Tücken bei der Nachlassplanung


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Wer seinen Nachlass plant, verzichtet oft auf den Beizug spezialisierter Berater. Kosten sollen gespart werden, Privates soll privat bleiben, oder die selbst angedachte Nachlassplanung erscheint vermeintlich als so einfach, dass professionelle Beratung als unnötig erachtet wird. Nachfolgend sollen einige wesentliche Tücken bei der Nachlassplanung aufgezeigt werden, welche in der Praxis gerne übersehen werden.

1. Gleichbehandlung der Nachkommen

Die Gleichbehandlung der Nachkommen ist für viele Eltern zentral. Werden Vermögenswerte bereits zu Lebzeiten auf die Kinder übertragen, wird darauf geachtet, dass die Schenkungen gleichzeitig und wertmässig in gleicher Höhe erfolgen. Auf eine eigentliche Nachlassplanung wird allerdings verzichtet. Ein solches Vorgehen kann grosses Streitpotential bergen. Werden die Schenkungen an die Kinder nämlich so vorgenommen, dass beispielsweise ein Nachkommen eine Liegenschaft oder das Familienunternehmen erhält und der andere Nachkomme einen wertmässig entsprechenden Geldbetrag, ergibt sich die Problematik, dass diese Schenkungen entgegen der landläufigen Auffassung bei der späteren Erbteilung wertmässig unterschiedlich angerechnet werden. Was anfänglich „gleich“ war, wird später „ungleich“ qualifiziert.

Für die erbrechtliche Auseinandersetzung sieht der Gesetzgeber vor, dass die Erben verpflichtet sind alles zur Ausgleichung zu bringen, was sie vom Erblasser lebzeitig auf Anrechnung erhielten. Grossschenkungen von Liegenschaften, Familienunternehmen oder substantiellen Geldbeträgen sind bei der Erbteilung regelmässig zu berücksichtigen. Die Anrechnung erfolgt wertmässig unterschiedlich. Derjenige Nachkomme, welcher als Schenkung Barmittel erhielt, hat bei der erbrechtlichen Auseinandersetzung grundsätzlich deren Nominalwert zur Ausgleichung zu bringen. Der andere Nachkomme, welcher eine Liegenschaft erhielt, hat diese dagegen zum Verkehrswert per Todestag des Erblassers auszugleichen. Wertveränderungen einer Liegenschaft zwischen dem Zeitpunkt der Schenkung und dem Todestag des Erblassers werden damit bei der erbrechtlichen Auseinandersetzung berücksichtigt, währenddessen bei Geldschenkungen üblicherweise nur der ursprüngliche Nominalwert angerechnet wird.

Noch komplexer wird es wenn einem Nachkommen ein Unternehmen geschenkt wird. Auch hier gilt, dass sich der Beschenkte bei der Ausgleichung den Verkehrswert des Unternehmens per Todestag des Erblassers anzurechnen hat. Die Anrechnung erfolgt mindestens in dem Umfang, wie eine allfällige Wertsteigerung der Unternehmensanteile auf konjunkturelle Faktoren zurückzuführen ist. Tritt der Nachkomme nach erfolgter Schenkung des Unternehmens in dieses ein und trägt durch seine Tätigkeit zur Wertsteigerung bei, hat er den selbst geschaffenen Mehrwert des Unternehmens dagegen nicht auszugleichen. In der Praxis, vielleicht Jahrzehnte später, wird es aber schwierig sein, die Faktoren der Wertsteigerung eines Unternehmens abzugrenzen und zu beweisen, welcher Teil der Wertsteigerung auf eigene Tätigkeit zurückzuführen ist und welcher Teil der Konjunktur zuzuschreiben ist.

Um später langjährige Streitigkeiten zu vermeiden, welche im schlimmsten Fall nicht nur dem Unternehmen schaden, sondern sogar dazu führen können, dass das Unternehmen veräussert werden muss um die Ansprüche anderer Erben zu erfüllen, ist eine erbrechtliche Planung unerlässlich. Ratsam ist es deshalb, den Ausgleichungswert von Schenkungen vertraglich festzuhalten. Sind Pflichtteilsverletzungen zu erwarten, ist es zudem empfehlenswert, sämtliche Erben in die Nachlassplanung einzubeziehen und einen Erbvertrag zu schliessen.

