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Die neue EU-Richtlinie 2016/943 zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen (siehe eine Zusammenfassung der wichtigsten Bestimmungen in BR-News vom 15. Januar 2016) wurde am 15. Juni 2016 im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht und tritt am 5. Juli 2016 in Kraft. Die Mitgliedstaaten der EU haben bis zum 9. Juni 2018 Zeit, um die neuen Bestimmungen zum Schutz der Geschäftsgeheimnisse in das nationale Recht zu implementieren.
Zweck der EU-Richtlinie
Hauptziel der EU-Richtlinie ist die Harmonisierung der Regeln zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen. Aktuell kennen die einzelnen Mitgliedstaaten sehr unterschiedliche Regeln zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen. Regelmässig wird der Begriff „Geschäftsgeheimnis“ nicht klar definiert oder es bestehen je nach Mitgliedstaat unterschiedliche Definitionen. In vielen Ländern hat sich zudem die Definition des Begriffes „Geschäftsgeheimnis“ durch die Rechtsprechung im Einzelfall entwickelt. Dies führt zu Rechtsunsicherheiten betreffend die Abgrenzung zwischen „normalen“ Informationen und Geschäftsgeheimnissen.
Mit der Harmonisierung der Bestimmungen zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen sollen faire Wettbewerbsbedingungen für alle EU-Unternehmen bestehen. Zudem sollen durch die gemeinsamen Regeln die – auch grenzüberschreitende – Forschung- und Entwicklung gefördert werden.
Wichtige Bestimmungen
Die wichtigsten Bestimmungen zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen in der neuen EU-Richtlinie wurden in BR-News vom 15. Januar 2016 bereits ausführlich zusammengefasst.
Die folgenden Bestimmungen sind für die Praxis sehr wichtig (der deutsche Text der EU-Richtlinie findet sich auf EUR-Lex: Richtlinie 2016/943):
- 2 (1): Definition des Begriffes „Geschäftsgeheimnis“
- 3: Rechtmässiger Erwerb, rechtmässige Nutzung und rechtmässige Offenlegung von Geschäftsgeheimnissen
- 4: Rechtswidriger Erwerb, rechtswidrige Nutzung und rechtswidrige Offenlegung von Geschäftsgeheimnissen
- 10: vorsorgliche Massnahmen bei rechtswidriger Nutzung / Offenlegung von Geschäftsgeheimnissen
- 12: Richterliche Anordnungen in einem Endentscheid
- 14: Schadenersatzregelungen
Auswirkungen auf die Schweiz
Geschäftsgeheimnisse von Schweizer Unternehmen fallen prinzipiell nicht unter die Richtlinie. Hat jedoch ein Schweizer Unternehmen eine Niederlassung in der EU, z.B. in Deutschland, so stehen zumindest die Geschäftsgeheimnisse dieser Niederlassung unter dem Schutz der Richtlinie.
Für Schweizer Unternehmen dürfte die Richtlinie dann Relevanz erlangen, wenn ein EU-Unternehmen gegenüber diesen eine Verletzung des Geschäftsgeheimnisses geltend macht und hierfür ein Gerichtsstand in einem EU-Land gegeben sein sollte. Insofern sind der Schutz von fremden Geschäftsgeheimnissen und damit die EU-Richtlinie bei Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten durchaus zu berücksichtigen.
Betreffend den Schutz von Geschäftsgeheimnissen ist zu erwähnen, dass die Schweiz – allerdings in verschiedenen Gesetzen – durchaus Bestimmungen zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen besitzt (z.B. Art. 162 StGB, Art. 273 StGB, Art. 6 UWG). Diese fallen gegenüber den neuen EU-Bestimmungen nicht vollständig ab. Verbesserungsbedarf wäre jedoch sicherlich vorhanden.
Zuletzt ist festzuhalten, dass sich die neuen EU-Bestimmungen zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen in der Praxis zuerst bewähren müssen. Die Harmonisierung ist sicherlich ein erster wichtiger Schritt. Rechtliche Schritte wegen behaupteter Geschäftsgeheimnisverletzung sind in der Praxis regelmässig schwierig, weil der Geheimnisherr die Beweis- und Behauptungslast trägt. Daran ändert die EU-Richtlinie nichts. Erleichterungen bringt die EU-Richtlinie diesbezüglich nur – aber immerhin – betreffend die Behauptungslast bei der Berechnung des allenfalls geltend gemachten Schadens.
Weitere Informationen:
Ansprechpartner: Michael Reinle