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Obwohl keine gesetzliche Pflicht besteht, räumen mittlerweile viele schweizerische Onlinehändler ihren Kunden ein Widerrufs- oder Rückgaberecht ein. Die Begriffe Widerrufsrecht und Rückgaberecht werden dabei von vielen Händlern synonym verwendet, nicht zuletzt wohl auch deshalb, weil die Ausübung beider Rechte zur Rücksendung der Ware und zur Rückerstattung des Kaufpreises führt. Sie unterscheiden sich aber in ihrer Ausgestaltung. Die wesentlichen Unterschiede, Gemeinsamkeiten und Vor- und Nachteile der beiden Rechte werden nachfolgend dargestellt.
Hintergrund: Kein gesetzliches Widerrufsrecht im Onlinehandel
Anders als in der EU sind Onlinehändler in der Schweiz nicht verpflichtet, ihren Kunden ein Widerrufs- oder Rückgaberecht einzuräumen. Auch in der Schweiz ist es inzwischen aber üblich, den Kunden ein Rückgabe- oder Widerrufsrecht einzuräumen, nicht zuletzt auch aufgrund der Empfehlungen, die in den Trusted Shops Qualitätskriterien, im Ehrenkodex des Versandhandelsverbandes (VSV) und in den Grundsätzen der Schweizerischen Lauterkeitskommission zu finden sind.
Trotz dieser funktionierenden Selbstregulierung der Branche hat der Gesetzgeber die Absicht bekanntgegeben, in naher Zukunft ein zwingendes gesetzliches Widerrufsrecht für den Onlinehandel einzuführen (vgl. BR-News vom 16.09.2012). Es wird aber wohl noch eine Weile dauern, bis ein solches Gesetz verabschiedet wird (vgl. BR-News vom 07.05.2013).
Vorteile für beide Seiten
Von einem Rückgabe- oder Widerrufsrecht können sowohl die Konsumenten als auch die Onlinehändler selbst profitieren, denn die Rechte führen zu einem grösseren Kundenvertrauen in das Geschäftsmodell Onlinehandel. Da sich die Konsumenten nicht nur auf die Angaben im Online-Shop verlassen müssen, sondern sich die Produkte ohne Risiko zuhause anschauen können, werden sie eher bereit sein, eine Online-Bestellung vorzunehmen. Andererseits darf aber nicht vergessen werden, dass ein Widerrufs- oder Rückgaberecht für den Onlinehändler logistische Kosten und zeitlichen Koordinationsaufwand generiert. Widerrufs- bzw. Rückgaberecht sind damit für die Shopbetreiber Fluch und Segen zugleich.
Zwei Ausgestaltungsmöglichkeiten
Je nach Art des Onlineshops bestehen unterschiedliche Bedürfnisse. Der Ausgestaltung des Rechts sollte deshalb grosse Beachtung geschenkt werden. Grundsätzlich bestehen dabei zwei Möglichkeiten: Ein Rückgaberecht oder ein Widerrufsrecht. Die beiden Begriffe werden oft synonym verwendet, sie sind aber keinesfalls identisch. Nachfolgend wird kurz erläutert, wie sich die beiden Rechte unterscheiden und welche Vor- und Nachteile sie haben.
Für beide Varianten gilt, dass keine (zwingenden) inhaltlichen Vorgaben bestehen. Die Voraussetzungen zur Ausübung und die Modalitäten der jeweiligen Rechte können somit vom Onlinehändler grundsätzlich frei festgelegt werden. Zu beachten sind aber allenfalls die oben genannten Branchenvorschriften der Lauterkeitskommission und des VSV.
Rückgaberecht: Vorteile und Nachteile
Das Rückgaberecht berechtigt den Kunden, eine gekaufte Sache innerhalb einer Frist an den Käufer zurückzusenden. Sobald der Verkäufer die Ware erhalten hat, ist der Käufer grundsätzlich von seinen Pflichten aus dem Kaufvertrag befreit. Die Parteien sind danach aber verpflichtet, bereits empfangene Leistungen zurückzuerstatten. Sofern der Kunde bereits bezahlt hat, ist der Shopbetreiber verpflichtet,den Kaufpreis zurückzuerstatten.
