Sportrecht: Verfahren und Zuständigkeiten in Dopingfällen


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Aufgrund der CAS-Urteile in den Doping-Fällen der ehemaligen Tour-de-France-Sieger Alberto Contador und Jan Ullrich ist die Dopingproblematik in der Öffentlichkeit in den vergangenen Wochen wieder vermehrt thematisiert worden. Die beiden Verfahren veranschaulichen die rechtlichen Fragestellungen rund um die Dopingbekämpfung im Spitzensport und führen die einschneidenden Sanktionen vor Augen, die mit der Einnahme von Doping verbunden sind. Vor diesem Hintergrund wird nachfolgend in einer kurzen Übersicht dargestellt, wie und durch welche Rechtsvorschriften die Verfahren, Abläufe und Zuständigkeiten bei Doping-Fällen geregelt sind.

„Doping-Urteile“ des CAS

Der internationale Sportgerichtshof hat im Februar 2012 zwei Urteile gefällt und darin Dopingsperren von jeweils zwei Jahren gegen die ehemaligen Tour-de-France-Sieger Alberto Contador (vgl. BR-News vom 07.02.2012) und Jan Ullrich ausgesprochen sowie deren Resultate teilweise aberkannt. Diese Fälle bieten Anlass, die Abläufe und Verfahren bei Dopingfällen kurz darzustellen.

Rechtliche Grundlagen

Die rechtlichen Grundlagen der Dopingbekämpfung sind von diversen Organisationen der Sportwelt erlassene Normen. Die bedeutendste davon ist das Welt-Anti-Doping-Programm der WADA. Dieses besteht hauptsächlich aus dem Welt-Anti-Doping Code (nachfolgend: WADA-Code, vgl. deutsche Übersetzung), den Internationalen Standards (Ausführungsbestimmungen zum WADA-Code) sowie den Best Practice Empfehlungen und Richtlinien. Der WADA-Code regelt insbesondere, wann ein Dopingvergehen vorliegt, welche Konsequenzen ein solches hat, welches Beweismass und welche Beweislastverteilung gilt und welche Rechtsmittel gegen Sanktionsentscheide ergriffen werden können. Ebenfalls legt der WADA-Code die Verjährungsregeln fest (Verjährung nach acht Jahren ab Zeitpunkt des Dopingverstosses, vgl. Art. 17 WADA-Code). Die Internationalen Standards enthalten unter anderem eine Reihe von Mindeststandards. Zu diesen gehören die Liste der verbotenen Substanzen und Methoden sowie die Internationalen Standards für Doping-Kontrollen, für Doping-Labors, für medizinische Ausnahmegenehmigungen und für den Schutz der Privatsphäre und personenbezogener Informationen.

Die nationalen Anti-Doping-Agenturen verpflichten sich der WADA gegenüber, das Welt-Anti-Doping-Programm auch national umzusetzen (vgl. u.a. Art. 23.2.2 WADA-Code). In der Schweiz ist dies mit dem Doping-Statut von Swiss Olympic erfolgt. Der WADA-Code wird dabei fast wörtlich übernommen. Die nationalen Sportfachverbände übernehmen ihrerseits das Doping-Statut bzw. den WADA-Code in der Regel mittels Verweis in ihren Statuten.

Auf Ebene des internationalen Rechts ist das Übereinkommen gegen Doping im Sport massgebend. Darin verpflichten sich die Vertragsstaaten, die Verhütung und Bekämpfung des Dopings im Sport zu fördern. Ziel ist die vollständige «Ausmerzung des Dopings» (Art. 1). Das Übereinkommen umfasst unter anderem Normen zur Erziehung, Schulung und Forschung.

Kontrollen und Sanktionen

Zuständig für Dopingkontrollen sind die nationalen Anti-Doping-Organisationen und die internationalen Sportfachverbände, bei internationalen Sportanlässen deren Veranstalter (Art. 5 und 15.1 WADA-Code). Die Sanktionsmöglichkeiten sind in Art. 10 WADA-Code umfangreich umschrieben. Wird anlässlich einer Kontrolle ein Verstoss im Sinne von Art. 2 WADA-Code festgestellt, droht dem fehlbaren Sportler für den ersten Verstoss eine Sperre von bis zu zwei Jahren. In gewissen Fällen kann die Dauer der Sperre reduziert, der Sportler abgemahnt oder gar ganz von einer Strafe abgesehen werden (vgl. dazu die CAS-Urteile in den Fällen Gasquet und Pobyedonostsev). Im Wiederholungsfall wird die Strafe erhöht, die Sanktionen reichen dabei bis zu einer lebenslangen Sperre (vgl. Art. 10.7 WADA-Code). Auch gegen Mannschaften können Sanktionen (z.B. Punktverluste oder Disqualifizierungen) ausgesprochen werden, wenn mehr als zwei Mitglieder einer Mannschaft während eines Wettkampfes gegen die Anti-Doping-Bestimmungen verstossen (vgl. Art. 11.2 WADA-Code). Der jeweilige Wettkampfveranstalter kann von dieser Regel abweichen und bei Mannschaftssportarten strengere Massnahmen gegen Mannschaften aufstellen (vgl. Art. 11.3 WADA-Code).

