Verbot von Aktionswerbung für Spirituosen gilt auch für nur im Ausland erhältliche Angebote


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In der Schweiz ist Aktionswerbung für Spirituosen verboten. Das Bundesverwaltungsgericht hat vor kurzem entschieden, dass dieses Verbot auch für Anbieter im Ausland gilt, sofern sich diese an Kunden in der Schweiz richten. Demnach ist Aktionswerbung auch dann unzulässig, wenn das Angebot selbst nur im Ausland bezogen werden kann.

Hintergrund: Verbot von bestimmten Arten von Werbung

Der Vertrieb von gewissen alkoholischen Getränken wird in der Schweiz durch das Bundesgesetz über die gebrannten Wasser (Alkoholgesetz) geregelt. Wie sein Name bereits andeutet, sind dem Alkoholgesetz aber nur die sogenannten „gebrannten Wasser“ (Spirituosen) unterstellt. Nicht unter das Gesetz fallen hingegen Getränke, die ausschliesslich durch Vergärung gewonnen werden, wie beispielsweise Bier und Wein (Art. 2 Abs. 2 AlkG).

Das Alkoholgesetz enthält strenge Vorschriften zur Bewerbung der ihm unterstellten Getränke (vgl. Art. 42b AlkG). Insbesondere darf Werbung für Spirituosen in Wort, Bild und Ton nur Angaben und Darstellungen enthalten, die sich unmittelbar auf das Produkt und seine Eigenschaften beziehen. Folglich sind auch preisvergleichende Angaben oder das Versprechen von Zugaben oder anderen Vergünstigungen verboten. Ausserdem dürfen keine Wettbewerbe durchgeführt werden, bei denen Spirituosen als Werbeobjekt oder Preis dienen oder ihr Erwerb Teilnahmebedingung ist.

Aktionswerbung durch deutschen Detailhändler – Beanstandung durch EAV

Im Jahr 2008 warb ein deutsches Detailhandelsunternehmen mit diversen Prospekten für sein Angebot. Die Werbebroschüren wurden insbesondere an mehrere tausend Schweizer Haushalte nahe der deutschen Grenze verteilt.

In zwei dieser Prospekte waren Inserate zu finden, in denen zwei Flaschen Baileys bzw. eine Flasche Johnnie Walker Red Label Whisky und eine Flasche Bacardi Rum Superior abgebildet waren. Die Inserate enthielten die folgenden Texte:

  • „Baileys Original, Crème Caramel, Hazelnut oder Coffee 17/17/17/17 % Vol., jede 0,7-l-Flasche“ bzw. „Bacardi Rum Superior, Black, Gold, Oakheart, Mojito, Piña Colada oder Johnnie Walker Red Label 37,5/37,5/37,5/35/15/15/ 40 % Vol., jede 0,7-l-Flasche“
  • „2,50 € gespart! gegenüber dem Normalpreis“ bzw. „2,00 € gespart! gegenüber dem Normalpreis“
  • „9,99“.

Die Hinweise „2,50 € gespart!“ bzw. „2.00 € gespart“ waren jeweils in einem roten Balken optisch deutlich hervorgehoben.

In einem der Prospekte war ausserdem eine Anzeige mit dem Bild einer Flasche Jim Beam Bourbon Whiskey sowie einem weissen Kühlschrank mit grossem Jim-Beam-Logo auf der Türe zu finden. Dazu stand in roter Schrift sowie in Grossbuchstaben „JIM BEAM VERLOST SIEBEN ORIGINAL SMEG KÜHLSCHRÄNKE!“.

Die Eidgenössische Alkoholverwaltung (EAV) beanstandete die beschriebenen Inserate. Sie teilte dem Detailhändler schriftlich mit, die beiden Prospekte verstiessen gegen die Werbebestimmungen des Alkoholgesetzes. Nachdem im Rahmen eines Briefaustauschs keine Einigung erzielt werden konnte, verbot die EAV dem Detailhändler mittels Verfügung, in der Schweiz unzulässige Spirituosenwerbung zu verbreiten. Gegen diese Verfügung erhob der deutsche Detailhändler Beschwerde.

BVGer: Werbevorschriften gelten auch, wenn Angebot nur im Ausland erhältlich ist

Das dafür zuständige Bundesverwaltungsgericht musste deshalb beurteilen, ob die Inserate in den Werbeprospekten die massgebenden Werbevorschriften des Schweizer Alkoholgesetzes verletzt hatten. Laut Verfügung der EAV verstiessen die oben beschriebenen Inserate gegen die Werbebeschränkungen des Alkoholgesetzes. Die ersten beiden beschriebenen Inserate deshalb, weil sie unzulässige preisvergleichende Angaben enthielten (Art. 42b Abs. 2 AlkG). Im dritten Inserat hingegen diente ein Kühlschrank, auf welchem das Logo von Jim Beam angebracht war, als Werbeobjekt, was nach Art. 42b Abs. 4 AlkG ebenfalls unzulässig ist. Dass die Inserate gegen die Werbebeschränkungen verstossen, bestritt auch das Detailhandelsunternehmen nicht. Es stellte sich jedoch auf den Standpunkt, dass diese auf den vorliegenden Fall gar nicht anwendbar seien, weil das Gesetz Fälle, in denen ein Angebot ausschliesslich im Ausland bezogen werden könne, nicht erfasse. Das Gericht musste sich deshalb in erster Linie damit auseinandersetzen, ob diese Auffassung des Detailhandelsunternehmens korrekt ist.

