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Mit Beschluss vom 9. Februar 2016 untersagte das LG Bochum (Beschl. V. 09.02.2016, I-14 O 21/16) per einstweiliger Verfügung einem Onlinehändler, seinen Online-Shop weiter zu betreiben. Grund für das Verbot war die fehlende Information über die Onlinestreitbeilegungs-Plattform (OS-Plattform). Bemängelt wurde insbesondere das Fehlen des entsprechenden Links. Am 31. März 2016 hat nun das Gericht seine einstweilige Verfügung bestätigt.
Hintergrund: Am 9. Januar 2016 ist die neue EU-Verordnung (Nr. 524/2013) über die OS-Plattform (Schlichtungsplattform zur aussergerichtlichen Streitbeilegung, ODR) in Kraft getreten (vgl.BR-News vom 28.12.2015). Seit diesem Datum besteht gemäss Verordnung für den Onlinehändler die Pflicht, Informationen zur Verfügung zu stellen sowie einen Link zur OS-Plattform zugänglich zu machen. Dabei gilt es zu beachten, dass die OS-Plattform zu diesem Zeitpunkt noch nicht online zugänglich war. Sie wurde erst am 15. Februar 2016 freigeschaltet.
Ausgangslage
Die Verfügungsklägerin verkauft, ebenso wie die Verfügungsbeklagte, Uhren über einen Online-Shop. Anfang 2016 war auf der Webseite der Beklagten weder ein Verweis noch ein Link zu der OS-Plattform zu finden. Am 25. Januar 2016 mahnte die Klägerin die Beklagte schriftlich ab und verlangte erfolglos die Abgabe einer strafbewehrten Unterwerfungserklärung.
Die Klägerin verwies auf die in Kraft getretene EU-Verordnung (ODR-Verordnung) über die Online-Streitbeilegung verbraucherrechtlicher Streitigkeiten und machte geltend, dass seit dem 9. Januar 2016 Onlinehändler die Pflicht haben, Informationen über die OS-Plattform sowie einen entsprechenden Link auf der Webseite zur Verfügung zu stellen.
Mit Beschluss (einstweilige Verfügung) des Landgerichts (LG) Bochum vom 9. Februar 2016 wurde dem Verfügungsbeklagten daraufhin antragsgemäss verboten, seine Ware online anzubieten, ohne den Konsumenten Informationen und den entsprechenden Link zur Plattform zur Verfügung zu stellen. Das Fehlen des Links und der Information führten dem Gericht zufolge zu einer spürbaren Beeinträchtigung der Verbraucher nach §3a UWG i.V.m. Art. 14 Abs. 1 der ODR-Verordnung Nr. 524/2013.
LG Bochum: Urteil vom 31.03.2016
Gegen die einstweilige Verfügung des LG Bochum legte die Beklagte Widerspruch ein. Sie machte geltend, dass die Plattform bis zum 15. Februar 2016 noch nicht online war. Aus diesem Grund konnte sie den Link zur Plattform gar nicht aufschalten. Ferner argumentierte die Beklagte, dass eine Streitbeilegung in Deutschland nicht stattfinde, da der deutsche Gesetzgeber die Frage noch nicht geregelt hatte und deswegen zu diesem Zeitpunkt noch keine Schlichtungsstelle existierte.
Das Gericht erachtete die Einwände der Beklagten als unerheblich. Die Informationspflicht der Onlinehändler und die Zurverfügungstellung des Links zu der Plattform waren zentral. Die Tatsache, dass die Plattform am 9. Januar 2016 noch nicht in Betrieb war, habe die Beklagte nicht von ihren Pflichten entbunden. Denn die Streitbeilegungsstelle werde erst relevant, wenn eine Streitigkeit entsteht und nicht bereits im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses. Am 9. Februar 2016 erliess das Gericht dementsprechend die einstweilige Verfügung – in Kenntnis der Tatsache, dass die OS-Plattform erst am 15. Februar 2016 in Betrieb sein würde. So hält das Gericht fest: „Denn selbst wenn heute in Deutschland noch keine Streitbeilegung stattfindet, so steht damit nicht fest, dass bei später entstehenden Streitigkeiten aufgrund bis heute abgeschlossener Verträge diese Plattform in Deutschland immer noch nicht zur Verfügung steht. Von daher muss diese Information jetzt erteilt werden, damit der Verbraucher sie in einem späteren Zeitpunkt nutzen kann. Denn eine Streitigkeit muss nicht kurzfristig nach Vertragsschluss entstehen, sie kann auch zu einem deutlich späteren Zeitpunkt zumindest innerhalb der Gewährleistungsfrist auftreten. Von daher ist das Fehlen der Information und des Links auch eine spürbare Beeinträchtigung des Verbrauchers im Sinne des § 3 UWG.“
Deutsche Schlichtungsstelle
Mit dem Verbraucherstreitbeilegungsgesetz wurde eine Rechtsgrundlage für die Schlichtungsstellen geschaffen. Das Gesetz ist in am 1. April 2016 in Kraft getreten. Seit diesem Zeitpunkt gibt es auch eine deutsche Schlichtungsstelle.
Reminder: Bedeutung für Schweizer Online-Händler (BR-News vom 28.12.2015):
Die Informationspflicht betrifft nur Schweizer Händler, die auch in der EU über eine Niederlassung verfügen. Eine Ausrichtung auf EU-Verbraucher durch einen aus der Schweiz betriebenen Onlineshop ist hingegen nicht ausreichend. Erfreulicherweise ist der neue Gesetzestext (Art. 14 VO) eindeutig und lässt keinen Raum für eine weitergehende Auslegung durch Gerichte einzelner Mitgliedstaaten.
Die neuen Regelungen können aber durchaus für Schweizer Hersteller relevant sein, die über eine Niederlassung in der EU verfügen, welche für EU-Kunden oder bestimmte EU-Länder selber einen Onlineshop betreibt.
Weitere Informationen
- LG Bochum Urteil vom 31.03.2016, 14 O 21/16
- LG Bochum Beschluss vom 09.2.2016, 14 O 21/16
- ODR-Verordnung Nr. 524/2013
- Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG)
- Verbraucherstreitbeilegungsgesetz
- ODR-Plattform
- BR-News vom 28.12.2016: EU: 9.1.2016 – Inkrafttreten neuer EU-Verordnung zur Online-Verbraucherschlichtung
- BR-News vom 11.02.2016: UPDATE: ODR und Verbraucherstreitbeilegungsgesetz 10.02.2016: – deutsches Gesetz vom Parlament angenommen
- BR-News vom 16.02.2016: UPDATE: Die ODR-Plattform ist seit dem 15.02.2016 online
Ansprechpartner: Michael Reinle