Für einen Athleten hat eine Sperre weitreichende Konsequenzen: Der gesperrte Athlet darf während ihrer Dauer in der Regel in keiner Eigenschaft an Wettkämpfen oder anderen Aktivitäten teilnehmen, die von einem internationalen Sportverband ausgerichtet werden, also insbesondere auch nicht an Events oder Trainings der dem Sportverband nachgelagerten nationalen Verbänden oder Vereinen. Die Sperre führt somit im Ergebnis zu einem umfassenden Verbot, an organisierten Sportveranstaltungen teilzunehmen. Die Sperre gilt dabei für sämtliche Sportarten, nicht nur für diejenige, bei deren Ausübung der Verstoss begangen wurde. Darüber hinaus muss der fehlbare Athlet (je nach Ausgestaltung der Verträge) mit allfälligen Schadenersatzforderungen von seinem Sportfachverband oder Sponsoren rechnen.

Neben der (zukunftsgerichteten) Sperre hat ein Dopingvergehen in der Regel eine (vergangenheitsbezogene) Annullierung der Resultate zur Folge: Dem Sportler werden alle an einem bestimmten Ereignis oder in einem bestimmten Zeitraum erzielten Resultate aberkannt. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, finanzielle Strafen auszusprechen. Als Anschauungsbeispiel dient der Fall Contador: Im diesem sprach der CAS sowohl eine Sperre (zwei Jahre) als auch eine Annullierung (Tour-de-France-Sieg und sämtliche Resultate seit Beginn der Sperre) aus. Über die finanzielle Sanktion, die der internationale Radsportverband (UCI) gefordert hat (rund 2,5 Mio. Euro), wird der CAS in einem separaten Urteil befinden (vgl. BR-News vom 07.02.2012).

Neben den verbandsrechtlichen Konsequenzen eines Dopingvergehens kann das nationale Recht weitere Sanktionen vorsehen. Das Schweizer Recht sieht beispielsweise auch strafrechtliche Konsequenzen vor: Art. 11f des Bundesgesetzes über die Förderung von Turnen und Sport bedroht Doping mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe.

Zuständigkeit in der Schweiz und Rechtsmittel gegen Sanktionsentscheide

In der Schweiz stellt sich die Zuständigkeit für Dopingsanktionen wie folgt dar: Die Disziplinarkammer für Dopingfälle von Swiss Olympic (DfK) beurteilt als erste Instanz positive Dopingfälle der Mitgliedverbände von Swiss Olympic. Dies sind prinzipiell alle schweizerischen Sportverbände. Ein erstinstanzlicher Entscheid liegt in der Regel innert zwei bis vier Wochen nach der Überweisung der Unterlagen an die DfK vor. Die Entscheide der DfK können an den internationalen Sportgerichtshof mit Sitz in Lausanne (CAS) weitergezogen werden. Hierzu berechtigt sind neben den direkt involvierten Parteien (Sportler, Verband) auch der zuständige internationale Verband, die nationale Anti-Doping-Agentur, das Internationale Olympische Komitee (IOC) sowie die WADA (vgl. Art. 13 WADA-Code).

Als letzte Instanz entscheidet schliesslich das schweizerische Bundesgericht (Art. 191 IPRG i.V.m. Art. 77 BGG). Vor diesem können jedoch nur Verfahrensfehler gerügt werden, beispielsweise die Zusammensetzung oder Zuständigkeit des Schiedsgerichts oder die Verletzung des Grundsatzes des rechtlichen Gehörs (vgl. Art. 190 IPRG). Das Bundesgericht urteilt grundsätzlich letztinstanzlich, ein Weiterzug an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EMGR) ist im Falle einer EMRK-Verletzung jedoch möglich.

Weitere Informationen:

Ansprechpartner: Giuseppe Di Marco


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