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Nach dem Abschluss der Vernehmlassung hat die Eidgenössische Wettbewerbskommission (WEKO) nun die definitive Fassung der Vertikalbekanntmachung veröffentlicht. Gegenüber dem Vernehmlassungsentwurf wurden dabei einige umstrittene Punkte – insbesondere die Behandlung des Online-Vertriebs und der Preisempfehlungen -präzisiert, sodass der kartellrechtliche Rahmen des Vertriebs in der Schweiz künftig weitgehend demjenigen der EU entspricht.
Bereits mit der auslaufenden Vertikalbekanntmachung wurde eine möglichst grosse Übereinstimmung mit dem EU-Recht angestrebt. Jedoch bestanden diesbezüglich in gewissen Bereichen Unsicherheiten. Die WEKO hat nun in der definitiven Fassung der Vertikalbekanntmachung die angestrebte Angleichung nochmals verdeutlicht, insbesondere auch indem sie in den Erwägungsgründen neu ausdrücklich festhält, dass die Europäischen Regeln analog auch für die Schweiz gelten. Dennoch solle mit der Bekanntmachung auch den in der Schweiz herrschenden rechtlichen und wirtschaftlichen Bedingungen Rechnung getragen werden.
Einer der bis anhin umstrittensten Punkten, der auch in der Fassung des Vernehmlassungsentwurfs weiterhin kritisiert wurde, betrifft die Behandlung von Preisempfehlungen. Nach der definitiven Fassung sind Preisempfehlungen – wie in der EU – dann unzulässig, wenn sie sich infolge der Ausübung von Druck oder der Gewährung von Anreizen durch eines der beteiligten Unternehmen tatsächlich wie Fest- oder Mindestverkaufspreise auswirken und eines der Unternehmen über ein bestimmtes Mass an Marktmacht verfügt. Die Beurteilung bzw. Gewichtung dieser Faktoren ist einzelfallabhängig. In der auslaufenden Vertikalbekanntmachung (Ziff. 11 (2)) und dem Vernehmlassungsentwurf (Erwägungsgrund n) wurden Umstände aufgeführt (z.B. das Fehlen einer ausdrücklichen Erklärung, dass die Preisempfehlung unverbindlich sei; oder ein deutlich höheres Preisniveau als in Nachbarländern beim entsprechenden Produkt), welche als Indizien für die Unzulässigkeit, d.h. für die volkswirtschaftliche Schädlichkeit von Preisempfehlungen herangezogen wurden. Künftig sollen diese Umstände lediglich Anlass geben, um eine Preisempfehlung «aufzugreifen» bzw. eine Untersuchung einzuleiten.
Am Vernehmlassungsentwurf wurde ferner kritisiert, dass die Formulierung den Eindruck erwecke, Werbe -oder Verkaufsförderungsmassnahmen im Internet seien stets als passive Verkaufsbemühungen zu betrachten, sodass ein vertragliches Verbot solcher Massnahmen in jedem Falle unzulässig wäre. Die WEKO hält nun in der endgültigen Fassung ausdrücklich fest, dass Internetverkäufe als passive Verkäufe gelten, ausser wenn sich Verkaufsbemühungen gezielt an Kunden ausserhalb des zugewiesenen Gebiets richten (Ziff. 3). Dies dürfte vor dem Hintergrund der immer zuverlässigeren technischen Möglichkeiten der Ausrichtung von Online-Werbung in Zukunft von einiger Relevanz sein. Es bleibt abzuwarten, wieweit ein Hersteller seinen lokalen Vertriebspartnern gezielt den Einsatz bestimmter SEO- oder SEM-Massnahmen zur Bewerbung ihrer Online-Vertriebskanäle wird untersagen können.
Auch in Bezug auf den Selektivvertrieb hat die WEKO schliesslich eine geringfügige Präzisierung gegenüber dem Vernehmlassungsentwurf vorgenommen. Neu ist klar festgehalten, dass Hersteller bzw. Importeure die Selektionskriterien allen potenziellen Wiederverkäufern zur Verfügung stellen müssen (Ziff. 14 ii).
Die Bekanntmachung tritt am 1. August 2010 in Kraft. Sie enthält jedoch eine Übergangsrfrist, wonach die neue Regelung erst ab dem 31. Juli 2011 auf alle Vereinbarungen anwendbar ist.
Weitere Infos zum Thema:
- BR-News: «WEKO: Revision der CH-Vertikalbekanntmachung»
- BR-News: «EU – Neue Wettbewerbsregeln für vertikale Vereinbarungen»
- Vertikalbekanntmachung (definitive Fassung)
- Vertikalbekanntmachung (alte Fassung)
- Vertikal-GVO (EU-Recht)
- BR-News: «Revision des Schweizer Kartellgesetzes in der Vernehmlassung»
- BR-News: «Beschwerde gegen Weko-Busse – Pharmafirmen»
- Tagungsbericht zum 5eme Atelier de la Concurrence
Ansprechpartner: Lukas Bühlmann & Michael Schüepp