Das Rückgaberecht bietet insbesondere den Vorteil, dass ein Onlinehändler sicherstellen kann, dass er seine Ware zurückbekommt, bevor er den Kaufpreis zurückerstatten muss. Mit anderen Worten hat der Kunde erst dann einen Anspruch auf Rückerstattung, wenn die Ware beim Händler eingetroffen ist. Ein Rückgaberecht bietet deshalb eine zusätzliche Sicherheit für den Händler.
Nachteile hat das Rückgaberecht aber beispielsweise bei Waren, deren Wert gering ist. In gewissen Fällen dürften die Kosten für die Rücksendung den Wert der Waren übersteigen, weshalb sich die Rücksendung nicht lohnt. Da unter Umständen der Verkäufer die Rücksendekosten übernehmen muss und er über die Rückgabe erst mit Eintreffen der Ware informiert wird, kann er in solchen Fällen den Kunden nicht bereits vorgängig kontaktieren und auf die Rücksendung verzichten.
Widerrufsrecht: Vorteile und Nachteile
Das Widerrufsrecht hingegen berechtigt den Kunden, innert einer bestimmten Frist durch eine (in der Regel schriftliche) Mitteilung an den Shopbetreiber die Rückabwicklung des Kaufvertrags zu verlangen. Sobald die Widerrufserklärung beim Onlinehändler eintrifft, ist der Verkäufer verpflichtet, dem Kunden den Kaufpreis zurückzuerstatten. Der Kunde muss seinerseits die bereits erhaltene Ware zurücksenden muss.
Die Einräumung eines Widerrufsrechts bietet insbesondere den Vorteil, dass der Verkäufer in der Regel bereits vor Rücksendung der Ware weiss, dass der Kaufvertrag aufgehoben wird und so die Rücksendung selbst organisieren oder mit dem Kunden koordinieren kann. Dies ist besonders bei Waren von Vorteil, deren Transport besonders sensibel ist.
Das Widerrufsrecht bietet aber auch Nachteile. Denn obwohl der Kunde verpflichtet ist, die Ware zurückzuschicken, zeigen Erfahrungen aus der Praxis, dass dies von den Kunden teilweise vergessen oder absichtlich unterlassen wird. Es ist deshalb denkbar, dass der Händler den Kaufpreis zurückerstattet, die Ware aber nicht erhält. Daraus entstehen zusätzliche Kosten. Wenn die gelieferte Ware bereits bezahlt ist, kann der Onlinehändler grundsätzlich mit der Rückerstattung des Kaufpreises warten, bis die Waren bei ihm eintreffen. Hat der Kunde noch nicht bezahlt, muss er den Kaufpreis auf dem Rechtsweg geltend machen, wenn der Kunde widerruft, die Ware aber nicht zurücksendet. Das Widerrufsrecht ist deshalb hauptsächlich für Unternehmen empfehlenswert, die gegen Vorauszahlung oder Kreditkartenzahlung liefern.
Gemeinsamkeiten bei der Ausgestaltung
Unabhängig von der gewählten Variante ist immer zu beachten, dass gewisse Waren nicht zur Rückgabe geeignet sind. Da das Widerrufs- oder Rückgaberecht frei ausgestaltet werden kann, sind die Shopbetreiber auch frei, Ausnahmen festzulegen. Diese müssen den Kunden aber deutlich kommuniziert werden. Eine Ausnahme kommt insbesondere in Betracht bei
- Waren, die nach Kundenspezifikation angefertigt werden,
- Waren, die schnell verderben,
- Daten, die aus dem Internet heruntergeladen werden (z.B. Musikdownloads oder Software),
- Zeitungen und Zeitschriften sowie
- Veranstaltungstickets.
Die Entscheidung für die Gewährung und die Ausgestaltung eines Rückgabe- oder Widerrufsrechts soll also wohlüberlegt sein. Bei der Entscheidung für eines der beiden Rechte und deren konkrete Ausgestaltung (z.B. Fristen und andere Modalitäten) sind diverse weitere produkt- und shopspezifische Bedürfnisse zu beachten. Gerne beraten wir Sie bei der Ausgestaltung Ihres Widerrufs- oder Rückgaberechts.
Weitere BR-Newsbeiträge zum Thema:
- Zwingendes gesetzliches Widerrufsrecht im E-Commerce – Revisionsentwurf in Vernehmlassung geschickt
- Update: Ständeratskommission will am Widerrufsrecht für den Onlinehandel festhalten
- DE-Widerrufsrecht: Änderung der Regelung zu Wertersatz und neue Muster-Widerrufsbelehrung
Ansprechpartner: Lukas Bühlmann