UPDATE: Einvernehmliche Regelung zwischen der WEKO und Jura Elektroapparate AG – Verfügung im Volltext veröffentlicht


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Die Wettbewerbskommission (WEKO) hat im Juni 2014 ihre Untersuchungen gegen die Jura Elektroapparate AG wegen unzulässigen Wettbewerbsabreden gemäss Art. 5 Abs. 4 KG abgeschlossen und eingestellt. Die Wettbewerbshüter kommen zum Schluss, dass keine direkt sanktionierbare Preis- oder Gebietsabrede vorliegt. Ob die Abrede über den Verzicht auf Online-Handel allenfalls als unzulässig zu qualifizieren sei, liess die WEKO offen. Stattdessen einigte man sich mittels einvernehmlicher Regelung darauf, den Online-Handel in Zukunft grundsätzlich zu erlauben.

Gegenstand der Untersuchung

Der eingeleiteten Untersuchung gegen die Jura Elektroapparate AG (Jura) lagen Anhaltspunkte zugrunde, nach welchen Jura auf Kaffeemaschinen, die aus dem umliegenden Ausland in die Schweiz importiert wurden oder bei gewissen Online-Händler gekauft worden waren, keine Garantieleistungen erbrachte. Weiter bestand der Verdacht, Jura versuche, den Internetverkauf von Kaffeemaschinen zu unterbinden und Einfluss auf die Wiederverkaufspreise der Händler Einfluss zu nehmen.

Aus diesen Gründen leitete die WEKO im Jahr 2011 eine Untersuchung gegen Jura ein, beschlagnahmte bei einer Hausdurchsuchung Beweismaterial und lud die betroffenen Parteien als Zeugen zur Einvernahme vor. Die WEKO präsentiert in der nun im Volltext vorliegenden Verfügung die Ergebnisse ihrer Untersuchung. Dabei wird die Frage beantwortet, ob Jura im Sinne eines bewussten und gewollten Zusammenwirkens mit ihren Vertriebspartnern eine Preisabrede, eine Gebietsabrede und eine Abrede über den Verzicht auf Online-Handel getroffen hat.

Keine Preis- oder Gebietsabreden

Damit die Voraussetzungen einer unzulässigen Preisabrede erfüllt sind, muss zwischen Jura und ihren Vertriebspartnern ein bewusstes und gewolltes Zusammenwirken bezüglich der Wiederverkaufspreise vorliegen. Die WEKO hat zwar festgestellt, das Jura z. B. mittels Belohnungen für Werbeaktivitäten, Einfluss auf die Wiederverkaufspreise nehmen wollte, insgesamt hätte sich der Verdacht aber nicht erhärtet. Im Gegenteil konnte den beschlagnahmten Dokumenten entnommen werden, dass verschieden Vertriebspartner ihre Preise an jene der Konkurrenz angepasst oder aber Preise verwendet haben, die nicht den Vorstellungen von Jura entsprachen. Die WEKO kommt deshalb zum Schluss, dass kein bewusstes und gewolltes Zusammenwirken im Sinne von Art. 4 Abs. 1 KG und somit auch keine unzulässige Preisabrede im Sinne von Art. 5 Abs. 4 i.V.m. Abs. 1 KG vorliegt.

Neben dem Verdacht auf Preisabreden, waren auch mutmassliche Gebietsabreden Teil der Untersuchung. Vermutet wird, nach Hinweisen einer Parallelimporteurin, dass Jura versucht hat, durch die Verweigerung von Serviceleistungen und Garantieansprüchen, Parallelimporte zu behindern.

Bei Vertikalabreden, also Abreden zwischen Markteilnehmern unterschiedlicher Marktstufen, orientiert sich das Schweizer Recht stark an der kartellrechtlichen Beurteilung solcher Abreden in der EU bzw. an der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH).

Nach der Rechtsprechung des EuGH darf ein Hersteller, der einen selektiven Vertrieb betreibt, seine Garantieleistungen auf Produkte beschränken, die von einem zugelassenen Vertragshändler verkauft wurden. Vor diesem Hintergrund fällt ein vergleichbares Verhalten in der Schweiz nicht in den Anwendungsbereich von Art. 5 Abs. 4 KG. Zu dieser Erkenntnis kommt die WEKO auch bezüglich dem Verhalten von Jura, die nämlich im Jahr 2002 ein selektives Vertriebssystem eingeführt hat. Sie stellt in der Folge die Untersuchung gegen Jura wegen unzulässiger Gebietsabreden nach Art. 5 Abs. 4 i.V.m. Abs. 1 KG ein.

Vertikale Wettbewerbsabrede über den Verzicht auf Online-Handel

Aus den beschlagnahmten Dokumenten sowie aus Fragebögen, die Jura-Händler ausgefüllt hatten, ging hervor, dass sich Vertriebspartner Jura gegenüber verpflichteten, keine Jura-Kaffeemaschinen über das Internet zu verkaufen. Zudem hat Jura interveniert (Lieferstopps, Abbruch der Zusammenarbeit), wenn dies trotzdem geschah. Dieses Verhalten stellt laut WEKO ein bewusstes und gewolltes Zusammenwirken im Sinne einer Abrede nach Art. 4 Abs. 1 KG zwischen Jura und ihren Vertriebspartnern im Hinblick auf den Verzicht auf Online-Handel dar. Es muss nun noch geklärt werden, ob diese Abrede unzulässig ist.