 2. Gemischte Schenkungen

Ähnliche Problemstellungen ergeben sich bei sog. gemischten Schenkungen, beispielsweise wenn ein Nachkomme die elterliche Liegenschaft oder das Familienunternehmen zu einem Vorzugspreis käuflich erwirbt. Auch hier besteht ohne erbrechtliche Regelung wiederum die Gefahr, dass die Differenz zwischen dem Verkehrswert der Liegenschaft oder dem Familienunternehmen und dem aus familiären Gründen zu tief angesetzten effektiven Veräusserungspreis bei der Erbteilung anzurechnen ist. Dies kann, gerade bei grossen Wertsteigerungen und Differenzen zwischen ursprünglichem Verkehrswert und tatsächlichem Verkaufspreis, zu unvorhergesehenen hohen erbrechtlichen Ansprüchen der Miterben führen.

 3. Aufklärung über die Vermögensverhältnisse

Selbst wenn ein Erbvertrag abgeschlossen wird ist nicht immer ausgeschlossen, dass es später Streitigkeiten gibt. Beim Abschluss eines Erbvertrages ist nämlich entscheidend, dass alle Parteien über die Vermögensverhältnisse des Erblassers umfassend aufgeklärt werden. Wer mit oder ohne Gegenleistung einen Erbverzicht leistet, hat Anspruch darauf, dass er vorgängig aufgeklärt wird auf was er genau verzichtet. Deshalb hat der Erblasser über den aktuellen Stand seines Vermögens und, sofern absehbar, über Chancen und Risiken der Vermögensentwicklung aufzuklären. Unterlässt der Erblasser eine solche Aufklärung, besteht die Gefahr einer späteren Anfechtung des Erbvertrags. Aus Beweisgründen empfiehlt es sich zudem, den Umfang und die Höhe des Vermögens des Erblassers direkt im Erbvertrag detailliert festzuhalten.

 4. Der Ehepartner und eingetragene Partner

Erstaunlicherweise immer wieder übersehen wird, dass vor einer Erbteilung bei einem verheirateten Erblasser die güterrechtliche Auseinandersetzung vorzunehmen ist. Dabei ist vorab zu klären, welchem Ehepartner welche Eigengüter – insbesondere in die Ehe eingebrachte Vermögenswerte und während der Ehe erhaltene Schenkungen, Erbvorbezüge und Erbschaften – gehören und wieviel während der Ehe erwirtschaftetes Vermögen (sog. Vorschlag) bei jedem Ehegatten entstanden ist. Auch bei eingetragenen Partnerschaften ist eine vermögensrechtliche Auseinandersetzung analog den eherechtlichen Bestimmungen vorzunehmen, wenn zwischen den Partnern ein Vermögensvertrag geschlossen wurde.

Werden keine ehe- und erbrechtlichen Regelungen getroffen, erhält der überlebende Ehepartner vor der eigentlichen erbrechtlichen Auseinandersetzung die Hälfte des gesamten Vorschlags, also der Vorschläge beider Ehegatten. Lediglich die andere Hälfte des Vorschlags sowie die Eigengüter des Erblassers fallen in die Erbmasse. Durch Abschluss eines Ehevertrags kann der gesamte Vorschlag vollumfänglich dem überlebenden Ehepartner zugewiesen werden; in diesem Fall fällt lediglich das Eigengut des verstorbenen Ehepartners in die Erbmasse. Solche ehevertragliche Regelungen sind allerdings nur gegenüber den gemeinsamen Nachkommen zulässig.

Soll der Anteil des Ehepartners oder eingetragenen Partners am Nachlass erhöht werden, können die Nachkommen auf den Pflichtteil gesetzt werden, womit sich die Quote des Ehegatten oder eingetragenen Partners am Nachlass auf 5/8 erhöht. Eine andere Möglichkeit besteht darin, dem Ehegatten die gesamte Nutzniessung am Nachlass zuzuteilen; eine solche Regelung ist aber wiederum nur gegenüber den gemeinsamen Nachkommen zulässig. Soll der Ehegatte oder eingetragene Partner darüber hinaus begünstigt werden, empfiehlt sich stets der Abschluss eines Erbvertrags mit allen Erben.

 5. Der Konkubinatspartner

Oftmals vergessen geht auch der Konkubinatspartner. Dies kann einschneidende Konsequenzen haben, denn der Konkubinatspartner geht leer aus, wenn er nicht mittels Testament oder Erbvertrag begünstigt wird. Bei Konkubinatspartnern speziell zu prüfen sind neben erbrechtlichen Vorkehrungen vorsorgerechtliche Begünstigungsmöglichkeiten im Rahmen der 2. Säule (Lebenspartnerrente) und der 3. Säule (gebundene oder freie Vorsorge).


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