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Bekanntlich muss eine Selbstanzeige im Steuerrecht aus eigenem Antrieb erfolgen, damit sie straffrei ist. In einzelnen Fällen wird die Straflosigkeit daher nicht gewährt, wenn die Entdeckung der Steuerhinterziehung durch die Steuerbehörden unmittelbar bevorsteht und der Steuerpflichtige die Entdeckung nicht mehr verhindern kann. Die Selbstanzeige erfolgt dann nämlich nicht aus eigenem Antrieb, sondern nur um der ohnehin erfolgenden Entdeckung der Hinterziehung durch die Behörde zuvorzukommen.
Mit der Einführung des automatischen Informationsaustausches (AIA) per 1. Januar 2017 kann der Steuerpflichtige die Entdeckung unversteuerter Vermögenswerte bei ausländischen Banken in Staaten, mit welchen die Schweiz den AIA vereinbart hat, nicht mehr verhindern.[1] Eine strenge Auslegung hätte dazu führen können, dass bereits am 1. Januar 2017 keine Straflosigkeit mehr für dem AIA unterliegende Steuerfaktoren gewährt worden wäre.
In einer Mitteilung vom 15. September 2017 hat aber die eidgenössische Steuerverwaltung (ESTV) eine weniger strenge Position eingenommen. Sofern alle übrigen Voraussetzungen der Straflosigkeit der Selbstanzeige erfüllt sind, ist die ESTV der Ansicht, dass die Straflosigkeit für dem AIA unterliegende Steuerfaktoren, welche bereits 2017 bestehen, bis am 30. September 2018 möglich ist. Ab diesem Zeitpunkt ist eine straflose Selbstanzeige keinesfalls mehr möglich, da die ESTV davon ausgeht, dass sie spätestens am 30. September 2018 Kenntnis von solchen Steuerfaktoren haben wird.
Für die Steuerfaktoren, die dem AIA unterliegen, aber erst nach 2017 bestehen, und für Steuerfaktoren aus Staaten, mit welchen die Schweiz den AIA zu einem späteren Zeitpunkt vereinbart hat,[2] sind straflose Selbstanzeigen analog möglich bis am 30. September des Jahres, in welchem der diesbezügliche Datenaustausch (erstmals) stattfindet.
Die Position der ESTV ist für die Kantone allerdings nicht verbindlich. Es kann daher nicht ausgeschlossen werden, dass einzelne Kantone bereits vorher (oder erst nachher) die Straflosigkeit verweigern. Die Position der Kantone zu dieser Frage ist unterschiedlich: Im Kanton Zürich soll die Straflosigkeit bis zum letzten Moment gewährt werden bzw. bis zum Zeitpunkt, in dem die Steuerverwaltung eine bestimmte Steuererklärung zur Hand nimmt und mithilfe der Daten ausländischer Banken feststellt, dass unversteuerte Vermögenswerte vorhanden sind. Im Gegensatz dazu ist der Kanton Schwyz der Ansicht, dass die Straflosigkeit für dem AIA unterliegende Steuerfaktoren nur bis 1. Januar 2018 möglich ist, da ab diesem Moment Daten von den AIA-Staaten an die ESTV geschickt werden und die Selbstanzeige nicht mehr aus eigenem Antrieb erfolgen könne.
Angesichts dieser unterschiedlichen Positionen in den Kantonen sollten sich in der Schweiz steuerpflichtige Personen, welche über unversteuerte Vermögenswerte im Ausland verfügen, umgehend mit einer Bereinigung ihrer Situation auseinandersetzen – der 30. September 2018 wird, zumindest nach Auffassung der ESTV, definitiv die letzte Gelegenheit dafür sein.
[1] AIA in Kraft seit 1. Januar 2017 mit folgenden Staaten: Australien, europäische Union (alle 28 Mitgliedstaaten plus die Åland-Inseln, die Azoren, Französisch-Guayana, Gibraltar, Guadeloupe, die Kanarischen Inseln, Madeira, Martinique, Mayotte, Réunion und Saint Martin), Guernsey, Insel Man, Island, Japan, Jersey, Kanada, Norwegen und Südkorea.
[2] AIA voraussichtlich in Kraft ab 1. Januar 2018 mit folgenden Staaten: Andorra, Antigua und Barbuda, Argentinien, Aruba, Barbados, Belize, Bermuda-Inseln, Brasilien, Britische Jungferninseln, Cayman-Inseln, Chile, China, Cookinseln, Costa Rica, Curaçao, Faröer Inseln, Grenada, Grönland, Indien, Indonesien, Israel, Kolumbien, Liechtenstein, Malaysia, Mauritius, Marshallinseln, Mexiko, Monaco, Montserrat, Neuseeland, Russland, San Marino, Sait Kitts und Nevis, Saint-Lucia, Saint Vincent und die Grenadinen, Saudi-Arabien, Seychellen, Singapur, Südafrika, Turks und Caicos Inseln, Uruguay und Vereinigte Arabische Emirate.