Die Unzulässigkeit einer Abrede setzt voraus, dass eine Wettbewerbsbeschränkung bezweckt oder bewirkt wird. Dafür muss sie sich auf einen Wettbewerbsparameter wie bspw. den Preis beziehen. Mit der unzulässigen Abrede wollen die Beteiligten einen bestimmten Teil des frei funktionierenden Wettbewerbs beeinflussen oder ausschalten, um ihrerseits einen Vorteil zu erlangen. Die WEKO geht davon aus, dass der Online-Verkauf von Kaffeemaschinen die Preise von Jura bedrängte. In der Folge wollte Jura diesen unterbinden um seine Preise zu stützen. Diese Ansicht stützt die WEKO auf ihrer rechtskräftige Verfügung („Electrolux/V-Zug“, vgl. dazu BR-News vom 8. 9. 2011) „Behinderung des Online-Handels“, in der sie festhält, dass ein Verbot von Internetverkäufen von Haushaltgeräten objektiv geeignet ist, eine Wettbewerbsbeschränkung zu bewirken, weil damit das Preisniveau anhaltend beeinflusst werden kann.

Die Untersuchungen der WEKO haben bis hierhin ergeben, dass Jura vor dem Jahr 2013 mit einzelnen Vertriebspartnern eine vertikale Wettbewerbsabrede über den Verzicht auf Online-Handel von Kaffeemaschinen hatte. Abreden zwischen Unternehmen verschiedener Marktstufen über Mindest- und Festpreise führen nach Art. 5 Abs.4 KG vermutungsweise zu einer Beseitigung des wirksamen Wettbewerbs. Die WEKO musste also herausfinden, ob das Verbot von Internetverkäufen einer solchen Preisabrede bzw. einer Abrede in Vertriebsverträgen gleichzustellen ist.

Verbot von Internetverkäufen im Hinblick auf Art. 5 Abs.4 KG

Kommt das Verbot von Internetverkäufen einer Festsetzung von Wiederverkaufspreisen gleich, kann eine in den Anwendungsbereich von Art. 5 Abs. 4 KG fallende Preisbindung zweiter Hand vorliegen, wenn zusätzlich qualifizierende Umstände wie die Koppelung des Verbots an Preisempfehlungen, Einflussnahme auf die Rabattpolitik der Wiederverkäufer, Drohungen, Strafen, Einschüchterungen, Vertragskündigungen oder anderes, hinzukommen. Laut WEKO kommen hier jedoch keine qualifizierenden Umstände hinzu, womit auch keine sanktionierbare Festsetzung von Wiederverkaufspreisen vorliegt.

Von Art. 5 Abs. 4 KG auch erfasst sind Gebiets- oder Kundenbeschränkungen (absoluter Gebietsschutz). Die WEKO hält fest, dass die Beschränkung oder das Verbot des Online-Handels insbesondere dann problematisch ist, wenn damit der grenzüberschreitende Warenverkehr behindert wird, um eine Abschottung des Schweizer Marktes zu bewirken. Der Beschränkung des Online-Handels durch Jura kam laut WEKO jedoch keine solche Wirkung zu, womit eine sanktionierbare Gebietsabschottung im Sinne von Art. 5 Abs. 4 KG ausser Betracht fällt.

Möglicherweise unzulässig im Sinne von Art. 5 Abs. 1 KG

Ausgehend von ihrer bisherigen Praxis und der Vertikalbekanntmachung (VertBek) stellt die WEKO fest, dass mit dem Verzicht auf Online-Handel zwischen Jura und einzelnen Vertriebspartnern eine qualitativ schwerwiegende Abrede vorliegt. Denn Ziff. 12 Abs. 2 Bst. b VertBek erfasst insbesondere die Beschränkung von passiven Verkäufen an eine bestimmte Kundengruppe – hier die Online-Kunden.

Auch in quantitativer Hinsicht, liegt laut WEKO eine erhebliche Wettbewerbsbeschränkung vor, da Jura mit einem Marktanteil von 16-20%, auf dem schweizerischen Markt für Kaffeemaschinen des Heimbedarfs, mit der Beschränkung des Online-Handels, erheblich auf den Produktmarkt eingewirkt hat. Trotz qualitativ und quantitativ schwerwiegender Auswirkungen auf den Wettbewerb bleibt eine abschliessende Beurteilung der Unzulässigkeit (Art. 5 Abs. 1 KG) der Abrede bleibt jedoch aus. Die WEKO bevorzugt eine einvernehmliche Regelung.

Ergebnis – einvernehmliche Regelung

Zum Schluss der Untersuchung wird festgehalten, dass zwar eine Abrede über den Verzicht auf Online-Handel vorliegt, aber keine qualifizierenden Umstände, welche auf eine Preisbindung oder Gebietsabschottung nach Art. 5 Abs. 4 KG hindeuten, auszumachen sind. Somit kommen keine direkten Sanktionen in Frage. Zudem fügt die WEKO bei, dass Jura seinen Vertriebspartnern seit 2013 den Online-Handel grundsätzlich erlaube. In einer einvernehmlichen Lösung hat Jura sich dazu verpflichtet, dies auch weiterhin zu tun. Die Frage, ob die Abrede über den Verzicht auf Online-Handel allenfalls unzulässig im Sinne von Art. 5 Abs. 1 KG war, wurde offen gelassen.

Weitere Informationen:

Ansprechpartner: Lukas Bühlmann


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