Das Detailhandelsunternehmen bestritt die räumliche Anwendbarkeit des Alkoholgesetzes insbesondere deshalb, weil in seinen Inseraten alle Preisangaben in Euro gehalten waren, und der Kauf der beworbenen Produkte ausschliesslich in Deutschland möglich war. Ausserdem habe kein Warenversand stattgefunden. Die beanstandeten Werbeprospekte hätten Angebote betroffen, die in der Schweiz nicht erhältlich gewesen seien. Aus diesem Grund habe die Werbung den Verkauf von Spirituosen in der Schweiz nicht fördern können, weshalb die schweizerischen Werbevorschriften vorliegend nicht anwendbar seien.

Dem widersprach das Bundesverwaltungsgericht. Es stellte zunächst fest, dass das relevante Kriterium für die Anwendbarkeit der Werbebeschränkungen der „Ort der Auswirkungen“ der betroffenen Werbung ist. Da das Unternehmen seine Werbeprospekte nicht nur in Deutschland, sondern auch in mehrere tausend Haushalte im grenznahen Gebiet der Schweiz verteile, richte sich die Werbung an schweizerische Konsumenten und wirke sich auch in der Schweiz aus. Aus diesem Grund rechtfertige es sich vorliegend, das Schweizer Recht und damit auch die Werbebeschränkungen des Alkoholgesetzes anzuwenden.

Keine Rolle spiele es dabei, ob die Prospekte für die deutschen Kunden des Unternehmens und nicht für die Schweiz konzipiert worden seien. Wesentlich sei vielmehr, dass der Detailhändler seine Werbung direkt und gezielt an Schweizer Konsumenten gerichtet habe. Ob dies mit speziell für die Schweiz konzipierten und produzierten Broschüren erfolge oder dazu Prospekte verwendet werden, die sich in erster Linie an eine andere Kundengruppe wenden, mache keinen Unterschied. Ebenso sei nicht relevant, ob die Preise in Schweizer Franken oder in Euro angegeben würden.

Ebenfalls nicht von Belang ist gemäss Bundesverwaltungsgericht, ob die beworbenen Produkte in der Schweiz oder im Ausland gekauft werden können. Die Werbebeschränkungen würden den Schutz der öffentlichen Gesundheit bezwecken. Diese sei durch in der Schweiz beworbene und im Ausland gekaufte Produkte gleich gefährdet, wie wenn die Produkte in der Schweiz gekauft würden. Ob die beworbenen Produkte überhaupt auch gekauft werden oder nicht, sei letztlich aber ohnehin unerheblich. Durch den massgeblichen Gesetzesartikel solle allein die Werbung sanktioniert werden. Ob die Werbebotschaft den Verkauf im Einzelfall auch fördert, müsse nicht nachgewiesen werden. Die Werbebeschränkungen müssen nach Ansicht des Gerichts deshalb für sämtliche Werbemittel gelten, die sich gezielt an Schweizer Kunden richten.

Beschwerde abgewiesen und Werbeverbot bestätigt

Aus diesen Gründen waren das schweizerische Alkoholgesetz und damit auch dessen Werbebeschränkungen auch auf den vorliegenden Fall anwendbar. Ausgehend davon wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde vollumfänglich ab und bestätigte damit das Werbeverbot, welches die EAV ausgesprochen hatte.

Bedeutung des Urteils für den Online-Handel

Das Urteil enthält einige interessante Überlegungen zur Anwendbarkeit schweizerischer öffentlich-rechtlicher Vorschriften auf ausländische Anbieter. Für den Online-Handel ergibt sich aus dem Urteil aber nichts Neues. Denn schon vorher stand fest, dass Online-Händler mit Sitz im Ausland, die Schweizer Kunden beliefern bzw. ihren Shop auf Schweizer Kunden ausgerichtet haben, verpflichtet sind, das Schweizer Recht zu beachten (vgl. zum Thema Ausrichtung: BR-News vom 24.10.2012 und 15.12.2010). Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts bestätigt jedoch, dass auch für die öffentlich-rechtlichen Vorschriften des Alkoholgesetzes die Frage, wer mit einer Werbung angesprochen wird, darüber entscheidet, ob die Schweizer Regelungen einzuhalten sind oder nicht. Werden (auch) Schweizer Kunden angesprochen bzw. wird die Werbung gezielt auch an Schweizer Kunden gerichtet, ist folglich von der Anwendbarkeit der schweizerischen Vorschriften auszugehen.

Ferner nimmt das Urteil aber auch Offline-Shops in die Pflicht. Sofern (beispielsweise im Internet) für ein Offline-Angebot geworben wird und sich diese Werbung (auch) an Schweizer Kunden richtet, hat der Anbieter die Werbevorschriften des schweizerischen Alkoholgesetzes zu befolgen.

Verstösse dagegen können auch dann verwaltungs(straf)rechtliche Folgen haben, wenn das Angebot selbst nur im Ausland bezogen werden kann. Es drohen erhebliche Bussen. Das Alkoholgesetz beispielsweise sieht für die Missachtung der Werbevorschriften Bussen bis zu 10‘000 Franken vor.

Weitere Informationen:

Ansprechpartner: Lukas Bühlmann


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