le recourant a pris part à des compétitions d’un niveau suffisant à le consacrer champion suisse de la discipline, sans jamais contester sa soumission aux règles de D.__ et de B.__ et tout en se sachant au bénéfice d’une licence de la première et d’une carte de légitimation de la seconde, démontre qu’il avait accepté de se soumettre de fait aux règles de D.__ tout comme à celles de B.__, quand bien même il n’y aurait pas été soumis statutairement.
  • A l’instar de ce qu’a déjà retenu le Tribunal arbitral du sport (TAS) dans sa jurisprudence, il faut admettre que ce type de constellation peut créer un lien suffisant justifiant de fait la soumission du sportif aux règles de la fédération, les rapports liant le sportif à la fédération dont il n’est pas directement membre relevant alors davantage d’un lien contractuel que de rapports associatifs d’appartenance […].»

Im Übrigen wird vom Bundesgericht zumindest in Erwägung gezogen, dass der Beschwerdeführer die einjährige Wettkampfpause nur deshalb einlegte bzw. seine Lizenz nur deshalb nicht erneuerte, um möglichen Dopingkontrollen entgehen zu können. Dies wäre laut Bundesgericht rechtsmissbräuchlich. Jedenfalls habe der Gewichtheber zu keinem Zeitpunkt die tatsächliche Absicht gehabt, den Wettkampfsport zu beenden, und habe stets mit dem Ziel weiter trainiert, künftig weitere Titel zu gewinnen. Dass der Beschwerdeführer verpflichtet war, sich auch ausserhalb von Wettkämpfen Dopingkontrollen zu unterziehen, ergebe sich sodann zweifelsfrei aus dem Doping-Statut von Swiss Olympic.

Vor diesem Hintergrund ging das Bundesgericht wie auch die Vorinstanzen davon aus, dass es aufgrund der Einwilligung des Gewichtshebers, abgeleitet aus der manifestierten Unterwerfung unter die Regeln des SAGV, an einer widerrechtlichen Persönlichkeitsverletzung fehlt. Darüber hinaus schützte das Bundesgericht auch die Argumentation der Vorinstanz, wonach das Interesse an der Dopingbekämpfung ohnehin gegenüber dem Interesse des Gewichtshebers an einem Verzicht auf Sanktionen während einer Wettkampfpause überwiege:

  • «Pour ce qui est de la licéité de l’atteinte à la personnalité causée par le contrôle antidopage sur la personne du recourant, le grief d’absence de consentement découlant de son affiliation à C.__ a d’ores et déjà été écarté. L’autorité cantonale a également retenu que l’atteinte subie par le recourant était justifiée par un intérêt public prépondérant. L’autorité cantonale a également retenu que l’atteinte subie par le recourant était justifiée par un intérêt public prépondérant.
  • Le raisonnement de la cour cantonale sur ce point n’est pas sujet à critique dans la mesure où elle a constaté à juste titre que les objectifs visés par la lutte antidopage, à savoir l’égalité entre les concurrents, la loyauté, la protection de la santé des athlètes, le combat contre l’utilisation de substances dangereuses, la préservation de la propreté du sport et de la fonction formatrice du sport pour les jeunes, devaient primer sur l’intérêt du recourant à se voir épargner une sanction au motif qu’il a renoncé à participer à des compétitions durant la seule année 2002.»

Da der Gewichtheber die Verhältnismässigkeit der verhängten Sanktionen nicht konkret beanstandet hatte, wurde die Frage vom Bundesgericht nicht im Einzelnen behandelt. Jedenfalls erscheinen die Sanktionen nach Ansicht des Bundesgerichts mit Blick auf das Vergehen des Gewichthebers nicht als unverhältnismässig. Schliesslich verneinte das Bundesgericht auch die vom Beschwerdeführer geltend gemachte Verletzung von Art. 6 EMRK (vgl. zu dieser Thematik auch BR-News vom 28. Juli 2016 «Schadenersatzklage von Claudia Pechstein unzulässig).

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