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Die Eidgenössische Wettbewerbskommission (WEKO) hat am 24. Mai 2012 den Abschluss des Verfahrens gegen den deutschen Autohersteller BMW bekannt gegeben. Die Untersuchung hat gemäss WEKO aufgezeigt, dass die Vertriebsverträge von BMW mit den zugelassenen Händlern im EWR eine Exportverbotsklausel enthielten, welche den Verkauf von BMW Fahrzeugen und Original BMW Teilen an Abnehmer in der Schweiz untersagten. Eine entsprechende Klausel enthielten auch die Verträge mit den Händlern der Marke MINI. Diese Beschränkung von Direkt- und Parallelimporten wurde als unzulässige vertikale Abrede im Sinne von Art. 5 Abs. 4 des Schweizer Kartellgesetzes (KG) beurteilt und letztlich mit der für Vertriebssachverhalte bislang höchsten Busse in der Höhe von CHF 156 Mio. bestraft. BMW hat bereits angekündigt, den Entscheid beim Bundesverwaltungsgericht anzufechten.
Ausgangslage
Am 25. Oktober 2010 eröffnete die WEKO eine Untersuchung gegen BMW aufgrund des Verdachts auf vertragliche Exportverbote für BMW- und MINI – Fahrzeuge aus dem EWR (vgl. BR-News vom 29.10.2010). Neben verschiedenen Hinweisen von Konsumenten, welche erfolglos versucht haben sollen, ein BMW-Fahrzeug im Ausland zu kaufen, war offenbar auch eine Reportage der Sendung „Kassensturz“ vom 19. Oktober 2010 mitentscheidend für die Eröffnung der Untersuchung. Da es sich– abgesehen von sog. Vorabklärungen und Widerspruchsverfahren – um die erste Untersuchung der WEKO im Kfz-Vertrieb seit dem Entscheid in Sachen Citroën im Jahre 2002 (RPW 2002/3, S. 455 ff.) handelt, wurde der Abschluss des Verfahrens mit Spannung erwartet.
Ein interessanter Aspekt des Verfahrens ist auch der Umstand, dass das Sekretariat der WEKO bereits im Jahre 2005 in einem sog. Widerspruchsverfahren (vgl. Art. 49a Abs. 3 lit. a KG) eine Vereinbarung mit BMW abgeschlossen hatte, wonach es den in der Schweiz anerkannten Händlern insbesondere erlaubt sein müsse, sich ein neues Fahrzeug von irgendeinem anerkannten europäischen Händler der betreffenden Marke zu beschaffen.
Vor diesem Hintergrund und aufgrund der restriktiven Praxis der Schweizer und der EU-Wettbewerbsbehörden gegenüber Beschränkungen von Parallelimporten (vgl. für die Schweiz z.B. den Nikon-Entscheid und für die EU bspw. den «Nintendo»-Entscheid) erstaunt es, dass Vertriebsverträge von BMW gemäss WEKO ein ausdrückliches und uneingeschränktes Exportverbot enthalten haben sollen.
Entscheid der WEKO
In ihrem Entscheid, der noch nicht schriftlich vorliegt, gelangt die WEKO zum Schluss, dass zwischen BMW und den zugelassenen Händlern im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) eine vertikale Abrede im Sinne von Art. 5 Abs. 4 KG bestanden hat. Insbesondere weil BMW und MINI in allen relevanten Produktemärkten eine wichtige Marktstellung haben und hohe Preisunterschiede zum Ausland bestehen, führte die Abrede gemäss der WEKO zu einer erheblichen Einschränkung des Wettbewerbs, welche offenbar nicht durch Gründe der wirtschaftlichen Effizienz gerechtfertigt werden konnte. (vgl. Art. 5 Abs. 1 KG).
Vor diesem Hintergrund auferlegte die WEKO BMW eine „Busse“ in der Höhe von 156 Millionen Franken. Diese Sanktion wurde gestützt auf Art. 49a KG ausgesprochen und basiert auf dem in der Schweiz in den letzten drei Jahren erzielten Umsatz von BMW. Es handelt sich dabei um die höchste für Vertriebssachverhalte ausgesprochene Sanktion. Die bisherige „Rekordbusse“ für vertikale Abreden, CHF 12. 5 Mio. ,wurde im Dezember 2011 dem Kamerahersteller Nikon auferlegt (vgl. BR-News vom 4.4.2012).
Kampf gegen „Hochpreisinsel“ Schweiz und starken Franken
In ihrer Medienmitteilung erklärt die WEKO, dass die Konsumenten aufgrund des Exportverbots nicht durch Parallelimporte von der Aufwertung des Schweizer Frankens gegenüber dem EURO profitieren konnten. Es wird sodann betont, dass das Vorgehen gegen Beschränkungen von Parallelimporten und die Abschottung des Schweizer Marktes für die WEKO von zentraler Bedeutung sei.
Dieses strenge Vorgehen der WEKO wird auch durch die zahlreichen Verfahren bestätigt, welche in den letzten Jahren eröffnet bzw. abgeschlossen wurden. Hervorzuheben sind dabei insbesondere die Leitentscheide zum Online-Handel, zum Verfahren gegen Nikon und zum Vertrieb von Elemex-Produkten.
Ausblick
BMW hat – gleichermassen wie Nikon und der Elmex-Hersteller „Gaba“ – angekündigt, dass der Entscheid der WEKO beim Bundesverwaltungsgericht angefochten wird. In naher Zukunft wird sich somit auch die Beschwerdeinstanz zur Praxis der WEKO äussern. Man darf gespannt sein, ob das harte und nicht unumstrittene Vorgehen der WEKO, abgesegnet wird oder nicht.
Auch in Bezug auf die Zukunft der kartellrechtlichen Sondervorschriften für den Kfz-Vertrieb in der sog. Kfz-Bekanntmachung (vgl. dazu BR-News vom 30.7.2010) dürfte bald mehr Klarheit geschaffen werden. Ein Entscheid der WEKO über die Beibehaltung der bestehenden Regelung oder den Nachvollzug der EU- Vorschriften wird noch in diesem Jahr erwartet (vgl. BR-News vom 30.5.2012). Schliesslich wird das Schweizer Parlament in diesem Jahr auch mit der Beratung über die Revision des Kartellgesetzes beginnen. Es empfiehlt sich somit, die künftige Entwicklung weiter zu verfolgen.
Update:
BR-News vom 26. Juli 2012: WEKO veröffentlicht Verfügung zum Rekord-Bussgeld-Entscheid gegen BMW
Weitere Informationen:
- PowerPoint-Präsentation der WEKO zur Medienkonferenz i.S. BMW
- Schweizer Kartellgesetz (KG)
- Kfz-Bekanntmachung
- BR-News: „Tagungsbericht zum zehnten Atelier de la Concurrence über die kartellrechtlichen Vorschriften für den Kfz-Vertrieb“
- BR-News: „Michael Schüepp: Der Automobilvertrieb im europäischen und schweizerischen Kartellrecht“
- BR-News: „WEKO: Untersuchung gegen BMW aufgrund möglicher Exportverbote«
- BR-News: „WEKO hält vorläufig an der Kfz-Bekanntmachung fest«
- BR-News: „EU – Zukünftiger wettbewerbsrechtlicher Rahmen des Kfz-Vertriebs»
- BR-News: „Werbung einer unabhängigen Kfz-Werkstatt mit der Marke eines Kfz-Herstellers«
Ansprechpartner: Lukas Bühlmann & Michael Schüepp