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Im Januar dieses Jahres wurde im Kanton Tessin ein User aufgrund von Urheberrechtsverletzungen durch sog. File-Sharing zu einer bedingten Freiheits- und Geldstrafe verurteilt. Kürzlich gab die Presse zudem bekannt, dass in der Schweiz vermehrt Strafanzeigen eingereicht und Ermittlungen gegen User von P2P-Netzwerken durchgeführt werden. Dies bietet Anlass die diesbezügliche Rechtslage kurz darzustellen. Zusammengefasst kann festgehalten werden, dass das Herunterladen von urheberrechtlich geschützten Werken in P2P-Netzwerken in der Regel eine Urheberrechtsverletzung darstellt, weil der Download nach Gesetzesdefinition regelmässig keine zulässige Verwendung zum Privatgebrauch darstellt. Denn in praktisch allen Fällen erfolgt mit dem Download auch ein Upload von Teilen des Werks, so dass diese damit gleichzeitig einer Vielzahl von Usern zum Download angeboten werden.
Die Möglichkeit der digitalen Vervielfältigung von urheberrechtlich geschützten Werken und immer raffiniertere Software stellen die Rechteinhaber noch immer vor grosse Herausforderungen beim Schutz ihrer Werke. Spätestens seit dem Verbot der Software «Napster» durch ein kalifornisches Gericht im Jahre 2001 ist die Problematik des sog. File-Sharings in Peer-to-Peer-Netzwerken allgemein bekannt. Ein derartiges Netzwerk, das man auch als online-Tauschbörse bezeichnen kann, erlaubt es «Gleichgestellten» (Peers), Dateien mit vielfach urheberrechtlich geschütztem Inhalt (Musik, Filme, Software etc.) von anderen Usern desselben Netzwerks herunterzuladen. In den aktuellen Programmen sind die einzelnen Anbieter der Dateien nicht mehr eindeutig indentifizierbar, was das Vorgehen der Rechteinhaber zusätzlich erschwert (vgl. BR-News vom 8.9.2010). In letzter Zeit hat die Thematik wieder neuen Auftrieb erhalten, nicht zuletzt aufgrund von Pressemeldungen über polizeiliche Ermittlungen gegen User von P2P-Netzwerken.
Bis anhin gab es in der Schweiz, soweit ersichtlich, erst zwei Verurteilungen wegen Urheberrechtsverletzungen durch File-Sharing. Dies könnte sich zukünftig ändern, auch wenn der Industrie die Beweiserhebung durch das kürzlich ergangene Urteil des Bundesgerichts stark erschwert wurde (vgl.BR-News vom 8.9.2010). Vor diesem Hintergrund ist es angezeigt, die Rechtslage kurz darzulegen.
Das Urheberrechtsgesetz (URG) gewährt Urhebern von «geistigen Schöpfungen der Kunst mit individuellem Charakter» verschiedenste Rechte, die häufig abgetreten werden (bspw. an die Produzenten). Zu den Urheberrechten gehört insbesondere das ausschliessliche Recht, zu bestimmten, ob, wann und wie sein Werk verwendet wird (Art. 10. Abs. 1 URG). Dazu zählen vor allem auch das exklusive Recht, das Werk in irgendeiner Form zu vervielfältigen (sog. Vervielfältigungsrecht: Art. 10 Abs. 2 lit. a URG), sowie das exklusive Recht, Exemplare des Werks anzubieten oder sonst wie zu verbreiten (sog. Verbreitungsrecht: Art. 10 Abs. 2 lit. b). Damit korrelieren auch die strafrechtlichen Vorschriften (Art. 67 URG), welche Freiheits- und Geldstrafen insbesondere für das vorsätzliche und unrechtmässige Herstellen oder Anbieten von Werkexemplaren vorsehen.
Im Bereich der P2P-Netzwerke ist zwischen dem Download und dem Upload zu unterscheiden. Der Download eines urheberrechtlich geschützten Werks stellt grundsätzlich eine Verletzung der Rechte des Urhebers und damit eine strafbare Handlung dar, weil dadurch eine identische Kopie der Datei und somit ein Werkexemplar hergestellt wird. Eine erste Ausnahme hierzu bildet der Download mit dem Einverständnis des Rechtsinhabers. Eine zweite Ausnahme besteht für Downloads von veröffentlichten Werken zum Privatgebrauch, d.h. zum Gebrauch im Kreis von zum Voraus bestimmten oder bestimmbaren engen Verwandten und Freunden. Der Download zum Privatgebrauch ist somit grundsätzlich zulässig, wobei vereinzelt bestritten wird, dass dies auch für Werkexemplare gilt, die rechtswidrig hergestellt wurden. Fest steht jedenfalls, dass die Ausnahmeregelung für den Privatgebrauch nicht auf Software anwendbar ist und ein Download ohne Einwilligung des Rechtsinhabers unzulässig ist.
Das Problematische an P2P-Netzwerken ist jedoch gerade, dass ein an sich wohl zulässiger Download in aller Regel nicht losgelöst von einem gleichzeitigen Upload der bereits geladeden Dateifragmente vollzogen werden kann. Ein Upload auch nur von Teilen eines urheberrechtlich geschützten Werkexemplars, die diesem eindeutig zugeordnet werden können, in einem P2P-Netzwerk ist rechtlich betrachtet ein Anbieten und damit eine strafbedrohte Handlung, weil sie ohne Zustimmung des Rechteinhabers erfolgt. Die Ausnahme des Privatgebrauchs kann hier nicht greifen, da die Dateien oder Dateifragmente einer unbestimmten Vielzahl von Usern angeboten werden und nicht zum Kreis der engen Verwandten und Freunden gezählt werden können.
Weitere Informationen:
- Schweizerisches Urheberrechtsgesetz
- BR-News: „Bundesgericht beurteilt Vorgehen von Logistep gegen «Internet-Piraten» als unzulässig“
- Schaffhauser Nachrichten: Ermittlungen gegen P2P-User und Interview mit Lukas Bühlmann
- File-Sharing-Urteil gegen eine Jugendliche in Locarno im Januar 2010
- Urteil in Sachen Napster
- Lukas Bühlmann im Experten-Live-Talk bei Radio Energy Zürich am 10.09.2010
Ansprechpartner: Lukas Bühlmann