UPDATE: Verlängerte „Garantiefrist“ im Kaufrecht tritt am 1. Januar 2013 in Kraft


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Im Frühling dieses Jahres hat das Parlament eine Verlängerung der Verjährungsfristen für die gesetzlichen „Garantie“-Ansprüche im Kauf- und Werkvertragsrecht beschlossen (sog. Sachgewährleistungsrechte, vgl. BR-News vom 4. April 2012). Wie der Bundesrat vor kurzem mitgeteilt hat, wird die Gesetzesänderung per 1. Januar 2013 in Kraft treten. Neu gelten gegenüber Konsumenten zwingende Verjährungsfristen von zwei Jahren anstatt wie bis anhin einem Jahr. Mit anderen Worten haben Konsumenten künftig während maximal zwei Jahren die Möglichkeit, ihre Mängelrechte geltend zu machen. Die längere Frist verbessert die Lage des Konsumenten jedoch nur bei so genannten versteckten Mängeln, d.h. Mängeln, die bei einer angemessenen Prüfung der Ware nach dem Empfang nicht festgestellt werden können. Denn die Pflicht zur sofortigen Prüfung und Anzeige von Mängeln wird auch nach neuem Recht weiterhin gelten. Ein „gewöhnlicher“ Mangel, der nicht sofort nach der Prüfung angezeigt wird, oder ein versteckter Mangel, der nicht sofort nach seiner Entdeckung gerügt wird, kann somit ohnehin nicht geltend gemacht werden, auch wenn die Verjährungsfrist noch nicht abgelaufen wäre.

Verjährungsfrist neu zwei Jahre

Der Bundesrat hat entschieden, die neuen Verjährungsfristen im Kauf- und Werkvertragsrecht auf den 1. Januar 2013 in Kraft zu setzen (vgl. für ausführliche Informationen zur geltenden Rechtslage und zur Revision: BR-News vom 4. April 2012). Die geltende Regelung enthält eine auf ein Jahr beschränkte Mängelhaftung des Verkäufers (Art. 210 Abs. 1 OR). Das Gesetz sieht keine Ausnahme vor für Fälle, in denen Mängel erst nach Ablauf dieser Verjährungsfrist entdeckt werden. Dies hat dazu geführt, dass die Rechte der Käufer oftmals verjährt waren, bevor sie einen Mangel überhaupt entdecken konnten. Durch die Verlängerung der Frist auf zwei Jahre soll diese Situation nun entschärft werden. Neu hat ein Käufer somit maximal zwei Jahre Zeit, dem Käufer allfällige Mängel anzuzeigen. Es handelt sich dabei um eine einseitig zwingende Frist, die vertraglich nur zu Gunsten des Käufers abgeändert werden kann.

Die neue Frist befreit den Käufer aber keineswegs von der Pflicht, die Kaufsache direkt nach dem Erwerb zu untersuchen und dem Käufer allfällige Mängel zu melden. Bei genauer Betrachtung verbessert die längere Frist die Lage der Konsumenten nämlich nur bei so genannten versteckten Mängeln. Als solche bezeichnet man Mängel, die trotz einer angemessenen Prüfung nach Erwerb nicht sofort entdeckt werden können, sondern erst beim (längeren) Gebrauch zum Vorschein kommen. Bei Mängeln, die bereits im Rahmen der Prüfung nach dem Erwerb entdeckt werden können, ist der Käufer nach wie vor verpflichtet, sie sofort dem Verkäufer zu melden (so genannte Mängelrüge, Art. 201 OR).

Der Käufer wird sich deshalb bei „gewöhnlichen“ Mängeln nie auf die zweijährige Frist berufen oder mit der Rüge zwei Jahre zuwarten können, denn die Mängelrüge muss auch nach neuem Recht umgehend erfolgen. Gleich verhält es sich bei versteckten Mängeln. Diese müssen dem Verkäufer sofort nach dem Entdecken angezeigt werden. Wartet der Käufer mit der Mängelrüge zu lange zu, gilt die Kaufsache als genehmigt und die Mängelrechte können nicht mehr geltend gemacht werden. Das Gesetz spricht zwar davon, dass Mängel dem Verkäufer „sofort“ angezeigt werden müssen, sieht aber keine ausdrückliche, nach Tagen oder Wochen bestimmte maximale Rügefrist vor. Eine solche kann jedoch vertraglich vereinbart werden, beispielweise in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB).

