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Das Hin und Her um die Einführung eines neuen allgemeinen Widerrufsrechts für den Online-Handel nimmt eine neue Wendung. Nachdem die Rechtskommission des Nationalrates kürzlich der Gesetzesänderung unter der Vornahme einiger Änderungen zugestimmt hatte, (vgl. dazu BR-News vom 19. August 2014) lehnte der Nationalrat die Gesetzesvorlage in der Gesamtabstimmung mit einer Mehrheit von 95 zu 84 Stimmen ab.
Die bürgerliche Mehrheit sprach sich dagegen aus, ein allgemeines Widerrufsrecht von 14 Tagen für den Online-Handel einzuführen. Ihrer Ansicht nach, müssen Kunden die im Internet Waren bestellen nicht zusätzlich geschützt werden. Denn anders als von den Befürwortern dargestellt, macht im Internet der Kunde den ersten Schritt zum Abschluss des Kaufvertrags, von einer Überrumpelung, ähnlich wie bei Haustür- und Telefongeschäften könne somit nicht die Rede sein. Vor dem Hintergrund der stetig wachsenden Transparenz im Online-Handel und der gesetzlich geforderten Hinweispflicht (Art. 3 Abs. 1 lit. s Ziff. 2 UWG) auf die einzelnen technischen Schritte, die zu einem Vertragsabschluss führen, erscheint die Parallele zum Haustür- oder Telefongeschäft tatsächlich ein wenig verfehlt.
Auf der Seite der Befürworter sieht man – nach der Absage an einen gesetzlich verankerten Online-Konsumentenschutz – Schweizer Kunden gegenüber EU-Bürgern benachteiligt. Bundesrätin Simonetta Sommaruga gab hierzu zu bedenken, dass ein Deutscher oder eine Französin, die bei einem Schweizer Online-Shop bestellen, sich auf das in der EU seit Juni geltende allgemeine Widerrufsrecht berufen können, währenddessen einem Schweizer Kunden diese Option verwehrt bleibe. Dieser Vergleich ist unter der Annahme, dass das Recht des Staates zur Anwendung gelangt, in welchem der Konsument seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, richtig und für die Mehrzahl solcher Fälle auch anzunehmen. Allein schon deshalb gewähren Schweizer Online-Händler heute schon, auf freiwilliger Basis und aufgrund des wachsenden Cross-Border-E-Commerce mit EU-Mitgliedstaaten, ein 14-tägiges Widerrufsrecht. Zahlreiche Schweizer Online-Händler gewähren seit Jahren im Rahmen der Branchen-Selbstregulierung ihren Kunden ein Rückgaberecht und benutzen dies auch als Mittel, im Wettbewerb von Konkurrenten als besonders Konsumentenfreundlich abzugrenzen.
Seine Zustimmung gab der Nationalrat lediglich der Einführung des Widerrufsrechts für Telefongeschäfte und der Verlängerung des heute geltenden 7-tägigen Widerrufsrecht bei Haustürgeschäften auf 14 Tage. Auch die gegen die von Rechtskommission vorgeschlagenen Änderungen wurde nichts hervorgebracht. Die gesetzliche Verankerung eines Schweizer Widerrufsrechts für den Online-Handel ist mit dem Nein des Nationalrates nicht vom Tisch. Die Vorlage geht nun zurück an den Ständerat.
Weitere Informationen:
- BR-News: «Rechtskommission des Nationalrates stimmt neuem Widerrufsrecht zu»
- BR-News: «Bundesrat begrüsst Einführung des Widerrufsrechts im Online-Handel vom 17. März 2014
- Pressemitteilung des Bundesrats vom 14.03.2014
- Stellungnahme des Bundesrats vom 14.03.2014
- Position des Verbands des schweizerischen Versandhandels (VSV) zum Widerrufsrecht und zur Stellungnahme des Bundesrats
- BR-News: „Widerrufsrecht im Onlinehandel: Entwurf bringt klare Verbesserung – Notwendigkeit weiterhin zweifelhaft“
- BR-News: „Update: Neuer Entwurf zum geplanten Widerrufsrecht in der Schweiz veröffentlicht“
- BR-News: „Update: Ständeratskommission will am Widerrufsrecht für den Onlinehandel festhalten“
- BR-News: „Zwingendes gesetzliches Widerrufsrecht im E-Commerce – Revisionsentwurf in Vernehmlassung geschickt“
Ansprechpartner: Lukas Bühlmann