Etwas anderes sieht diesbezüglich beispielsweise das deutsche Recht vor. Dieses kennt ebenfalls eine zweijährige Verjährungsfrist für Gewährleistungsansprüche. Nach deutschem Recht ist es aber unzulässig, dem Konsumenten eine Rügefrist vorzuschreiben. Eine in den AGB festgelegte und von der gesetzlichen Vorschrift abweichende Rügefrist ist deshalb selbst für „gewöhnliche“ oder sogar offensichtliche Mängel unzulässig und unwirksam (vgl. dazu den Beitrag im Shopbetreiber-Blog vom 25. Juni 2012).

Vertragliche Verkürzung nur noch im B2B-Verkehr und im Occassionshandel

Die neue zweijährige Verjährungsfrist, umgangssprachlich oft als „Garantie“ bezeichnet, kann gegenüber Konsumenten vertraglich nicht verkürzt werden. Nach geltendem Recht war dies noch möglich. Gegenüber gewerblichen Kunden hingegen ist eine Verkürzung der Gewährleistungsfrist nach wie vor zulässig.

Eine Ausnahme sieht das Gesetz für gebrauchte Waren vor. In Verträgen über Occassionswaren ist eine Verkürzung der Frist auch gegenüber Konsumenten zulässig. Sie muss jedoch mindestens ein Jahr betragen.

Spezialvorschriften für in ein Werk eingebaute Waren

Eine weitere Spezialvorschrift sieht das Gesetz für den Fall vor, dass eine mangelhafte Ware in ein Werk eingebaut wurde. In solchen Fällen beträgt die Verjährungsfrist neu fünf Jahre. Bisher haftete der Unternehmer, der das Werk erstellt hat, für Schäden am Werk während fünf Jahren. Die Verjährungsfrist für den Rückgriff auf den Zulieferer war allerdings bereits nach einem Jahr verjährt. Durch die Angleichung der Fristen im Werk- und Kaufvertragsrecht soll diese unbefriedigende Situation abgeschwächt werden. Von dieser Ausnahme abgesehen gilt auch im Werkvertragsrecht neu eine generelle Verjährungsfrist von zwei Jahren.

Totalrevision des Verjährungsrechts in Arbeit

Wie lange die soeben beschriebenen Bestimmungen gültig sein werden, ist noch nicht bekannt. Es ist nicht auszuschliessen, dass sie bereits in naher Zukunft wieder ersetzt werden, denn der Bundesrat hat Ende August bekannt gegeben, dass der Entwurf für eine Totalrevision des Verjährungsrechts demnächst dem Parlament vorgelegt werden soll (vgl. Pressemitteilung vom 29. August 2012). Demnach plant der Bundesrat insbesondere, die privatrechtlichen Verjährungsfristen zu vereinheitlichen. Er sieht zu diesem Zweck neu einheitliche Verjährungsfristen vor, die unabhängig von der Vertragsart oder dem Entstehungsgrund gelten. Im Rahmen dieser Revision würden auch die speziellen Verjährungsfristen des Kauf- und Werkvertragsrechts aufgehoben und durch eine einheitliche Regelung ersetzt werden. Das Eidgenössiche Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) wurde beauftragt, gestützt auf die Ergebnisse der Vernehmlassung einen Entwurf und eine Botschaft auszuarbeiten. Wann diese vorliegen und wann das Parlament darüber entscheiden wird, ist noch nicht bekannt.

Update: Der Bundesrat hat am 29. November 2013 den Entwurf und die Botschaft zur Revision des Verjährungsrechts veröffentlicht (vgl. Pressemitteilung vom 29.10.2013). Gemäss Entwurf soll auf die vollständige Vereinheitlichung des gesamten Verjährungsrechts verzichtet werden. Die Verjährungsfristen für Gewährleistungsansprüche im Kauf- und Werkvertragsrecht sind aus diesem Grund nicht mehr von der Revision betroffen und sollen unverändert bleiben. Gleiches gilt auch für die Verjährungsfristen im Produkthaftepflichtrecht. Der Bundesrat begründet dies in seiner Botschaft damit, dass die neuen Gewährleistungsfristen erst per 1. Januar 2013 verlängert worden seien und im Unterschied zum Vorentwurf auf die vollständige Vereinheitlichung des gesamten Verjährungsrechts verzichtet werde. Im Produktehaftpflichtrecht bestehe ausserdem die Besonderheit, dass es sich um eine bewusste inhaltliche Übernahme einer EU-Richtlinie handle, und vorliegend kein Anlass bestehe, die Übereinstimmung mit dem EU-Recht aufzugeben.

Weitere Informationen:

Ansprechpartner: Lukas Bühlmann


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